Lumia 950 mit Continuum im Test: Dieser Hosentaschen-PC braucht mehr Universal Apps

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Nicolas La Rocco
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Windows Hello

Im Lumia 950 stecken gleich vier Kameras: Eine für Fotos und Videos auf der Rückseite, eine für Selfies auf der Vorderseite sowie eine weitere auf der Vorderseite, die in Kombination mit der Infrarot-Kamera für die biometrische Authentifizierung per Iris-Scan für Windows Hello verantwortlich ist. Hello ist auf dem Lumia 950 als Beta-Version in das Betriebssystem integriert und kann über die Anmeldeoptionen von Windows 10 Mobile aktiviert werden. Voraussetzung dafür ist das Hinterlegen einer PIN im System, Hello kann wie auf dem Surface Pro 4 ohne Fallback also nicht genutzt werden.

Einrichtung von Windows Hello
Einrichtung von Windows Hello

Ganz so schnell und vor allem aus so weiter Entfernung wie beim Surface Pro 4 funktioniert Hello auf dem Lumia 950 allerdings nicht, es ist im Alltag auch nicht so praktisch wie ein schnell arbeitender Fingerabdrucksensor. Zu nennen sind hier unter anderem die Sensoren im iPhone 6s, Nexus 5X und 6P oder dem Galaxy S6. Immerhin ist Windows Hello auf dem Lumia 950 nicht langsamer als die Eingabe einer PIN.

Windows Hello arbeitet die meiste Zeit über zuverlässig und erkennt den Nutzer korrekt, vor allem dann, wenn die Augen und ein Teil des Gesichts mehrfach im System hinterlegt werden. Diese Möglichkeit besteht jederzeit über die Einstellungen. Damit Hello gut funktioniert, muss das Smartphone rund 30 Zentimeter vor das Gesicht gehalten werden, die Erkennung ist meistens in einer bis zwei Sekunden abgeschlossen.

Windows Hello sucht nach mehr als nur Augen

Während der Einrichtung weist Hello darauf hin, dass Brillen für den Vorgang abgenommen werden sollten. Für die Authentifizierung kann diese dann aber wieder problemlos getragen werden. Obwohl Hello auf dem Lumia 950 als Iris-Scanner von Microsoft bezeichnet wird, scheint gleichzeitig noch eine teilweise Gesichtserkennung stattzufinden. Bei einem vor das Gesicht gehaltenen Pappkarton mit einem Sehschlitz für die Augen funktioniert die Erkennung nicht. Hello scheint deshalb auch den Bereich um die Augen nach bekannten Mustern zu identifizieren. Erst mit entferntem Pappkarton funktioniert die Erkennung wieder korrekt. Mit Dunkelheit hat das System keine Probleme, auch in einem vollständig abgedunkelten Raum funktioniert Hello selbst dann, wenn das Display abgedeckt wird und nicht mehr das Gesicht anleuchten kann.

Windows Hello auf dem Sperrbildschirm
Windows Hello auf dem Sperrbildschirm

Die technische Implementierung ist deshalb gut gelungen, nur der benötigte Mindestabstand zum Nutzer fällt negativ auf. Im Alltag muss man sich das Smartphone skurril nah vor das Gesicht halten. Auf dem Surface Pro 4 darf der Abstand deutlich größer ausfallen. Hier langt es, sich vor das auf dem Schreibtisch stehende Gerät zu setzen und der PC ist kurz darauf einsatzbereit.

Kamera

Als Hauptkamera nutzt das Lumia einen 20-Megapixel-Sensor mit einer Größe von 1/2,4 Zoll. Auf der Website von Microsoft spricht das Unternehmen von einem „echten 16:9-Sensor“. Ob das stimmt, kann angezweifelt werden, weil bei Fotos im Format 16:9 eine ungewöhnlich niedrige Auflösung genutzt wird. Grundsätzlich schießt das Lumia Bilder entweder in 16:9 (Standard) als JPEG mit 16 Megapixel oder als JPEG mit 8 Megapixel sowie als zweite Alternative eine Kombination aus JPEG mit 8 Megapixel und dem Rohdatenformat DNG mit 16 Megapixel. Zur Auswahl steht aber auch ein 4:3-Modus mit JPEG bei 19 Megapixel, JPEG bei 8 Megapixel sowie erneut die Kombination aus JPEG und DNG, diesmal aber entsprechend mit 8 und 19 Megapixel.

Fotos in 16:9 haben die Auflösung 5.296 × 2.976, während Fotos in 4:3 bei 4.992 × 3.744 Bildpunkten liegen. Das 16:9-Format bietet somit etwas mehr Bildinformationen in der Breite, das 4:3-Format aber deutlich mehr Bildinformationen in der Höhe. Das ist auch sofort ersichtlich, wenn in der Kamera-App in der Live-Ansicht zwischen 16:9 und 4:3 gewechselt wird. Der 16:9-Format erscheint darin wie eine zugeschnittene, kleinere Auswahl der 4:3-Ansicht. Dieses Verhalten sollte bei einem echten 16:9-Sensor eigentlich nicht vorkommen, stattdessen sollte der 4:3-Ausschnitt weniger Bildinformationen bieten, so wie Samsungs Galaxy S6. Microsoft wurde von ComputerBase mit Bitte um Aufklärung auf diesen Umstand hingewiesen, zu einer Antwort ist es aber bis heute nicht gekommen. Nutzer des Lumia 950 sollten beim Fotografieren in jedem Fall in das Format 4:3 wechseln, damit der Ausschnitt größer ist.

Kameravergleich
Microsoft Lumia 950 Apple iPhone 6s Plus
Hauptkamera Auflösung 20,0 MP 12,0 MP
Sensorgröße 1/2,4" 1/3"
Sensorformat 16:9* 4:3
Blendenzahl f/1,9 f/2,2
OIS
Blitz Triple-LED, RGB Dual-LED, Dual-Tone
Video 2160p/30 FPS
2160p/25 FPS
2160p/24 FPS
1080p/60 FPS
1080p/30 FPS
1080p/25 FPS
1080p/24 FPS
720p/60 FPS
720p/30 FPS
720p/25 FPS
720p/24 FPS
2160p/30 FPS
1080p/60 FPS
1080p/30 FPS
720p/30 FPS
Zeitlupe 120 FPS/720p 240 FPS/720p
120 FPS/1080p
Frontkamera Auflösung 5,0 MP
Blitz × Display
Video 1242p/30 FPS
1242p/24 FPS
1080p/30 FPS
1080p/24 FPS
720p/30 FPS
720p/30 FPS
*Nicht abschließend geklärt, Bilder in 4:3 haben eine höhere Auflösung.

Die Bildqualität der Hauptkamera des Lumia 950 liegt auf allgemein hohem Niveau – das gilt allerdings etwas mehr für Aufnahmen bei Tageslicht als solche bei Nacht. In schlecht beleuchteten Räumen liegt das Smartphone allerdings wieder deutlich vor dem iPhone 6s Plus, das als Vergleichsgerät für den Test herangezogen wurde.

Kamera-App
Kamera-App

Bei den Tageslichtaufnahmen (Bilder 31 bis 54) punktet das Lumia 950 mit einer hohen Schärfe über das gesamte Bild und einer dank der Auflösung von 19 Megapixel guten Detaildarstellung. Der automatische Weißabgleich gelingt dem Smartphone in vielen Fällen besser als dem iPhone 6s Plus, das ist zum Beispiel an den Aufnahmen 53 und 54 sowie 43 und 44 erkennbar. Dass das Lumia 950 allerdings nicht immer richtig liegt, zeigen die Bilder 45 und 46, wo das iPhone 6s Plus den Weißpunkt besser trifft.

Das Lumia 950 bietet die kräftigeren Farben, das ist bei Pflanzen und Grünflächen erkennbar. Das sieht auf Fotos gut aus, entspricht aber nicht immer der Realität. Auch dafür sind die Bilder 43 und 44 gute Beispiele. So strahlend grün wie auf dem Bild des Lumia 950 war die Wiese nicht, tatsächlich entspricht sie mehr dem herbstlichen Look des iPhone 6s Plus. Das Lumia 950 hellt Fotos etwas stärker auf als das iPhone 6s Plus. Das sorgt dafür, dass in besonders dunklen Bildbereichen, zum Beispiel auf den Fotos 37 und 38 sowie 39 und 40, mehr Details in den Winkeln der Figur erkennbar sind.

Microsoft Lumia 950 im Test – Kamera

Sowohl das Lumia 950 als auch das iPhone 6s verfügen über optische Bildstabilisatoren. Das kann vor allem bei Nachtaufnahmen von Vorteil sein. Apple weiß das Feature allerdings besser zu nutzen als Microsoft. Apple nutzt auch bei Nachtaufnahmen niedrige ISO-Werte und stattdessen längere Belichtungszeiten, während Microsoft genau andersherum vorgeht. Trotz des optischen Bildstabilisators will das Lumia 950 die Szene möglichst kurz belichten und vertraut stattdessen auf eine höhere Empfindlichkeit, obwohl das mit OIS nicht nötig wäre. Die allgemeine Szenenabbildung des Lumia 950 ist erneut gut, in puncto Schärfe und Bildrauschen kann Microsoft aber nicht mit Apple mithalten, das zeigen insbesondere die Aufnahmen 7 und 8. Das Lumia 950 kann dafür bei Nacht mehr Stimmung einfangen, während das iPhone 6s die Szene etwas nüchtern und tendenziell etwas zu dunkel abbildet. Der bei Tageslicht schnelle Autofokus von Microsoft hat bei Nacht stellenweise Probleme (Bilder 9, 10, 15, 16, 27, 28, 29, 30), außerdem kommt es häufiger zu Farbverfälschungen (Bilder 5, 6, 25, 26).

Microsoft Lumia 950 im Test – Kamera-Bildvergleich

Bei gemütlich beleuchteten Innenräumen – bisher eine Stärke von Apple – schneidet das Lumia 950 sichtbar besser als das iPhone 6s Plus ab. Bestes Beispiel dafür sind die Aufnahmen 57 und 58 beziehungsweise Bild 5 in der Detailansicht. Das Lumia 950 vollzieht einen eklatant besseren Weißabgleich, rauscht weniger und ist viel schärfer. Während das iPhone 6s kaum erkennbaren Schriftmatsch abliefert, kann beim Lumia 950 fast problemfrei das Prospekt gelesen werden. Selbst bei nur noch einer sehr schwachen Lichtquelle am anderen Ende des Raumes (Bilder 59 und 60) schneidet das Lumia 950 mit seiner f/1.9-Blende noch besser ab, wenngleich auch beim Lumia die Bildqualität bereits sichtbar nachgelassen hat. Der Fokus versagt in dieser Szene auch beim Lumia 950, die Aufnahme des iPhone 6s ist aber nochmals deutlich schlechter.