AMD Polaris: Raja Koduri spricht über neue GPUs und große Ziele
In einem Interview verriet Raja Koduri, der Leiter von AMDs Radeon Technologies Group, einige Details zur kommenden Polaris-Generation und zu den Plänen und Herausforderungen mit Virtual Reality. In diesem Jahr soll es zwei Polaris-Grafikchips (GPU) geben. Die Markteinführung ist weiterhin für die Jahresmitte geplant.
Im Gespräch mit Venture Beat stellte Koduri erneut heraus, dass bei Polaris vor allem die Effizienz im Fokus steht. Ein Spielerlebnis auf dem Niveau von Spielkonsolen sollte auch auf dünnen Notebooks möglich sein – dieses Ziel will AMD mit der Polaris-Generation erreicht haben.
Polaris 10 und Polaris 11 machen Mitte 2016 den Anfang
Koduri spricht von zwei Versionen der im neuen FinFET-Verfahren hergestellten GPUs und benennt diese als Polaris 10 und Polaris 11. Beide sollen „außerordentlich energieeffizient“ arbeiten und zugleich den bisher „revolutionärsten Leistungssprung“ auf dem „high level“ mit sich bringen. Die vierte Generation der Architektur Graphics Core Next (GCN) wird unter anderem Überarbeitungen bei Rechenkernen und Hauptprozessor sowie einen neuen Geometrie-Prozessor, neue Multimedia Cores und eine neue Display-Engine mit sich bringen, so viel ist schon bekannt.
Zudem werden mit HDMI 2.0a und DisplayPort 1.3 die aktuellen Videoschnittstellen unterstützt. Die Multimedia-Einheit kann mit dem H.265-Codec umgehen und soll laut Koduri unter anderem dafür sorgen, dass das Streamen von Spielen keinen spürbaren Einfluss auf die Leistung hat.
Den Punkt Effizienz hatte AMD mit einem Demo-System zuvor werbewirksam veranschaulicht, indem sich ein System mit Polaris-Muster bei gleichen Bedingungen weitaus sparsamer als ein System mit Nvidia GeForce GTX 950 gezeigt hatte. Ohne alle Details zu kennen, ließ das Resultat aber noch keine konkreten Schlüsse zu. Bei dem System soll es sich um die kleinere der beiden Polaris-GPUs gehandelt haben.
In puncto Produktverfügbarkeit sieht sich AMD gegenüber dem Konkurrenten Nvidia im Vorteil. Vor allem für den Notebook- und Mainstream-Markt könne man schon in wenigen Monaten Produkte auf Basis der neuen FinFET-Fertigung liefern. Die von Koduri nicht namentlich angesprochene Konkurrenz habe hingegen bisher nur von „chips for cars and stuff“ gesprochen, womit der Radeon-Chef mit Sicherheit die jüngste Vorstellung des Auto-Computers Drive PX 2 von Nvidia anspricht. Auf einem Modul vereint die Recheneinheit Tegra-SoCs und Pascal-GPUs. Im Nachhinein stellte sich allerdings heraus, dass das gezeigte Vorführmodell noch mit Maxwell-GPUs bestückt war. Erst Pascal wird der echte Gegenspieler von Polaris.
Die Reise durchs All wird fortgesetzt
Der Chef-Architekt von AMDs GPU-Sparte verriet zudem, dass das neue Namensschema für die Architekturen fortgeführt wird. Polaris sei erst „der Anfang unserer Reise durchs All“, auch kommende Generationen sollen nach Sternen, Sternensystemen oder Galaxien benannt werden.
Im kommenden Jahr müsse man eine, von der diesjährigen Polaris-Generation ausgehend, nochmals um 20 Prozent höhere Leistung anpeilen – bei gleichbleibenden Kosten und Energiebedarf.
Zukunftsmusik: VR und GPUOpen
Bis zu einer Bildqualität, die einem Blick in den Spiegel gleicht, ist es noch ein weiter Weg. Während bei Computergrafik ein Realismus in Filmqualität noch lange nicht in Echtzeit berechnet werden kann, ist dies ein langfristiges Ziel. Zusammen mit der Software-Branche soll dieses Ziel erreicht werden.
Virtual Reality (VR) steht noch am Anfang, Koduri beschreibt, wohin der Weg geht. Für wirklich realistische Erfahrungen werden erst noch weitaus höhere Auflösungen als Ultra HD (4K) sorgen. Koduri spricht bereits von „16K mal 16K“ Pixeln, die zudem mit einer Bildwiederholrate von 120 Hertz oder sogar 240 Hertz dargestellt werden sollen. Dafür wird eine Leistung benötigt, die man nicht erreichen könne, wenn man „sich nur auf Moore's Law verlässt“. Zudem soll VR auch noch mobil sein: „Wir brauchen diese Leistung bei fünf Watt“, unterstreicht Koduri den Umfang der Langzeitaufgabe.
„Software ist der Schlüssel“ Raja Koduri, AMD
Da man mit Verbesserungen an der Hardware allein diesem Ziel zumindest nicht in großen Schritten näher kommen wird, soll das Zusammenspiel mit der Software verbessert werden. Hierfür hatte AMD das Projekt GPUOpen ins Leben gerufen. Ziel ist es, dass Entwickler direkten Zugriff auf das volle Potenzial der Grafikchips erhalten, damit diese Anwendungen erschaffen, die dieses voll nutzen können. Dabei dient der Vergleich zwischen Spielkonsolen und Desktop-PCs als gerne angeführtes Beispiel. Ein aktueller Desktop-Rechner der gehobenen Klasse besitzt eine um ein vielfaches leistungsstärkere Hardware als die derzeitige Konsolengeneration, liefert aber keine in gleichem Maße bessere Darstellungsqualität – für das gleiche Spielerlebnis muss ein PC mehr leisten als eine Konsole. Der Grund dafür liegt in der Software, die bei Spielkonsolen viel besser auf die Hardware abgestimmt ist.
Mit Open-Source-Software soll die Situation auch auf dem Weg zu VR in hoher Qualität verbessert werden. AMD stellt Entwicklern Werkzeuge, SDKs und Software-Bibliotheken zur Verfügung. Die Konkurrenz, auch hier spricht Koduri Nvidia nicht direkt an, verfolge hingegen die Strategie der proprietären Software mit wenig Zugriff.
Auf Seiten der Software habe sich in der jüngsten Vergangenheit nur wenig getan, um die Computergrafik zu verbessern. Koduri nennt die Einführung der Shader im Jahr 2002 als letzten großen Schritt in diesem Bereich. Zuletzt sei die Technik auf viele Plattformen jenseits des PCs ausgeweitet worden, doch auf dem PC habe man „nur noch die Auflösung höher und höher geschraubt“. Die diesjährige Game Developers Conference (GDC) bezeichnet Koduri als Schlüssel-Event, auf dem es mehr über GPUOpen und die Kooperation mit Partnern zu erfahren gibt. Die Veranstaltung findet Mitte März statt. Es ist gut möglich, dass AMD dort auch Details zur Polaris-Hardware preisgeben wird.
AMD legt Fokus wieder auf diskrete Grafiklösungen
Bezüglich der Ausrichtung der Radeon Technologies Group erläuterte Koduri, dass AMD in den vergangenen Jahren den Fokus mehr auf andere Dinge statt diskrete Grafiklösungen gelegt hat. In den kommenden Jahren soll sich dies ändern und Grafikkarten wieder in den Fokus rücken. Ein erster Schritt ist Polaris. Die neuen GPUs sollen auch in Workstations zum Einsatz kommen, die AMD mit der Marke FirePro bedient. Diesen Markt will AMD künftig aggressiver in Angriff nehmen.