Vorratsdatenspeicherung: Union will mehr Überwachung nach Übergriffen in Köln
Nach den Übergriffen von Köln in der Silvesternacht lautet die Losung der Unionsparteien: Verschärfte Überwachungsgesetze. So lautet etwa die jüngste Forderung des bayerischen Justizministers Winfried Bausback (CSU), dass die Vorratsdatenspeicherung künftig auch soziale Medien umfassen soll.
Konkret erklärte Bausback gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass „wir uns mit digitaler Spurensicherung in Hinblick auf Textkommunikation nochmal intensiv auseinandersetzen“. Es sollen also nicht mehr nur die Verbindungsdaten von Providern gespeichert werden, so wie es im aktuellen Gesetz vorgesehen ist. Ebenso sollen die Behörden auch auf die entsprechenden Daten von sozialen Medien wie etwa WhatsApp zugreifen können. Laut Bausback würden solche Überwachungsmaßnahmen die Ermittlungen bei Straftaten wie in Köln erleichtern.
Dass so ein Vorstoß von einem Vertreter der bayerischen Landesregierung kommt, ist derweil nicht verwunderlich. Bereits im Dezember hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verkündet, dass nicht nur die bayerischen Polizeibehörden, sondern auch das Landesamt für Verfassungsschutz die Möglichkeit erhalten soll, die im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung angesammelten Datenbestände auszuwerten.
Dabei war der Verfassungsschutz als Inlandsgeheimdienst eigentlich nicht in den Regelungen vorgesehen, die Justizminister Heiko Maas (SPD) im April 2015 vorgestellt hatte. Dieser Punkt galt als einer der Kompromisse, die er mit den Unionsparteien ausgehandelt hatte.
Wie lange dieser Kompromiss aber noch Bestand hat, bleibt abzuwarten. Denn die CDU ist mittlerweile nachgezogen. Anlässlich der Klausurtagung am 8. und 9. Januar hat sich die Partei auf die Mainzer Erklärung (PDF-Datei) verständigt, in der es heißt: „Künftig sollen [die Vorratsdaten] auch Verfassungsschutzbehörden nutzen können.“ Darüber hinaus fordert die Union auch noch, dass Polizei und Geheimdienste künftig auch noch die Möglichkeit erhalten sollen, verschlüsselte Kommunikation per Staatstrojaner zu überwachen.
Büchse der Pandora
Mit diesen Forderungen bestätigt sich, was Bürgerrechtler und Netzaktivisten bereits bei der Vorstellung der neuen Vorratsdatenspeicherung befürchtet haben: Wenn das Gesetz erst einmal in Kraft ist, werden die rechtlichen Einschränkungen bei der Datensammlung sukzessive abgebaut. Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, schreibt etwa in einer Kolumne für die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Die Stimmung nach den Übergriffen von Köln und den Anschlägen von Paris wird schlicht missbraucht für eine Durchsetzung neuer Überwachungsmaßnahmen.“
Bezeichnend sei es allerdings, dass die neuen Vorstöße so schnell kommen. Denn das Gesetz gilt offiziell erst seit Ende Dezember. Und bis die Datensammlung offiziell startet, werden vermutlich noch rund 18 Monate vergehen, weil zuvor noch die technischen Richtlinien für Speicherung festgelegt werden müssen. Hinzu kommt: Gerichte müssen noch entscheiden, ob die Vorratsdatenspeicherung in der aktuellen Fassung überhaupt mit dem Grundgesetz und den Auflagen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) übereinstimmt.
Das Justizministerium äußert sich derweil noch zurückhaltend. Dass die Vorratsdatenspeicherung von der bayerischen Landesregierung auch auf den Verfassungsschutz ausgeweitet werden soll, wollte ein Staatssekretär nach einer kleinen Anfrage der Linken im Dezember 2015 nicht kommentieren. Eine Einmischung verbiete sich aufgrund der föderalen Ordnung, heißt es in dem Schreiben, das Netzpolitik.org veröffentlicht hatte.