Cloudlands VR Minigolf: Wenn echtes Minigolf plötzlich seinen Reiz verliert
Mehr Potenzial als sein Vorbild
Wenn nach einer Runde virtuellem Minigolf plötzlich das Bedürfnis nach dem realen Vorbild erlischt, haben die Entwickler definitiv etwas richtig gemacht. Cloudlands: VR Minigolf aus dem Hause Futuretown bietet Spielern einen phantasievollen 18-Loch-Kurs in luftiger Höhe, der dank raumskalierender Virtual Reality die Vorfreude auf weitere Partien weckt.
Dass die simpelsten Ideen in der virtuellen Realität zu den positivsten Überraschungen führen können, bewies schon Air-Hockey mit dem Oculus Rift DK2 vor knapp einem Jahr. Im Rahmen des Steam VR Developer Showcase in Seattle überraschte nun das in Taiwan und Kanada angesiedelte Entwicklerstudio Futuretown mit einer soliden Umsetzung von Minigolf.
Innovative Menüführung trifft auf intuitive Steuerung
Die Steuerung des VR-Sportspiels gestaltet sich denkbar einfach: Auf den zweiten Steam VR Controller kann getrost verzichtet werden, denn der virtuelle Schläger wird mit beiden Händen umgriffen. Die „Grip“-Tasten an der Seite rufen die Punktetafel auf, während der Trigger an der Rückseite des Controllers für die Teleportation zum Golfball zuständig ist. Da Bewegungen eins-zu-eins im Spiel umgesetzt werden, sind keine weiteren Controllerbelegungen nötig.
Bevor es jedoch mit dem Einlochen losgehen kann, muss noch ein virtueller Golfschläger gewählt werden. Im dreidimensionalen Hauptmenü von Cloudlands stehen mehrere unterschiedlich lange Golfschläger zur Verfügung, um entsprechend der Größe des VR-Nutzers eine natürliche Körperhaltung beim Schwingen des Putters zu gewährleisten. Ist das passende Sportutensil gefunden, kann im Hauptmenü, das zugleich als Übungsplatz dient, über das Einlochen in einer der Ecken des Raums der gewünschte Spielmodus ausgewählt werden.
Während virtuelles Golfen mittels einer Bewegungssteuerung kein gänzlich neues Konzept ist (vielen Spielern dürfte die Disziplin in Nintendos Wii Sports Resort in Erinnerung sein), ist der Unterschied zu bisherigen Spielen dennoch immens: Obwohl der Steam VR Controller weder die Kräfte beim Treffen des Golfballs noch das Gewicht eines echten Golfschlägers emulieren kann, rücken diese Faktoren innerhalb der ersten Schwünge ohnehin komplett in den Hintergrund.
Grund dafür ist die hohe Präzision bei der Umsetzung der analogen Bewegungen gekoppelt mit der typischen Eigenheit von Minigolf selbst: Statt wie beim großen Golf-Bruder mit viel Schwung weit zum Drive ausholen zu müssen, sind beim Minigolfen vergleichsweise winzige, dafür aber präzise Bewegungsabläufe notwendig. Hier spielt das Lighthouse-Tracking des Controllers seine Vorzüge aus, während das Unterbewusstsein schnell „vergisst“, dass eigentlich beim Aufprall des Schlägers eine Form von Feedback erwartet wird.
Phantasievoll gestaltete Kurse lassen das reale Vorbild blass aussehen
Der eigentliche Grund, wieso sich jetzt schon abzeichnet, dass das reale Minigolfen ernstzunehmende Konkurrenz bekommt, liegt an der räumlichen Präsenz, die mit der Nutzung eines „room scale“-VR-Systems einhergeht: Mühelos und ohne nachzudenken bewegen wir uns von einem Abschlagplatz zum nächsten, betrachten den Verlauf des Kurses, gehen in die Knie, um durch Tunnel zu blicken oder laufen zum Rand der Plattform, um einem Golfball auf dem Weg zu tieferliegenden Ebenen hinterherzuschauen.
Meist begriffen wir erst kurz vorm Einlochen mit Staunen, wie groß der jeweilige Abschnitt eigentlich war, durch den wir den Golfball gerade noch manövrierten. Die Hindernisse, die virtuelle Golfer bezwingen müssen, reichen in Cloudlands von klassischen Mini-Windmühlen hin zu Golfball-Kanonen und mehrstöckigen Glashäusern. Landet der Golfball im schlimmsten Fall direkt neben einer virtuellen Wand oder einem Hindernis, kann der Spieler trotzdem zum Putt ansetzen, da diese automatisch Transparent werden, sobald der Spieler sich in sie hinein bewegt: „Noclipping“ ist im Gegensatz zu normalen Computerspielen bei vielen VR-Titeln standardmäßig aktiv, um für den Nutzer unvorhersehbare Kamerabewegungen zu vermeiden.
Futuretown bot in Seattle einen ersten Vorgeschmack darauf, wie real sich ein entspanntes Sporterlebnis in VR anfühlen könnte. Durch das neue Medium hat das Entwicklerstudio potentiell die Möglichkeit, sein reales Vorbild zu übertrumpfen: Während die Komplexität von Minigolfkursen im echten Leben durch die Gesetze der Physik, den vorhanden Platz und Grundregeln der Statik eingeschränkt sind, können die Entwickler in der virtuellen Realität ihrer Fantasie freien Lauf lassen und Spielern die wildesten Konstruktionen vorsetzen. Durch das VR-typische „Mittendrin-Gefühl“ könnten Besitzer echter Minigolfanlagen bald starke virtuelle Konkurrenz bekommen, mit denen sie kaum mithalten können.
Lokal und online nicht allein
Dass dabei nicht auf die Konkurrenz von Freunden verzichtet werden muss, erklärte das Entwicklerstudio im anschließenden Gespräch mit ComputerBase: Die 18 Löcher können im Mehrspieler-Modus sowohl lokal als auch online bezwungen werden. Im lokalen Multiplayer wird die VR-Brille HTC Vive dabei reihum zwischen allen Teilnehmern durchgereicht. Im Online-Pendant können sich Spieler miteinander messen, während sie als Avatare für die anderen Teilnehmer sichtbar auf dem Spielfeld umherlaufen. Dass diese Art von synchronem VR-Multiplayer machbar ist, bewies Hover Junkers auf schweißtreibende Weise.
Zur Veröffentlichung zeitgleich mit Steam VR wird anfangs ein 18-Loch-Golfkurs bereit stehen, wobei weitere Kurse in der Form von Downloadinhalten nachträglich bereitgestellt werden sollen. Ebenfalls erwägen die Entwickler die Möglichkeit, Spielern die Werkzeuge zur Erstellung von eigenen Karten zu überlassen. Aus Sicht der Langzeitmotivation wäre dies zweifelsfrei ein wichtiger Schritt, jedoch konnte das Entwicklerteam zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Auskunft geben, ob es das Feature es noch rechtzeitig zur Vive-Veröffentlichung ins Spiel schafft.
Vive-Entwicklerkits mit Detailverbesserungen
Wie sich die unterschiedlichen Revisionen der HTC Vive Entwicklerkits auf den Fortschritt von Cloudlands VR Minigolf ausgewirkt haben, konnten die Entwickler anhand eines bizarren Fehlers verdeutlichen, der sich mit der Inbetriebnahme der Vive Pre-Devkits von selbst löste. In den früheren Alpha-Versionen von Cloudlands kam es im Zusammenhang mit der ersten Entwicklerversion der HTC Vive manchmal zu unbeabsichtigt starken Super-Putts, wenn Tester eigentlich gerade besonders vorsichtig agieren wollten, um auf kurze Distanzen einzulochen.
So setzte das Tracking des Controllers aus nicht nachvollziehbaren Gründen für kurze Zeitabschnitte aus, was zu zittrigen Bewegungen und Zuckungen des Golfschlägers in der VR-Umgebung führte. Nicht selten landeten die Golfbälle dadurch im Abgrund, was für Spieler besonders ärgerlich war. Das überarbeitete Controllerdesign der Vive Pre in Kombination mit den neuen Lighthouse-Stationen sorgten für deutliche Verbesserungen beim Tracking, die den Fehler ohne weiteres Zutun der Entwickler von alleine lösten.
Alle Eindrücke vom Steam VR Developer Showcase in Seattle und weitere Informationen zum Thema gibt es auf der Themenseite Virtual Reality.
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