Far Cry Primal im Test: Die Steinzeit als bunter Themenpark zum Spaß haben
2/4Das Baukastenprinzip
Schon in den ersten Minuten mit Far Cry Primal wird deutlich, dass der Titel eine Entwicklung von der Stange ist. Die gesamte Kompetenz, die man sich bei Ubisoft in den vergangenen Jahren zunächst mit der Betreuung und später auch mit der Entwicklung von Titeln wie Far Cry angeeignet hat, kommt hier zu Geltung. Das verspricht ein stimmiges sauberes Produkt. Zugleich ist aber auch klar: So richtig frisch fühlt sich Primal nicht an.
Die Story als bloßer Kitt
Far Cry Primal verschlägt den Spieler in die Mittelsteinzeit: Im Jahr 10.000 v. Chr. ist die Welt für Menschen nicht sehr wirtlich – ein Aspekt, der maßgeblich die Story ausmacht. Anders als in den Vorgängern geht es hier nämlich nur indirekt um Macht, nicht um Rohstoffe, Dominanz oder Reichtum. Für die Menschen des Gebietes Oros geht es einzig und allein ums Überleben.
Gegner sind bei diesem Unterfangen nicht nur die vielen wilden Tiere, sondern auch andere Menschen. Es konkurrieren drei Stämme: Die eher friedlichen Wenja, die kannibalischen Udam aus dem Norden, und die feuerliebenden Izila aus dem Süden.
In diesem Rahmen schlüpfen wir in die Rolle von Takkar, einem Wenja, der sein Volk in alle Winde verstreut vorfindet. Statt sich zu organisieren, fristen diese Urzeitmenschen ein tristes und gefährliches Leben in weitgehender Einsamkeit. Klar, dass sie so leichte Beute sind. Und noch klarer, dass es an Takkar ist, seinen Stamm zu einen und zu neuer Blüte zu führen.
Die Geschichte ist einfach, aber gut erzählt
Auf dieser Grundlage wird eine einfache Geschichte erzählt, die sich wegen ihrer Stringenz immerhin noch das Adjektiv „solide“ verdient. Viel mehr sollte man inhaltlich aber nicht erwarten: Die Handlung ist in erster Linie wirklich nur der Rahmen für den bunten Steinzeitspaß, den Primal bieten will. Am Ende der rund 20-stündigen Spielzeit läuft es ohne allzu große Überraschungen darauf hinaus, dass sich der wiedererstarkte Wenja-Stamm gegen seine Widersacher durchsetzen muss.
Das ist insgesamt enttäuschend, weil Far Cry bisher durchaus für anspruchsvolle Inhalte stand. Erreicht wurde dies vor allem durch starke Charaktere. Einen Vaas Montenegro oder einen Pagan Min sucht man in Primal aber vergebens. Etwas abgefedert wird dieser Verlust durch die Protagonisten im Wenja-Stamm, die Takkar mit der Zeit einsammelt. Da ist allen voran Sayla, die besonders heftig auf Rache an den Udam sinnt und die für Takkar ein fester Bezugspunkt ist. Oder der Schamane Tensay, der sich auf Visionen und Tränke versteht. Oder der einhändige und trotzdem handwerklich begabte Wogah. Trotzdem: An das Charisma bisheriger Charaktere reicht Primal nicht heran.
Eine große Gameplay-Neuerung
Die weitreichendsten Auswirkungen hat das neue Setting beim Gameplay. Sehr erfrischend ist, dass nicht mehr das übliche Waffenarsenal zum Einsatz kommt. Stattdessen gehen wir mit Pfeil und Bogen, Speeren und ersten einfachen Axtvarianten auf die Jagd nach Beute und Gegnern. Viel mehr hat das Inventar an Waffen nicht zu bieten, was aber zu verschmerzen ist, zumal wir unseren Bestand beständig verbessern können.
Für etwas mehr Abwechslung sorgen im Verlauf des Spiels oft andere Charaktere. Wer sich etwa auf die Gefangennahme des Udam-Generals Dah einlässt (ein sehr lohnendes Unterfangen!), darf sich nicht nur über neue Skills und Vorteile freuen, sondern erhält auch Zugriff auf eine Art steinzeitliche Granate.
Gut gefällt dabei auch, dass die Waffen abnutzen können: Ein paar mächtige Schläge mit einer einfachen Axt und sie zerbricht. Gehen wir in der Nacht zu lange mit einem entzündeten Speer vor, wird er nutzlos. Unter anderem dadurch wird es notwendig, unterwegs Rohstoffe einzusammeln. Wir greifen Pflanzen für Tränke ab, jagen Tiere, um Takkar mit einer schnell verzehrten Mahlzeit zu heilen, und nehmen Holz und Schiefer mit, um im Intenventar Waffen erstellen zu können.
Zugleich haben die etwas zu großzügig verteilten Rohstoffe auch etwas mit der größten Veränderung in Primal zu tun. Anders als in den Vorgängern verfügt der Spieler hier über eine Basis, die ausgebaut werden will. In einem schönen Tal gelegen, bietet die Höhle mit Vorplatz für Hütten alles, was es für die ultimative Wenja-Siedlung braucht. Hier findet sich das Fußvolk ein, dass wir im Rahmen von Nebenmissionen beispielsweise vor Udam retten. Aber auch die wichtigen Charaktere haben hier ihre Hütten.
Anders als etwa bei Fallout 4 ist die Siedlung der Wenja so tatsächlich Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Durch den Ausbau der Hütten erhält Takkar Zugriff auf neue Missionen seiner Mitstreiter. In festen Dialogen finden sich zudem immer wieder Hinweise zu neuen Nebenquests. Allein deswegen macht es Spaß, Zeit in den Ausbau des Zuhauses zu investieren, zumal einen die Story um die Rettung der verstreuten Wenjas ja auch explizit dazu anregt.