Homefront: The Revolution: Lahme Beta macht Spaß auf Guerilla
Hauptteil
Beta meint tatsächlich Beta
Was die Dambuster Studios testen lassen, hat mit den oftmals als „Beta“ deklarierten Demos der jüngeren Vergangenheit wenig gemein. Die Einstufung als Beta hat sich Homefront in diesem Fall redlich verdient. Hakende oder ausbleibende Animationen, durchsichtige Spawnpunkte, sporadische KI-Aussetzer und eine Bildwiederholrate, die an der Grenze zur Unspielbarkeit entlang schlittert, lassen keinen Zweifel daran, dass der Shooter noch lange nicht fertiggestellt ist.
In einer Stellungnahme beruhigen die Entwickler: Das Spiel entspreche einem Build, der im Dezember des letzten Jahres aktuell war, mittlerweile seien die Arbeiten in diesen Punkten weiter vorangeschritten. Insbesondere Grafik und Animationen würden erst am Ende der Entwicklung auf der Tagesordnung stehen, zuvor liege der Schwerpunkt zunächst auf dem Gameplay. Den Worten müssen Taten folgen.
Visual polish comes in rather late when the primary focus is on polishing gameplay, and that level of visual polish is not in this Closed Beta. This is very much a technical beta more so than a demo using a finished game.
Dambuster Studios
Widerstand ist kein Spaziergang
Auf das Gameplay des „Resistance“ genannten Mehrspieler-Modus gibt die Beta indes einen ordentlichen Ausblick und hebt sich bereits jetzt positiv von seinem wenig inspirierten Serienvater aus dem Jahr 2011 ab. Im einzigen Spielmodus der Testphase durften bis zu vier Spieler kooperativ gegen die Koreaner kämpfen, die auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten einen Unterdrückungsstaat aufgebaut haben.
Dass Spieler nur einer zusammengewürfelten Widerstandsgruppe angehören, lässt Homefront schnell spüren. Gefechte mit Patrouillen lassen sich zwar im Schusswechsel gewinnen, spätestens beim Eintreffen der unvermeidbaren Verstärkung sollten Guerillas aber Fersengeld geben: Jeeps, Panzer und numerisches Übergewicht drohen das Gleichgewicht schnell in die falsche Richtung zu verschieben. Zu allem Überfluss geht auch die knappe Munition schnell zur Neige, was einerseits immer wieder zur Flucht nötigt, andererseits den Einsatz des Denkapparates nahe legt. Das wertet taktisch überlegtes Vorgehen eindeutig auf.
Resistance Mode is meant to be hard. It’s harder than most games these days, which is by design. We want you to learn from mistakes and have a sense of achievement when completing Missions.
Dambuster Studios
Möglichkeiten dazu gab es in der Beta durchaus: In zwei Missionen wurde eine Gruppe Kämpfer in weitläufigen, offenen Arealen abgesetzt, die Weg und Vorgehen freistellten. Ob Spieler durch Häuserruinen huschen, über Dächer sprinten, sich durch Tunnel arbeiten oder Patrouillen leise im Nahkampf ausschalten - alles ist möglich. Die Schleichmechanik funktioniert dank einem Indikator, der von drohender Entdeckung kündet, bereits gut und stellt dieses Vorgehen tatsächlich als praktikable Alternative zur Verfügung. Aus diesen Gründen ist Homefront bereits auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad kein Zuckerschlecken – als Vorbild für die Widerstandskämpfer stand offenkundig nicht Rambo Vorbild, sondern der „Everyday Joe“, der einfache Mann von der Straße.
Am Missionsdesign muss noch gefeilt werden
Mit diesen Eigenheiten gewinnt Homefront ein interessantes Profil. Ob das Gefühl erdrückender Unterlegenheit aufkommt, hängt jedoch zu einem guten Teil vom Missions- und Kartendesign ab. Hier hat Homefront noch nicht überzeugen können: Eine der drei Aufgaben bestand lediglich darin, in drei rechteckigen, gesondert markierten Gebieten über einen bestimmten Zeitraum hinweg Angriffe der koreanischen Volksarmee abzuwehren. Das ist einmal okay, wird aber schnell öde, weil die spielerischen Vorzüge des Konzeptes nicht gut zur Geltung kommen und Mechaniken zu schwach kaschiert werden.
In der zweiten spielbaren Mission galt es, einen Stützpunkt einzunehmen um Fahrzeuge zu stehlen, die anschließend eskortiert werden mussten. Während der zweite Part zu einem Ablaufen von Wegpunkten und der Abwehr gescripteter Angriffe mutierte, der eine gewisse Logik vermissen ließ, zeigt der erste Teil, wie Homefront Spaß machen kann: Den Weg zum Stützpunkt stellt der Titel frei. Obwohl laut Funknachricht auch das Betreten des Areals über mehrere Wege möglich sein soll, ließ sich in mehreren Durchläufen aber nur ein Pfad entdecken. Gepaart mit einem stärker variierenden Missionsverlauf im Sinne eines Left 4 Dead, das die Szenarien mit einem „Game Director“ abändert, hat der offene Ansatz erhebliches Unterhaltungspotential.
Warum das der Fall ist und Homefront ein überraschender Hit werden kann, zeigt die letzte spielbare Mission, die mehr Dinge richtig als falsch macht: In freier Reihenfolge zu Sendestationen zu laufen und anschließend per Motorrad unter Umgehung von Patrouillen zu einem Stützpunkt zu fahren, unterstreicht das Potential von Setting und einer (halb)offenen Welt, die Spielern taktische Freiräume lässt und deren Ausnutzung auf höheren Schwierigkeitsstufen zugleich sanft erzwingt.
Mikrotransaktionen
Das Guerilla-Setting unterstreichen sollen Rollenspiel-Elemente: Spieler können einen oder mehrere, zunächst unerfahrene Kämpfer erstellen. Gewonnene Erfahrungspunkte lassen sich in Fähigkeiten aus vier verschiedenen Bereichen investieren, die etwa besser zielen oder schneller basteln lassen. Diese Mechanik soll die zunehmende Übung und Lernkurve eines Guerilla-Trupps abbilden.
In dieses Szenario fügt sich das einfache Crafting-System sinnvoll ein. Gadgets wie Molotov-Cocktails, Sprengsätze oder EMP-Fallen werden missionsübergreifend im Inventar verwaltet und müssen erst aus seltenen Einzelteilen gebastelt werden. Da Rohstoffe ein knappes Gut sind, verbietet sich der allzu sorglose Einsatz dieser Werkzeuge - eine Untergrund-Armee kann nur auf sehr beschränkte Ressourcen zurückgreifen.
Abkürzungen per Micro-Payments
Dass die für erfolgreiche Einsätze erhaltene Währung zur Freischaltung von Ausrüstung dient, passt in dieses Konzept. Auch Homefront setzt auf das „Kistensystem“, das sich als de-facto-Standard etabliert hat. In diesem Shooter enthalten die Kisten optische Gimmicks, Waffen, Zubehör für Waffen, Baupläne für Gadgets und Rohstoffe. Dass diese Kisten auch für echtes Geld gekauft werden können, hat Deep Silver bereits angekündigt. Im Gegenzug sollen neue Karten und Missionen für Homefront kostenlos per Update zur Verfügung gestellt werden.
Ob das potentiell in ermüdendem Grind mündet, lässt sich ohne Kenntnis des finalen Preisgefüges und des Missionangebots noch nicht abschätzen. In der Beta ließ sich quasi nach jeder der rund zehn bis fünfzehn Minuten langen Missionen eine neue Kiste kaufen, was für solcherart monetarisiertes Spiel übertrieben großzügig erschien. Insgesamt passt sich das Konzept aber gut in das Setting ein und wirkt weniger aufgesetzt als in anderen Spielen.
Ein Positiver Ausblick
Schon jetzt ist das Guerilla-Setting in Homefront: The Revolution mehr als nur ein Anstrich, was den Shooter einerseits positiv von seinem zu stark auf das Konzept von Call of Duty fixierten Vorgänger abhebt, andererseits potentiell mit einer eigenständigen Identität im Genre platziert. Ob das tatsächlich gelingt, wird entscheidend von der Qualität der Karten und der Missionen abhängen: Je mehr Freiheiten Spieler in die Hand bekommen, desto besser wirkt das neue Homefront. Bis zum Erscheinen des Spiels am 20. Mai 2016 haben die Entwickler aber noch einige Arbeit vor sich.
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