Unravel im Test: Wenn Bilder die schönste Sprache sind
Ruhiger Plattformer statt Action
Inmitten einer Phalanx hochkarätiger Blockbuster finanziell einträglicher Marken stach Unravel während der großen Presse-Events auf der Gamescom 2015 aus dem üblichen Angebot von Electronic Arts heraus: Ein Indie-Plattformer mit einer ruhigen, auf das Wesentliche bedachten Präsentation und einer niedlichen Wollpuppe in der Hauptrolle wollte sich so gar nicht in das krawallig-explosive Portfolio des Publishers einfügen und zugleich eine stille Antwort auf den steten Vorwurf konstanter Innovations- und Risikoarmut sein, der EA seit Jahren begleitet. Ungeachtet solcher Hintergedanken ist Unravel ein sehr interessantes Spiel abseits des Massenmarktes geworden.
Systemanforderungen
Electronic Arts gibt für Unravel lediglich minimale Systemanforderungen an, die trotz sehenswerter Umgebungen kaum der Rede wert sind. Weil Unravel von seiner Atmosphäre lebt, stören die bisweilen auftauchenden Clippingfehler, etwa über Garnfäden schwebende Objekte, allerdings doppelt. Als wichtigste Stellschrauben der Bildwiederholrate fungieren in einem mageren Optionsmenü bei Bedarf Auflösung, Kantenglättung und Texturqualität.
Komponente | Testsystem | Herstellerminimum |
---|---|---|
Betriebssystem | Windows 10 (64 Bit) | Windows 7 oder neuer (64 Bit) |
Prozessor | Intel Core i7-4790k | Intel Core 2 Duo (2,4 GHz) AMD Phenom X2 (2,8 GHz) |
Arbeitsspeicher | 16 GByte | 4 GByte |
Grafik | Nvidia GeForce GTX 980 Ti | Nvidia GeForce GT 450 / GTX 745M AMD Radeon HD 5750 / HD 8650G Intel HD Graphics 4400 |
Festplattenspeicher | circa 4 GByte | |
Internetanbindung | Für Origin-Aktivierung |
Schweigen ist Gold
Unravel ist alleine schon aufgrund seiner Erzählung eine Besonderheit: Das Jump ’n’ Run hat den Mut, vollständig auf Wörter zu verzichten und enthält sich fast jeglichen Kommentars. Lediglich der Einstieg leitet an: Es sind einfachen Dinge des Lebens, die glücklich machen, verrät in freier Übersetzung der Aufdruck eines Stoffkissens.
Statt auf Wörter vertrauen die Entwickler Coldwood auf ihre stumme Wollfigur Yarny und auf die Macht von Emotionen, die alleine durch Bilder produziert werden. Hoffnung, Liebe, Trauer und Verzweiflung, die Stationen eines vergangenen Lebens schaffen durch diesen Kniff auf natürliche Weise den Sprung zum Anwender, ohne mehr oder weniger offenkundig durch Dialoge eingehämmert zu werden oder in der einfachen Präsentation gänzlich auf jedwede Form der Aussage zu verzichten. Schweigen ist in diesem Fall durchaus das sprichwörtliche Gold.
Die daraus resultierende Darbietung, die auf das Wesentliche reduziert wird, wirkt aus genau diesem Grund angenehm erwachsen, wird aber schwerlich jedermanns Geschmack treffen. Dafür ist die Mischung aus Emotionen und dem ruhigen, undramatischen Geschehen mit einem einfachen, dafür bisweilen monotonen Soundtrack sowie den gezielt akzentuierten Geräuschen dann doch zu speziell: Unravel lässt sich mit den Attributen beschaulich, hübsch, und faszinierend besser beschreiben als den Adjektiven dramatisch und rasant. Sein Motor ist die Neugier des Spielers.
Yarny zieht den roten Faden
Einen guten Teil der Faszination schafft die Hauptfigur. Wollpuppe Yarny läuft in der schwedischen Wildnis umher, um verlorene Andenken einzusammeln. Stationen eines Lebens ziehen dabei als Teil des vagen Hintergrundes vorüber, um schließlich Teil eines Fotoalbums zu werden, das der Ausgangspunkt diverser Episoden ist. Yarny als Explorateur zieht damit den roten Faden durch Unravel: Er verbindet einzelne Schauplätze durch sein Interesse an Vergangenem und er zieht einen eben solchen als Lebensader hinter sich her – ein weiteres bildliches Element aus dem Wörterbuch des Spiels.
Yarny repräsentiert das Band, das liebende Menschen miteinander verbindet.
EA