XCOM 2 im Test: Wieder verdammt gut

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Sasan Abdi
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Wenn der Vorgänger stark war

Mit Blick auf die Güte von XCOM: Enemy Unknown musste man sich fragen, in welcher Hinsicht eine Fortsetzung die Wiederbelebung der alten Marke eigentlich noch übertreffen könnte. Wenn das Balancing zumindest bis zum Late-Game hervorragend, der Basenbau und die Verbesserungen packend und die eigenen Soldaten dem Spieler ans Herz gewachsen sind – was muss ein Sequel dann eigentlich leisten, um noch mal eine Schippe drauflegen zu können?

Und tatsächlich ist hier die Achilessehne von XCOM 2 zu finden: Der Titel bietet viel mehr vom guten Spielprinzip, spart aber merklich mit weitreichenden Änderungen. Das kann man ihm ankreiden, muss man aber nicht.

Mäßige Story mit guten Wendungen

XCOM 2 setzt etwa 20 Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängers an. Die Menschheit hat vor der Invasion der Aliens kapituliert, nachdem auch die Geheimorganisation XCOM gegen die Übermacht nichts mehr ausrichten konnte und in den Untergrund fliehen musste. Seitdem regieren die neuen Herrscher mit harter Hand. Den großen Massen wird ein Leben mit allen möglichen technologischen Vorteilen versprochen. Wer aber die „schöne neue Welt“ mit ihren Genmanipulationen skeptisch sieht, wird bedingungslos verfolgt.

XCOM 2 im Test
XCOM 2 im Test

In diesen Kontext wird der Spieler erneut als namen- und sprachloser „Commander“ entlassen. Klar, dass das Ziel lautet, die Herrschaft der Aliens zu beenden und die Menschheit aus der Knechtschaft zu befreien. Dabei stellt sich schnell heraus, dass die neuen Herren der Erde nicht einfach nur ihre Macht ausüben wollen – sie verfolgen einen weiterreichenden, finsteren Plan.

Zwei Punkte verfeinern den Standard-Plot

Schon diese kurze Zusammenfassung macht deutlich, dass XCOM 2 einen Standard-Plot bietet, der nicht versucht, Konventionen zu brechen. Das ist schade, weil es hier im Vergleich zum Vorgänger durchaus Verbesserungspotential gegeben hätte: Auch Enemy Unknown glänzte nicht gerade mit einer kontroversen Story.

Ganz zum Tragen kommt dieser Kritikpunkt aber nicht. Erstens streut Firaxis immer wieder durchaus überraschende Wendungen ein. Zweitens haben die Entwickler ganz offensichtlich einige Zeit auf die Inszenierung verwendet. Immer wieder wird die Handlung mit Zwischensequenzen und Gesprächen (ohne Dialogoption) erzählt, was trotz der insgesamt nicht so richtig packenden Inhalte zur Atmosphäre beiträgt.

Mehr Mobilität, mehr Mikromanagement

Spielerisch ist auch XCOM 2 in zwei Teile gegliedert: In die Verwaltung der eigenen Basis samt Einsatzplanung auf einer Übersichtskarte und in den Kampf.

Neu ist bei der Verwaltung, dass die Heimatbasis nicht mehr stationär ist. Stattdessen hat die Geheimorganisation das Alien-Schiff Avenger gekapert, mit dem jetzt in unterschiedliche Regionen gereist werden kann. Dabei müssen die Gegenden nicht mehr nach Haupt- und Nebenmissionen abgescannt, sondern über Kommunikationsrelais freigeschaltet werden.

XCOM 2 im Test
XCOM 2 im Test

Inhaltlich übernehmen die Aufständischen in den Regionen wie schon in Enemy Within die Rolle der Finanziers. Am Ende jedes Monats stellt jede Gegend einen Betrag der zentralen Währung „Vorräte“ bereit. Es lohnt sich also trotz der kostspieligen Einrichtung der Relais, möglichst viele Regionen an das Netzwerk anzuschließen. Ein netter Nebeneffekt ist, dass sich dadurch die Zahl der Nebenmissionen erhöht, bei denen man etwa neues Personal und Gimmicks wie eine Baubeschleunigung einsammeln kann.

Der Gegner verfolgt seine Ziele

Zu viel Zeit sollte auf die Nebenmissionen aber nicht verwendet werden, ohne dass auch immer wieder der Hauptstrang in Angriff genommen wird. Wie in Enemy Within feilt nämlich auch in XCOM 2 die Alien-KI daran, ihr Hauptziel zu erreichen. Dabei hat der Spieler wie gehabt die Möglichkeit, die Entwicklung immer wieder durch erfolgreiche Missionen zu stören und ein Stück weit zurückzusetzen. Das erzeugt einen gewissen Handlungsdruck und führt dazu, dass man sich nicht völlig auf Nebenschauplätzen verzettelt – gut so!

Erschwert wird die Planung des Vorgehens durch immer wieder parallel anlaufende Ereignisse, die besonders fiese Aktionen der Aliens abbilden. Diese schweben über längere Zeiträume wie ein Damoklesschwert über dem Spieler: Wer die Ereignisse nicht rechtzeitig abwendet, läuft Gefahr, dass die Aliens zügig ihren Plan vollenden.

Das Personal ist wichtiger denn je

Wem es zu aufwändig ist, sich neue Team-Mitglieder über Nebenmissionen zu suchen, der kann auch wieder einen Schwarzmarkt aufsuchen. Hier lassen sich nicht nur erbeutete Gegenstände eintauschen, sondern auch neues Personal – Soldaten, Ingenieure, Wissenschaftler – gegen die neue Währung „Informationen“ anheuern.

XCOM 2 im Test
XCOM 2 im Test

Diese Möglichkeit ist wichtiger denn je, weil gerade die für Forschung und Produktion entscheidenden Wissenschaftler und Ingenieure noch wertvoller geworden sind. So können wir einen Tüftler beispielsweise nicht nur zur Produktion von in der Forschung entdeckten Waffen und Rüstungen einsetzen, sondern durch ihre Anwesenheit auch Bauvorhaben beschleunigen oder in Gebäuden Spezialfähigkeiten aktivieren. Jedes einzelne Mitglied in unserer Basis erfordert daher Mikromanagement, da ein effektiver „Commander“ immer darauf achten wird, dass jeder maximal beschäftigt ist.

Neue Skills, fast unveränderte Kämpfe

„Mehr Mikromanagement“ lautet die Devise auch bei den Soldaten. Wir können Hand an das Äußere unserer Rekruten legen und bis ins letzte Detail auch ihre Ausrüstung modifizieren. Soll unser Recke einen mentalen Schild mitführen, der ihn oder sie gegen die Psi-Fähigkeiten der Aliens schützt. Oder doch lieber ein Medikit oder eine Granate?

Die grundsätzliche Unterteilung in „Sturm“-Soldaten (Nahkampf), Scharfschützen (Fernkampf), Spezialisten (Unterstützung) und „Schwer“ (Brechstange) bleibt dabei erhalten. Allerdings halten einige neue Skill-Verbesserungen Einzug. „Sturm“-Soldaten werden beispielsweise zu Schwertkämpfern, die lange Zeit verdeckt vorgehen und dann blitzschnell im Nahkampf zuschlagen können. Spezialisten können dagegen nicht mehr nur zu perfekten Notärzten, sondern bei Bedarf auch zu Hackern ausgebildet werden, die mit ihren „Gremlins“ genannten Drohnen feindliche Überwachungsanlagen außer Kraft setzen können.

XCOM 2 im Test
XCOM 2 im Test

Durch die Kombination von Klassen, Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenständen lassen sich sehr individuelle Teams zusammenstellen, die auf unterschiedlichste Anforderungen vorbereitet sind. Das kann schon im zweiten von vier Schwierigkeitsgraden entscheidend sein. Spätestens im von Enthusiasten als Pflichtmodus angesehenen Ironman-Schwierigkeitsgrad, in dem keine Spielstände geladen werden können, steht und fällt der Erfolg einer Mission mit der richtigen Mischung.

Kleine aber wichtige Änderungen bei den Kämpfen

Am Ende laufen Verwaltung und Planung natürlich auch in XCOM 2 auf Kämpfe hinaus. Am grundsätzlichen Gameplay ändert sich dabei erstmal nichts. Auf relativ kleinen Karten blickt der Spieler von oben auf sein Team und zieht die Mitglieder rundenbasiert über das in Felder unterteilte Gebiet.

Kommt es zum Gefecht, werden Trefferchancen und -punkte automatisch berechnet. Je nach dem, wie der Spieler seine Soldaten zum Feind stellt, stehen auch die Chancen für einen erfolgreichen Angriff. Dadurch ist die Positionierung ein zentrales Element: Scharfschützen kommen mit Distanz bestens klar, wollen aber am liebsten stationär arbeiten, während der Sturm-Soldat mit seiner Schrotflinte und dem Schwert möglichst nah herangeführt werden muss, um erfolgreich zuschlagen zu können.

Für frischen Wind sorgen neben den genannten neuen Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenständen auch die neuen Gegner. Der Spieler trifft auf Sektoide mit Psi-Fähigkeiten, wendige Vipern und monströse Gesichtslose, die dem Menschentrupp mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusetzen. Durch neue Stärken und Schwächen werden selbst Veteranen tüfteln müssen, um bestehen zu können.

Hasenfüße haben jetzt ein Problem

Wirklich entscheidend ist für das Gameplay aber, dass in sehr vielen Missionen ein Rundenlimit eingeführt wurde. Das verhindert die altbewährte Hasenfuß-Strategie, bei der der Spieler bewusst langsam vorgeht und die in Gruppen auf der Karte verteilten Aliens Trigger um Trigger mit einem Soldaten ins Verderben lockt. Diese Strategie funktioniert jetzt häufig nicht mehr, weil so schnell das Rundenlimit erreicht wird: Eine kleine Änderung mit weitreichender Wirkung.

Frische Technik, höhere Anforderungen

Positiv ist schließlich auch, dass die Umgebungen erneut abwechslungsreich und detailliert in Szene gesetzt sind. Städtische Gebiete wechseln sich mit ländlichen ab, mal treten wir im Schnee, mal in einem schön beleuchteten Waldstück gegen die Invasoren an – eine Qualität, die uns verzeihen lässt, dass es sich bei mancher Karte ganz offensichtlich um eine modifizerte Variante aus dem Vorgänger handelt.

XCOM 2 im Test
XCOM 2 im Test

Damit wären wir bei der Technik, die als runderneuert bezeichnet werden kann. Nicht nur auf den Karten, auch auf der Avenger und in den Zwischensequenzen sieht XCOM 2 deutlich besser als der Vorgänger aus. Garniert wird das Optische durch kleine Schmankerl wie neue „Action-Sequenzen“, etwa wenn ein Soldat einen besonders gewagten Sprint hinlegt oder es in der „Overwatch“-Stellung zu einem spontanen Schuss kommt.

Die neue Grafik hat aber auch ihren Preis. XCOM 2 hat deutlich höhere Systemanforderungen als sein Vorgänger – und scheint diese auch zu brauchen. Auf höchster Qualitätsstufe lief der Titel auf unserem Testsystem mit Core i7-4790 und Radeon R9 290X in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 Pixeln in den Gebieten gerade so mit 30 Bildern pro Sekunde. Das Genre ist so zwar absolut spielbar: In Zwischensequenzen und selbst auf der Avenger hatten wir aber mit merklichen Framedrops zu kämpfen.

XCOM 2 im Test
XCOM 2 im Test

Natürlich hilft es hier, die Qualität zu verringern, was im Rundenstrategie-Bereich noch nie so richtig weh getan hat. Allerdings rechtfertigt das Aussehen von XCOM 2 den Hardware-Hunger beileibe nicht, zumal wenn man bedenkt, dass unser System die empfohlenen Anforderungen doch deutlich überbietet. Insofern muss leider von einer noch nicht idealen Optimierung ausgegangen werden. Hoffentlich tut sich hier im Rahmen der ersten Patch-Runden noch etwas.

Vorabversion nicht frei von Fehlern

Erwähnenswert ist schließlich auch, dass unsere noch nicht ganz goldreife Preview-Version noch einige Bugs enthielt. So kam es teilweise vor, dass unsere Soldaten sich auf einem Dach plötzlich nicht mehr bewegen ließen und bis zum Ende der Mission dort verharren mussten. Auch Clippingfehler waren immer wieder zu beobachten. Auch hier gilt, dass die Probleme hoffentlich zum Start ausgeräumt werden.

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