Dark Souls 3 im Test: Das Finale des Todessimulators
3/4Der Tod erzieht
Folglich erzieht der permanente Tod weiterhin zum Mitdenken, zum Üben und zum Aufpassen: Auch in seiner dritten Inkarnation hat Dark Souls die ungesunde, aber heilsame Eigenschaft, Gier oder Unvorsichtigkeiten gnadenlos zu bestrafen; jede scheinbar harmlose Situation kann sich blitzartig in eine Todesfalle verwandeln. Dazu muss From Software nicht einmal eine Überraschung, eine Falle oder einen besonders mächtigen Boss in petto haben. Selbst einfache Gegner von der Stange setzen ein gewisses Verständnis des Kampfsystems voraus und bestrafen Fehler schnell.
Das wiederum hat unmittelbare Folgen, weil die Wiederherstellung von Lebensenergie nur sehr begrenzt möglich ist. Die Estus-Flakons können ebenso wie die neuen Mana-Flaschen, die Zauberenergie speichern, nur an Leuchtfeuern, den Speicher- und Rücksetzpunkten, wieder gefüllt werden – was allerdings die Spielwelt erneut mit Gegnern bevölkert. Auch der Kampf gegen vermeintlich harmlose Untote bleibt daher im Spielverlauf bedeutsam um die wenigen Heilfläschchen nicht vorschnell aufbrauchen zu müssen, zumal zu große Nachlässigkeiten ohnehin im Tod enden und zwar unabhängig davon, ob ein haushohes Baummonster oder ein Bauer mit Forke heranstürmt, um den untoten Leben des Bildschirmhelden ein Ende zu setzen.
Das kann fies sein, schließlich zwingt From Software dazu, an den Ort der Untat zurückzukehren. Anders als Ausrüstung werden Seelen, die als Erfahrungspunkte und Währung dienen, einfach bis zum zweiten Ableben am Boden zurückgelassen. Schweißnasse Hände auf dem Weg in Richtung des kostbaren Guts sind damit garantiert, je weiter entfernt vom rettenden Leuchtfeuer die Seelen liegen. Ein Dark Souls geht folglich auch in der dritten Version nicht generös über Fehler oder langsame Reaktionen hinweg, es tut nicht nur herausfordernd, sondern schlägt weiterhin einfach gnadenlos zu um dann hämisch spottend den Tod des Spielers festzustellen. „Ihr seid gestorben“ – kaum ein Satz fasst die Spielerfahrung der Serie derart prägnant zusammen.
Geschick und Gehirn
Es bleibt elementar, sich auf Gegner einzustellen, ihre Angriffe ebenso wie die eigenen kennen zu lernen und sich Lücken zu suchen; zentral ist wie gehabt das Management von Ausdauer, die zum Rollen, Blocken und Schlagen benötigt wird, wobei der Verbrauch abhängig unter anderem von Waffen(-art) und (Aus-)Rüstung ist. Kurzschwert und schwere Rüstung erfordern andere Taktiken als Hellebarde und keine Rüstung, was ebenso für Fernkampf oder den Einsatz von Magie und Wundern gilt – wobei natürlich der jeweilige Schadenstyp eine Rolle spielt und wohlbedacht eingesetzt werden will, schließlich wird in Anbetracht des Anspruchs schnell jeder Vorteil Recht, solange er im Kampf nur einen kleinen Vorsprung gewährt.
Das alles spielt sich nun noch geschmeidiger, aber etwas schneller als in den Vorgängern und vor allem dem teils behäbigen ersten Ableger der Serie. Gefühlt neigt Dark Souls 3 eher in Richtung Bloodborne. Der neue Versuch, „Mana“ für Kämpfer durch eine besondere Fertigkeit pro Waffen zu einer sinnvollen Ressource zu befördern, erscheint indes nicht zwingend nötig. Dies gilt allerdings für viele Elemente eines Spiels, das bereits ohne Ausrüstung, die sanften Gewinne an Macht durch Level-Ups oder auch mit einem Rock-Band-Controller durchgespielt wurde.
Alte Faszination
Dieses dringend nötige Erfahrungswissen ist es, das der Exploration ihren Nervenkitzel verleiht: In dunklen Ecken verbergen sich die schönsten Schätze, aber möglicherweise auch unbekannte oder starke Gefallene bis hin zu Bossen, dessen Fundort erst nach dem ersten Schlagabtausch markiert wird. Bekannt ist davon wenig: Erneut wird das Repertoire an Herausforderungen überarbeitet, sodass jeglich „Neues“ für Spieler zu einer erheblichen Gefahr wird – je unbekannter ein Gegner, desto größer seine Gefährlichkeit, die alte Formel funktioniert noch immer gut, ergänzt um nunmehr zweistufig angesetzte Begegnungen mit Bossen im Stile von Bloodborne, die mitten im Kampf ein massives Umdenken erfordern und die Lernphase verlängern. Eine Vorahnung auf solcherlei Ungemach liefert schon der erste Dialog des Spiels: Man sei unwürdig, erfährt man dort, ein Nichts in der Gegenwart von Göttern.
An Faszination verloren hat all das nicht, obgleich oder gerade weil die Mechaniken im Kern bekannt sind; in seinem Segment ist Dark Souls noch immer ohne Konkurrenz. Nur an der ein oder anderen Stelle stößt der ewige Zirkel des Sterbens und Bemühens um eine unnachgiebige Welt an sanfte Ermüdungserscheinungen. Der selbsternannten „Hardcore“-Zielgruppe zum Trotz wünscht man sich spätestens nach dem zehnten Besuch bei einem hartnäckigen Boss eine schnellere Route in dessen Wohnort – ein Kniefall vor dem von der Zielgruppe oftmals verächtlich betrachteten Mainstream wäre das wohl kaum, zumal die Serie sich längst vom Nischenprodukt zum Blockbuster gewandelt hat.
Immer wieder Glückshormone
Der Freude über erfolgreiche Kämpfe auf Messers Schneide, nach dem Sieg mit letztem Schlag einer erschöpften Ausdauerleiste in Angesicht des bereits heransausenden Hiebes, tut dies aber keinen Abbruch; erneut schafft es From Software dabei, den Frust über Niederlagen in ein „jetzt erst Recht“ umzuwandeln, immer auch, weil nicht mit, sondern stets gegen das Spiel gespielt wird.
Zum Glück mildern andere Spieler noch immer individuelle Schwierigkeitsspitzen ab, die Serie bleibt eine immer auch kooperativ zu denkende Erfahrung. Wer mag, kann Fremde zur Hilfe einladen oder seine Erfahrungen in Form von Nachrichten auf den Boden schreiben und so anderen Abenteurern zugänglich machen. Was nicht heißt, dass auch diese Informationen von der Benutzung des Verstandes entbinden: Der Aufforderung nach einem beherzten Sprung in den Abrund wohnt ein schneller Lerneffekt inne, die Serie profitiert weiterhin vom Faktor Mensch – durch einfachere Covenant-Systeme, die das Grundgerüst für Interaktionen stellen, stärker als je zuvor.