Spiele für SteamVR: Vier einfache Konzepte, die lange Spaß machen

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Andreas Schnäpp
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Windlands – Jump'n'Run für VR-Hartgesottene

Auf dem Oculus Rift DK2 lieferte das Greifhaken-lastige Erkundungsspiel mit Jump'n'Run-Einlagen aus dem Hause Psytec Games einen Vorgeschmack darauf, wie stark selbst das altbekannte Plattformer-Genre von der Immersion in der virtuellen Realität profitieren kann. Als Teil des Start-Aufgebots von Oculus Rift sowie HTC Vive zählt der Titel zur Speerspitze der VR-Bewegung. Und dennoch: Windlands bleibt auch nach einer erfolgreich abgeschlossenen Early-Access-Phase ein zweischneidiges Schwert.

Auf der einen Seite lädt die weitläufige und mit „Collectibles“ gespickte Spielwelt zu ausschweifenden Exkursionen ein. Jedes noch so steil in den Himmel ragende Gebilde, das aus der Ferne erspäht werden kann, ist mit Hilfe der Greifhaken und einer guten Prise Geschick auch erklimmbar. Durch den Verzicht auf KI-Gegner stehen der neugierigen Erkundung nur die eigenen Fähigkeiten und die Geduld bei Fehltritten im Weg.

Daraus ergibt sich in VR eine unglaublich befriedigende Spielschleife, bei dem jeder gelungene Sprung ein kleines Glücksgefühl hervorruft. Spätestens dann, wenn Spieler sich aus der Ego-Perspektive mit Greifhaken selbstsicher durch die Lüfte schwingen, entfaltet das Spielprinzip seinen vollen Reiz, denn mit jedem Greifhaken-Schwung schwingt auch unterschwellig eine kleine Portion Höhenangst und die Angst vor dem Fall in die Tiefe mit.

Immersion oder Präzision? Die Qual der Wahl

Auf der anderen Seite sorgt Windlands in mehrerlei Hinsicht für innere Konflikte. Wer den Titel am Gamepad mit der Oculus Rift spielt, vorher jedoch eine HTC Vive benutzte, wird den Wunsch nicht los, die Greifhaken am liebsten unabhängig von der Blickrichtung nutzen zu können. Wohin der Spieler blickt, dorthin feuert er auch seine beiden Greifhaken durch Betätigen der Schultertasten am Xbox Controller. Nach einer Eingewöhnungsphase gelingt die Fortbewegung per Analogstick und Schultertasten sicher und präzise.

Dem Wunsch nach mehr Bewegungsfreiheit kommen die Entwickler in der SteamVR Version nach: Wer mit der Vive spielt, kann sich zur Steuerung entweder für das klassische Gamepad oder die beiden SteamVR-Controller entscheiden. Das Abfeuern der Greifhaken erfolgt intuitiv durch das Ziehen am Trigger der SteamVR-Controller, die Fortbewegung selbst ist jedoch ein anderes Thema: Immer wieder stürzen wir aus Versehen in die Tiefe.

Die Steuerung über das Touchpad der Vive frustriert

Grund dafür ist die Steuerung des Spieleravatars per Touchpad, bei der der linke Analogstick eines Gamepads emuliert wird. Liegt der Daumen auf dem Touchpad, bewegt sich auch die Spielfigur in die entsprechende Richtung. Auch mit viel Disziplin geschieht es immer wieder, dass wir nach schwierigen Sprungpassagen instinktiv den Finger auflegen und gen Boden segeln.

Eine zweite Voreinstellung für die SteamVR-Controller bewegt den Spielavatar zwar ausschließlich dann, wenn das Touchpad in eine der Laufrichtungen gedrückt wird, doch auch hiermit lässt sich der Titel nur unbefriedigend in den härteren Passagen steuern, da die nötige Präzision fehlt. Wer den Titel mit Bewegungscontrollern spielen möchte, muss für die härteren Herausforderungen immer wieder auf das Gamepad umschwenken.

Optimierung mit der Community

Die Entwickler sind sich der Problematik bewusst und bieten Spielern an, ihre Controller-Layout-Vorschläge ins Spiel umzusetzen. Da Windlands keine native Möglichkeit unterstützt, Tasten auf den SteamVR-Controllern selbst umzubelegen, und Valve, im Gegensatz zum Steam Controller, für seine VR-Steuerung noch keine anpassbaren Konfigurationen anbietet, ist zunächst geduldiges Warten auf die Hilfe der Entwickler angesagt.

Bis ausgewählte Vorschläge aus der Community jedoch per zukünftigem Update ihren Weg ins Spiel finden, bleibt die Lernkurve für Spieler mit den SteamVR-Controllern deutlich steiler als jene mit Gamepad – dafür ist jedoch auch die empfundene Immersion um ein vielfaches stärker.

Version 1.0.2 von Windlands kann als erstes erfolgreiches Herantasten an eine optimierte Vive-Steuerung interpretiert werden: Neben einem neuen Controller-Layout und wichtigen Steuerungsoptionen wurde zudem das haptische Feedback fürs Laufen, Springen und Abfeuern des Greifhakens integriert. Einzelne Schritte über die SteamVR-Controller erfühlen zu können, verringern die Wahrnehmung des über den Boden Gleitens deutlich und hilft dabei, ein eindeutiges Gefühl für die Geschwindigkeit zu bekommen.

Vorbildliche Comfort-Modi für sensitive Nutzer

Auch ertappen wir uns wiederholt dabei, während Landungen kurz in die Knie zu gehen oder mit kleinen Schritten den Gleichgewichtssinn zu überprüfen: Was bei VR-gewöhnten Spielern für eine schmunzelnswerte Anekdote sorgt, kann sich bei VR-Neulingen als echtes Problem entpuppen. Windlands gehört im Hinblick auf die Fortbewegung im virtuellen Raum (engl.: „locomotion“) zweifelsfrei zu den anstrengendsten aktuell erhältlichen VR-Titeln. Gerade Nutzer, die auf Bewegungen im peripheren Sichtfeld sensitiv reagieren und zu Simulator Sickness neigen, sollten bei ersten sich andeutenden Beschwerden definitiv das Optionsmenü aufrufen und Gebrauch von den ausgefeilten „Comfort“-Einstellungsmöglichkeiten machen.

Sensible Spieler können sich so dauerhaft auf dem Boden ein Punkt-Muster einblenden lassen, das dem Boden ihrer realen Spielfläche entspricht. Sollte dies nicht reichen, können zusätzlich noch drei unterschiedlich stark ausgeprägte Formen von „Laufkäfigen“ aktiviert werden: Durch die statischen Spielelemente im peripheren Sichtfeld helfen die Streben des Käfigs dabei, den Spieler in seiner Umgebung zu „verankern“. Ein geschickter Lösungsansatz, der in Zukunft hoffentlich auf Nachahmer aus der Entwicklergemeinde trifft.

Plattform Oculus Rift / HTC Vive (SteamVR) / Steam (Windows / OS X)
Spielbereich Sitzend / Stehend
Preis 19,99 Euro