Amazon Kindle: Ein Rückblick auf neun Jahre E-Book-Reader
6/6Kindle Leihbücherei und Kindle-Unlimited
Die Geschichte der Kindle-Reader kann nicht beschrieben werden, ohne zumindest kurz auf die beiden Leihmöglichkeiten von Amazon einzugehen, sind diese doch nicht unwesentlich am Erfolg der Reader-Serie beteiligt.
Bereits Anfang November 2011 hatte Amazon das Prime-Angebot in den USA auch auf eine Kindle-Leihbücherei ausgeweitet. Mit dieser erhielten Prime-Abonnenten die Möglichkeit, ein Buch pro Monat aus einem Fundus von anfänglich 5.000 Titeln auszuwählen. Veröffentlichungen der sechs größten Verlagshäuser in den USA suchten die Nutzer jedoch vergebens.
Rund ein Jahr später, kurz nach der Vorstellung des Kindle Paperwhite im Oktober 2012, öffnete Amazon, damals noch für eine jährliche Gebühr von 29 Euro, das Angebot auch für deutsche Prime-Nutzer. Bekannte Verlagstitel fehlten hier jedoch ebenso. Darüber hinaus konnten nur Inhaber eines Kindle-Readers oder Fire-Tablets auf das Angebot zugreifen, Nutzer der diversen Amazon-Leseapps gingen leer aus.
Nach einem Jahr war das Angebot zwar insgesamt auf über 200.000 Titel angewachsen, mit 8.500 Titeln nahmen jedoch deutsche Publikationen nach wie vor einen eher geringeren Anteil ein. Damit blieb der Dienst zunächst für viele Nutzer uninteressant, auch wenn Amazon damals werbewirksam unter anderem alle bis dahin erschienenen Harry-Potter-Bände hervorhob. Bereits zu diesem Zeitpunkt bestand ein großer Teil des Angebotes aus Titeln unabhängiger Autoren, welche ihre Werke über Amazons Kindle Direct Publishing (KDP) anboten.
Eigenes Flatrate-Angebot mit Kindle Unlimited
Bereits kurze Zeit später verdichtete sich das Gerücht, dass Amazon an einem eigenen Flatrate-Modell für E-Books arbeiten würde. Mitte Juli 2014 wurde dann aus den Gerüchten Gewissheit: Per „Kindle Unlimited“ sollten zunächst Nutzer in den USA für knapp 10 US-Dollar Monatsgebühr auf einen über 600.000 Titel umfassenden E-Book-Katalog zugreifen können, bevor Amazon rund ein Jahr später auch Hörbücher dem Angebot hinzufügte. Aber auch dieses Mal konnte Amazon trotz langer Verhandlungen keines der großen Verlagshäuser in den USA zu einer Teilnahme überzeugen. Im Gegensatz zur Leihbücherei konnten Nutzer auch über diverse mobile Betriebssysteme sowie per PC und Mac auf das Angebot zugreifen.
Drei Monate später öffnete Amazon das Angebot auch für Nutzer in Deutschland, aber mit 40.000 von nunmehr 650.000 Titeln fiel der Anteil von deutschsprachigen Büchern erneut ernüchternd aus, zudem fehlten hierzulande ebenfalls bekannte Bestseller. Im Laufe der nächsten Monate wurde das Verhältnis sogar noch kleiner: Während Kindle Unlimited im August des letzten Jahres mit über einer Million Titel aufwartete, stieg der Anteil deutscher Titel auf gerade einmal 66.944 Veröffentlichungen an – bei gleichzeitig deutlich weniger deutschen Verlagstiteln.
Unabhängige Autoren wenden sich ab
Aber nicht nur Verlage verweigerten Amazon die Mitarbeit, auch zogen sich im Laufe der nächsten Monate immer mehr Indie-Autoren aus dem Angebot zurück. Diese hatten aufgrund des Leihmodells mit rückgängigen Verkaufszahlen und damit verbundenen erheblichen Umsatzeinbußen zu kämpfen, teilweise gingen die Erlöse um bis zu 75 Prozent zurück. Für einen weiteren Abgang zahlreicher Titel sorgte darüber hinaus das im Juli 2015 von Amazon beschlossene neue Abrechnungsmodell für Selfpublishing-Autoren, das von vielen Autorenverbänden heftigst kritisiert wurde.
Dennoch muss Kindle Unlimited als Erfolgsmodell bezeichnet werden, denn während die meisten Anbieter rückläufige Nutzerzahlen zu beklagen haben, stieg die Abonnentenzahl bei Amazon stetig. Vor rund einem Jahr konnte das Unternehmen zum ersten Mal in den USA auf eine Nutzerzahl von einer Million Leser verweisen. Zudem scheinen, entgegen weitläufiger Meinungen, Abomodelle auch den Verkauf von E-Books anzukurbeln: Laut einer Studie von Nielsen Books aus dem letzten Jahr gaben Leser in den USA durchschnittlich 58 US-Dollar inklusive Mitgliedsgebühr für Bücher aus, Leser ohne Abo hingegen lediglich 34 US-Dollar.
Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.