EpicGear Defiant im Test: Individualität durch eigene Taster und Zubehör
2/4Äußerlichkeiten
Das Erscheinungsbild der Defiant wird durch Montage der Taster bestimmt. Anstatt wie bei herkömmlicher Bauform die zur Stabilisierung auf einer Metallplatte befestigten Taster von einer Oberschale zu umschließen, wird bei freistehender Anordnung auf diesen Teil des Chassis verzichtet und die in diesem Fall aus anderthalb Millimeter dickem Aluminium gefertigte Aluminiumplatte als Gehäuse-Oberteil eingesetzt. So entsteht ein „Aluminiumgehäuse“ mitsamt eigenständigem Aussehen, ohne massive Kosten für die Fertigung einer aus Metall gefertigten Oberschale zu verursachen.
Die Defiant stinkt
Eine solche Bauform hat nicht nur Vorteile beim Produktdesign, sondern vereinfacht zugleich die Reinigung der Tastatur. Die Aluminium-Oberfläche ist schmutzresistent, während die offene Anordnung den Zugang in die Zwischenräume der Taster erleichtert. Qualitativ überzeugt das Chassis aber nicht in vollem Umfang. Neben den durch die zu kleine Aussparung am Gehäuse nicht optimal erreichbaren Hochstellfüßen missfallen die Ausdünstungen des orangefarbenen Gummielements am Anschlusskabel, die mehrere Tage äußerst penetrant wahrzunehmen waren – die Tastatur stinkt für eine Weile.
Das solchermaßen als „Stinktier“ auftretende Gummi wirkt überdies überflüssig: Es dient nicht als typische Zugentlastung, sondern allenfalls als Knickschutz, ließ sich aber ohne Mühe entfernen. Gewinne lassen sich so höchstens im ästhetischen Bereich ausmachen, vermögen aber die olfaktorische Belastung nicht zu rechtfertigen.
Die Tastenkappen werden wie bei beleuchteten Tastaturen üblich vollständig aus transluzentem ABS-Kunststoff gefertigt und mit einer schwarzen, potenziell langlebigen Oberflächenbeschichtung versehen, aus der die Beschriftung ausgeschnitten wird (Laser-cut-Verfahren). Da die erste Tastenreihe bei der Defiant dem Normlayout entspricht, ist ein Austausch der verbauten Modelle problemlos möglich.
Solide Ausleuchtung
Weil die Beleuchtung von mechanischen Schaltern von der Position der LED abhängt, mit der jede Taste einzeln angestrahlt wird, kann die Ausleuchtung der Tastenkappe nicht gleichmäßig erfolgen. Da sich EpicGear am Design von MX-Tastentechnik orientiert, befindet sich die LED oberhalb des schwarzen Schaltergehäuses, woraus eine optimale Ausleuchtung des oberen Kappenbereichs resultiert.
Die solchermaßen bauartbedingt ungleichmäßige Beleuchtung der Beschriftung ist vor allem an der Beschriftung sekundärer Tastenfunktionen abzulesen. Sowohl die Platzierung der Beschriftung als auch die Qualität der Ausleuchtung sind in dieser Preisklasse somit solider Standard; zugute kommt der Defiant lediglich die Farbwahl, bei der Helligkeitsverläufe weniger stark ins Auge fallen. Sichtbar schöner leuchten erst teurere RGB-Taster von Logitech, SteelSeries oder Cherry aus.
Tastentechnik im Detail
Angeboten wird die Defiant mit Tastern der EG-MMS-Serie in den Varianten Purple, Orange und Grey. Größere Tasten werden bei der MK80 von Drahtbügel-Stabilisatoren gestützt. Diese geben zugunsten eines gleichbleibenden Tippgefühls etwas Steifigkeit über die Längsachse preis.
Hinter EG Purple, Orange und Grey stecken einmal mehr Taster, die sich funktional an MX-Modulen der Varianten Blue, Brown und Red orientieren. Um sich von den Originalen mit „Crosspoint Kontakt“ abzuheben, wirbt EpicGear aber mit „Dual-Crosspoint-Bauweise“. Gemeint ist die Verdopplung der Kontaktflächen: EG-Taster schließen einen Kreislauf nicht an einer, sondern an zwei Stellen. Im Gegenzug sind sämtliche Bauteile der Taster aber nur punktuell und nicht vollständig vergoldet.
Doppelkufen-Kontaktpunkt und Dual-Crosspoint-Bauweise mit großen vergoldeten Kontaktflächen
EpicGear
Subjektiv ein bisschen agiler
Allen drei Tastern gemein ist ihr Hubweg von 4 mm, wobei ein Signal bereits nach 1,5 mm Wegstrecke generiert wird; üblich sind bei MX-Tastentechnik 2 mm. Aus der Vorverlegung des Signalpunktes versprechen sich Anbieter von „Gaming-Peripherie“ zuvorderst werbeträchtige, schnellere Reaktionszeiten. Praktisch ist der Gewinn durch solche Maßnahmen, wie die Betrachtung der nochmals schneller auslösenden Cherry MX Speed zeigt, aber minimal und keineswegs objektiv vorteilhaft.
Der Gewinn solcher Eigenschaften liegt in einer alternativen Abstimmung abseits des Mainstreams, die dem individuellen Geschmacksempfinden besser entsprechen kann. Die Vorverlegung des Signalpunktes geht auch hier einher mit dem subjektiven Gefühl größerer Agilität, das bei MX Speed aufgrund der schärferen Abstimmung gleichwohl ausgeprägter ist.
EpicGear Grey |
EpicGear Purple |
EpicGear Orange |
Cherry MX Red |
Cherry MX Brown |
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Charakteristik: | linear | taktil („clicky“) | taktil | linear | taktil |
Hubweg: | 4,0 mm | ||||
Position des Signalpunktes: | 1,5 mm | 2,0 mm | |||
Widerstand am Signalpunkt: | 50 g | 45 g | |||
Widerstand am Druckpunkt: | – | 55 g | |||
Lebensdauer (Anschläge): | 70 Mio. | 100 Mio. | 50 Mio. |
Allen EG-Tastern gemein ist zudem der Widerstand am Signalpunkt von 50 Gramm. Damit handelt es sich um tendenziell leichtgängige Modelle, die sich nur in ihrer Charakteristik unterscheiden. Der EG Grey ist ein einfacher linearer Taster mit gleichmäßig ansteigendem Federwiderstand, der keinerlei hör- oder spürbare Rückmeldung über das Erreichen des Signalpunktes gibt. EG Orange markiert demgegenüber diese Stelle des Hubweges durch einen frühzeitigen, kurzen Anstieg des Widerstandes taktil, der über die nahende Signalgenerierung informiert.
Diese Eigenschaft wohnt auch EG Purple inne, wobei hier der Widerstand, wie ein Blick in die Kraftdiagramme zeigt, erst kurz vor Erreichen des Signalpunktes stark ansteigt. Der Druckpunkt wird zudem akustisch durch hörbares Klicken markiert. Wie viele Taster dieser Abstimmung kann der kurz vor dem Signalpunkt liegende Rücksetzpunkt der Klickmechanik als Anschlag für Mehrfachauslösungen genutzt werden: Dabei wird das Ausfedern bereits beim Erreichen dieser gut zu erspürenden Stelle unterbrochen, was nach kurzer Übungsphase schnelle, lautlose Mehrfacheingaben erlaubt. Diese Technik geht mit EG Purple tendenziell einfacher von der Hand als mit den ähnlichen MX Blue, weil der Rücksetzpunkt etwas stärker akzentuiert und damit besser erspürbar wird.
Anders, aber nicht schlechter
Funktional hinterlassen daher vor allem die violetten Taster einen positiven Eindruck, weil sie sich nicht nur ein wenig agiler anfühlen, sondern klarer „klicken“. EG Grey wohnt hingegen das leicht schwammige Federfeedback inne, das auch andere lineare MX-Nachbauten aufweisen. EG Orange betont seinen Druckpunkt wie Kailh Brown weniger stark als MX Brown und wirkt beim Einfedern zudem „kratziger“ und „rauer“ – bisweilen klingen die Taster, als würde der Schlitten stärker in seinen Führungen schleifen. Solche fein ausprägten Unterschiede gehen im Alltag jedoch leicht unter und sind, wie stets bei solchen Betrachtungen, immer auch eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Qualitativ fallen auch EG-Taster durch das leichte Federpingen auf, das MX-Derivate stets zu begleiten scheint. Das Verkanten des Schlittens beim unsauberen Betätigen größerer Tastenkappen, das viele MX-Nachbauten auszeichnet, ist den Modellen von EpicGear allerdings fremd. Damit handelt es sich, so sich mangels Langzeiterfahrungen zur Haltbarkeit an dieser Stelle eine Aussage treffen lässt, um valide, aber eigenständig abgestimmte Alternativen zu Cherry MX Red, MX Brown und MX Blue mit sehr ähnlicher Charakteristik.