Homefront: The Revolution im Test: Make America Great Again

 3/4
Max Doll
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Shooter-Kompetenz

Sieht man über diese Unzulänglichkeiten hinweg, steckt in Homefront ein akzeptabler Shooter, in dessen Welt Spieler mehr oder weniger hineinstolpern dürfen, weil das Tutorial ähnlich konfus wie der Rest des Titels präsentiert wird. Nach der Beförderung zum Widerstandsrambo gilt es, einen gefangenen Kompagnon zu befreien und vor allem die Bewegung auszubauen, indem Köpfe und Herzen der Menschen gewonnen werden. Dazu dürfen Stützpunkte erobert oder errichtet und Radios auf Rebellenfunk umgeschaltet werden.

Speziell am Anfang läuft das darauf hinaus, ein Gebäude zu erklimmen und an einem Werkzeugkasten, einer Funkstation oder in Armeestützpunkten an einem Gasventil „E“ zu drücken, was automatisch einen Außenposten errichtet. Erst nach mehreren Stunden werden Parcours-Elemente endlich wichtiger und die Wege zu den Interaktionspunkten komplexer. Richtig frei über die Dächer der Stadt sprinten ist aber nicht möglich. Außerdem finden die Entwickler endlich den Mut für intelligentere Ziele, die das Simpelschema ein wenig auflockern.

In Ashgate wird das Spiel kurzzeitig interessanter
In Ashgate wird das Spiel kurzzeitig interessanter

Zu wenig Widerstand

Richtig als Widerstandskämpfer fühlen darf man sich dabei nicht, weil das Vorgehen aus dem Hinterhalt keine elementare Rolle spielt. Man kann zwar Bomben verschiedener Art mit Näherungszünder, Fernzünder oder einem RC-Auto auf Patrouillen loslassen, hat aber, mit Ausnahme von zufälligen Attentatsmissionen und Anschlägen auf Militärfahrzeuge, kaum spielerisch sinnvolle Gelegenheiten dazu.

Trotzdem kommt immer wieder kurzzeitig Stimmung auf: In Ashgate etwa leben Kollaborateure, das Spiel zeigt unvermittelt eine heile Welt, die ein faszinierendes Paralleluniversum aufspannen könnte, würden die Entwickler mehr als nur eine Kulisse daraus machen. Stattdessen sind die Menschen und Gebäude einfach nur „da“, sie kommen über statische Existenz nicht hinaus.

Wie in allen „gelben“ Zonen des Spiels hat die KPA die Bevölkerung hier aber im Griff. Wer sich entdecken lässt, hat, anders als in den verwüsteten roten Gebieten, schnell einen Fahndungslevel am Hals, bis die Bewohner vom Nutzen des Aufstandes überzeugt wurden. Dann lässt sich zur Revolution aufrufen, was einen wütenden Mob auf die Straßen schickt, der sinnlos randaliert und auf Objekte wie ausgebrannte Fahrzeuge (!) einschlägt, um die Besatzer zu vertreiben. Grüne Zonen gibt es übrigens nicht.

Durch die Straßen zu schleichen ist einfach
Durch die Straßen zu schleichen ist einfach

Alles funktioniert, nichts überzeugt

Die Koreaner sind dennoch nur theoretisch eine Herausforderung, weil das Spiel schnell größere Gruppen und hübsche Sci-Fi-Panzer um die nächste Hausecke setzt; die Spawn-Punkte lassen sich teils auf der Minimap, teils auch einfach auf dem Bildschirm beobachten, wenn das Spiel nach Lust und Laune Gegner platziert oder entfernt. Durch zahlenmäßige Überlegenheit und endlosen Nachschub sind die Rollen zwischen Herrscher und Beherrschtem aber zumindest in der offenen Welt klar definiert. Es ist daher ratsam, die Besatzer nicht nachhaltig zu verärgern – sonst kann es passieren, dass dem Alter Ego plötzlich ein Jeep mitsamt der dazugehörigen Patrouille auf den Kopf fällt.

Wer sich hier mit den neuen, zielsicheren Obrigkeiten anlegt, stirbt also schnell. Dennoch agieren die Truppen des Bösen auf unterstem Niveau und rennen öfter stumpf gegen Wände. Sich durch Flucht zu entziehen, ist folglich viel zu einfach. Es reicht meist, sich hinter der nächsten Hausecke oder auf einem Dach zu verbergen. Der Schleichpart wird damit durch die begrenzten Aufmerksamkeitskegel im Widerstands-Alltag fast schon trivial. Nur innerhalb von Stützpunkten gilt dies nicht. Sobald der geneigte Saboteur am (Gas-)Rad dreht, erfolgt die automatische Enttarnung; das hinterlässt, wie so vieles in Homefront, ein unbefriedigendes Gefühl.

Stützpunkte haben mindestens zwei Hintertüren
Stützpunkte haben mindestens zwei Hintertüren

Logikfehler am laufenden Band

Die Hauptmissionen passen sich dem Rest des Spiels meisterhaft an. Sie sind konservativ aufgebaut und, noch viel schlimmer, unsauber umgesetzt. Die Verteidigung eines Munitionsdepots etwa sieht Spieler mit einer Unzahl Gegner zwischen sich und dem zweiten Wegpunkt der Mission konfrontiert, die dauerhaft Verstärkung erhalten. Weiterzulaufen ist erst nach dem ersten Ableben möglich, weil die Nordkoreaner dann führungslos verharren. Das löst immerhin das Problem. Grundsätzlich bleibt Homefront so stets zumindest spielbar, es funktioniert immer irgendwie. Im nächsten Areal werden ohnehin neue Gegner genutzt, die aus einer anderen Richtung erscheinen. Logik? Fehlanzeige in einem Spiel, das zum Aktivieren von Gabelstaplern ein „Hack Tool“ voraussetzt.

Nachts kommt Stimmung auf
Nachts kommt Stimmung auf

Dazu gesellen sich kapitale Fehler, die das Beenden einer Mission unmöglich machen. Laut Erfahrungsberichten können solche Bugs bei mehreren Einsätzen auftreten. Abhilfe schafft das Laden eines älteren Spielstandes, was aus gutem Grund im Hauptmenü in der Rubrik „Neues Spiel“ ermöglicht wird. Da hilft es nichts, dass Klettern, Schießen und damit tatsächlich auch der Ausbau von Stützpunkten trotz der einfachen Mechaniken immerhin solide unterhalten können. Solche Misstände verderben zusammen mit der lieblosen Umsetzung die Laune.

Obwohl all das die ersten Stunden zu einer Tortur werden lässt, kann man nach Ashgate irgendwo spielen, weil das Spiel dann tatsächlich mit einer Handvoll Ideen um die Ecke kommt Die sind zwar nicht besonders ausgefeilt, ermöglichen aber mit dem Shooter-Part rudimentäre Unterhaltung – ein paar Upgrade-Pfade, ein bisschen herumspielen, ein bisschen klettern. Besonderes erwächst daraus nicht, die Ideen wurden nicht vernünftig umgesetzt und leiden unter dem technischen Zustand des Spiels.

Dieser Jeep blieb mehrfach an der selben Kante hängen und zwingt zum Neustart des Checkpoints
Dieser Jeep blieb mehrfach an der selben Kante hängen und zwingt zum Neustart des Checkpoints

Den Höhepunkt dieses Desasters setzt die letzte Mission, weil das Spiel an seinem Ende nicht einmal mehr so tut, als würden seine Elemente zusammenpassen: Die Heist-Crew, die in den vorherigen Stunden mühsam aus dem Gefängnis befreit wurde, spielt für das große Finale keine Rolle mehr. Dafür darf man, nach Ablauf eines Countdowns, als erster Kämpfer eine zäh verteidigte Tür durchschreiten – und entdeckt nach Gängen voller Leichen die Kameraden der letzten Minuten in Wartestellung vor dem Portal zur großen Konfrontation.

Was soll man dazu noch schreiben, wenn für die Darstellung dieses Erstürmens einer feindlichen Bastion offenkundig keine Zeit mehr war? Vielleicht, dass das Spiel oft diesen Eindruck erweckt und dass sich nach dieser surrealen Teleportation noch einmal ein paar Missionsziele hektisch ohne Verstand auswechseln, die Qualität des Skripts und der Sprecher einen neuen Tiefpunkt erreicht. Ein Fanal des Absurden, das auch Uwe Boll kaum besser hätte abliefern können.

Geteiltes Leid ist doppelter Spaß

Wer von Homefront nicht genug bekommen kann, hat im Mehrspielermodus die Gelegenheit, sechs kurze Missionen kooperativ in verschiedenen Schwierigkeitsstufen mit drei weiteren Spielern anzugehen. Einen Charakter vom Anfänger zum erfahrenen Kämpfer mit verschiedenen Fähigkeitsbäumen zu spezialisieren, klingt interessant, scheitert aber bei der geringen Missionszahl. Das Freischalten von Waffen und Ausrüstung über Kisten mit zufälligem Inhalt stört, weil es zum Grinden zwingt, das durch in Waffenkategorien unterteiltes Zubehör noch einmal verstärkt wird. Um sich stundenlang sinnvolle Ausrüstung zusammenzuspielen, fehlt es schlicht an interessanten Aufgaben.

Die Areale ermöglichen unterschiedliches Vorgehen
Die Areale ermöglichen unterschiedliches Vorgehen

Trotzdem macht Homefront hier am meisten Spaß, weil das kooperative Vorgehen über verschiedene taktische Ansätze möglich ist und die eine oder andere spannende Situation entstehen kann – aber das sind fast schon typische Spaßboni kooperativer Spielmodi. Den positiven Ausblick der Beta bestätigt das jedoch nicht in vollem Umfang. Letztlich liefern die Dambuster Studios auch hier nur einen mittelmäßigen Shooter ab – wenngleich einen, der etwas besser funktioniert.

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