Total War: Warhammer im Test: Gegen Vampire und Orks in die Schlacht

Sasan Abdi
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Total War: Warhammer im Test: Gegen Vampire und Orks in die Schlacht
Bild: Creative Assembley

Vorwort

Puristische Liebhaber der Total-War-Reihe dürften kräftig geschluckt haben, als die Entwickler von Creative Assembley die Entwicklung des neuesten Teils ankündigten. Ein Total War, das im Warhammer-Universum statt in einem realen historischen Setting angesiedelt ist? So richtig stimmig schien das bei aller Kompatibilität zwischen grandiosen Echtzeitschlachten und keulenden schwingenden Orks nicht zu sein.

An dieser Stelle wollen wir zu Gunsten der Transparenz erwähnen, dass auch wir zur Fraktion der Skeptiker gehören. Schließlich war Total War immer auch wegen seines zumindest angedeuteten geschichtlichen Hintergrunds interessant. Fantasy statt Rom – der Schritt der Entwickler ist gewagt. Doch am Ende hat sich der Mut gelohnt.

Systemanforderungen

Bei der Hardware gibt sich Total War: Warhammer anspruchsvoll. Ein aktuelles System sollte vorhanden sein, damit der Titel in voller Pracht gespielt werden kann.

Testsystem und Herstellerempfehlung
Komponente Testsystem Herstellerempfehlung
Betriebssystem Windows 8.1 (64 Bit) ab Windows 7 (64 Bit)
Prozessor Core i7-4790 Core i5-4570, 3,20 GHz
Arbeitsspeicher 8 GByte 8 GByte
Grafik Radeon R9 290X Radeon R9 270X / GeForce GTX 760
Festplattenspeicher ca. 35 GByte
Internetanbindung Für Steam-Aktivierung

Total War bleibt Total War

Gleich zu Beginn eine Entwarnung für die besagten Puristen: Total War bleibt auch mit Warhammer ein Total War. Zumindest was die grundlegenden Mechaniken angeht, denn hier ändern die Entwickler nichts. Nach wie vor geht es aus der Vogelperspektive rundenbasiert über eine an Europa angelehnte Karte. Und nach wie vor erobert der Spieler Provinzen, baut Städte, hebt Armeen aus, betreibt Diplomatie und verfolgt allerlei kleine und große Aufgaben.

Zwischendurch wechseln wir bei Bedarf für die Schlachten in einen nach wie vor grandiosen Echtzeitmodus. Hier bestimmen wir die Schlachtordnung und lassen unsere Verbände auf den Gegner losgehen. Alles beim Alten also?

Neue Helden und Fraktionen

Nein, natürlich nicht. Schon in den Echtzeitschlachten gibt es eine wichtige Änderung. So treten hier nun auch die Kommandanten und Helden als einzeln steuerbare Kämpfer an. Wir stürzen sie direkt in die Schlacht und aktivieren zwischendurch allerlei offensive wie defensive Spezialfähigkeiten. Wer auf dem alten Total-War-Prinzip besteht, wird einen den Hammer schwingenden Zwergen-Recken albern finden. Der Spielmechanik auf dem Schlachtfeld tut der Fantasy-Kniff aber gut: Plötzlich kommt es nicht mehr nur auf die umsichtige Positionierung und Verwendung der konventionellen Einheiten an. Auch die Helden wollen je nach Ausprägung ihrer Fähigkeiten clever verwendet werden.

Gut gefällt dabei auch, dass wir die teils bekannten Recken im Stile von Rollenspielen weiterentwickeln können. Soll Imperator Karl Franz der perfekte Kriegslogistiker oder ein mächtiger Kämpfer werden? Soll er möglichst früh im Spiel auf seinem Greifen reiten? Oder ist es doch wichtiger, dass er auf dem Schlachtfeld durch seine Aura für Boni sorgt? Dank der einfachen aber gelungenen Charakterentwicklung lassen sich die Helden für unterschiedliche Tätigkeiten und Schwerpunkte ausbilden. Gut so!

Vier Fraktionen, viele Unterschiede

Die Unterschiede der Charaktere rühren nicht nur von diesen Entscheidungen und von den unterschiedlichen Disziplinen wie Nahkampf oder Magie, sondern haben auch etwas mit den neuen Fraktionen zu tun. Neben den Menschen des Imperiums treten auch sogenannte Grünhäute (Orks und Goblins), Vampire und die Zwerge auf den Plan. Das garantiert nicht nur optische, sondern auch spielerische Vielfalt.

Auf dem Schlachtfeld verfügt man neben klassischen Einheiten beispielsweise über Vampirmagier, die ihren Gegnern mit der Erschaffung von Untoten zusetzen. Die Grünhäute schicken schwerfällige aber zerstörerische Riesen ins Feld, die sich bestens als Brecher für das Zentrum einer Schlachtordnung eignen. Die Menschen wiederum verwenden Dampfpanzer und wuchtige Kanonen und auch Spinnen und Lindwürmer wuseln über das Schlachtfeld.

Und auch auf der Kampagnenkarte haben die Fraktionen einen Einfluss. So können die Rassen etwa nicht ohne Weiteres Siedlungen voneinander übernehmen. Imperator Karl Franz wird gegen die Grünhäute deswegen beispielsweise in erster Linie brandschatzen. Die Vampire können wiederum nur auf verdammtem Gebiet vorankommen, ohne rundenweise Schaden zu erleiden.

Durch diese und viele andere kleine Merkmale spielen sich die Fraktionen tatsächlich wie versprochen anders. Es lohnt daher, in jede Kampagne hineinzuschnuppern. Je nach Spielstil kann man so locker über hundert Stunden mit Total War: Warhammer zubringen.

Kleine Geschichten für zwischendurch

Für etwas inhaltlichen Pepp sorgen Hauptaufgaben, die in jeder Rasse an den jeweiligen „Lordhelden“ gebunden sind. Als eben gekrönter Herrscher Karl Franz verfolgen wir zum Beispiel das Ziel, die eigene Macht im Imperium zu festigen. Zugleich müssen wir mit dem aus dem Norden drohenden Chaos umgehen. Besondere Tiefe darf man hier zwar nicht erwarten, in Kombination mit charaktergebundenen Großschlachten samt Videosequenzen sind die Abschnitte aber ein wichtiges strukturgebendes Element.

Hinzu kommen kleinere, meist an Rundenlimits gebundene Aufgaben, die unabhängig von einem bestimmten Charakter funktionieren. Wir werden aufgefordert, die Ordnung in einer bestimmtem Metropole wieder herzustellen, einen Anschlag auf einen missliebigen gegnerischen Feldherren zu verüben oder bestimmte exotische Einheiten zu rekrutieren.

In jedem Fall wird ein Erfolg großzügig belohnt. Bei den Helden-Missionen locken meist Items wie Talismane und Bonus-Eigenschaften, für die kleineren Aufgaben gibt es immerhin Gold. Zwischendurch muss der Spieler zudem immer wieder mit Entscheidungen auf kleinere Ereignisse reagieren. So haben zum Beispiel Adlige nach einem Feldzug die Beute unter sich aufgeteilt, während das Fußvolk leer ausging. Sollen sie bestraft und das Gold gerecht unter allen Soldaten aufgeteilt werden? Oder soll der Status quo beibehalten werden? Beide Varianten bringen unterschiedliche Vor- und Nachteile mit, sodass abzuwägen gilt, was gerade besser ins Konzept passt.

Zu schlanke Verwaltung

Unsere einzige inhaltliche Kritik richtet sich an die Verwaltung der Städte und Provinzen. Ein großer Vorwurf an frühere Total-War-Titel war, dass sie für Einsteiger zu komplex ausfielen. Darauf haben die Entwickler mit einer merklichen Verschlankung der Verwaltung reagiert.

So lässt sich beispielsweise die Höhe der Steuer nicht mehr stufenweisen regulieren. Stattdessen legen wir einfach fest, ob die Bewohner einer Stadt zahlen müssen oder nicht. Auch das Thema Nahrung ist geschrumpft: Kornfelder etwa produzieren jetzt direkt die Währung „Wachstum“. Die eigentlich wichtigen Ressourcen fließen allenfalls kaum merklich in die Handelsbilanz, sodass wir kaum darauf achten, was in unserem Reich eigentlich zur Verfügung steht.

Durch diese und andere Maßnahmen ist Total War: Warhammer zwar zugänglicher, auf der Ebene der Rundenstrategie phasenweise aber auch zu einfach. Gerade wer die Vorgänger kennt, wird die weggefallenen Stellschrauben häufiger vermissen. Schade!

Ein Makel bei der Technik

In Sachen Grafik wirkt Total War: Warhammer durchaus überarbeitet. Vor allem die Kampagnenkarte glänzt mit neuen Effekten und einer aufgeräumteren Oberfläche. Zu neuen Ufern brechen die Entwickler an dieser Stelle insgesamt aber nicht auf. Insbesondere auf dem Schlachtfeld wirken viele Animationen wie aus den Vorgängern bekannt. Sehen lassen kann sich das Gebotene aber trotzdem.

Die für das Genre schicke Grafik lässt sich der Titel aber auch einiges kosten. Die Systemanforderungen sind, ebenfalls für Genreverhältnisse, denkbar hoch. Auf unserem Testsystem lief Total War: Warhammer auf „Ultra“-Details in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 bei aktiviertem VSync flüssig. Eine aktuelle Konfiguration sollte man aber tatsächlich haben, um das Maximum aus dem Titel herauszuholen.

Ist bei der Umsetzung im Großen und Ganzen also alles bestens? Nicht ganz, denn eine Kritik haben wir dann doch: die KI. Zwar gehört diese auf dem Schlachtfeld bei Total War schon immer zur kompetenteren Riege. Eine echte Verbesserung ist bei Warhammer allerdings leider auch nicht zu erkennen.

Total War: Warhammer
Total War: Warhammer

So kommt es, dass Computer-Generale nach wie vor viel zu behäbig auf flankierende Angreifer reagieren. Nur selten verlegen sie etwa Speerkämpfer auf die Seiten, selbst wenn wir schon zu Schlachtbeginn unsere Kavallerie auf die große Umgehungsreise schicken. Und selbst wenn dann schließlich unsere Streiter heranpreschen, verändert sich die Schlachtordnung der KI kaum. So ist es oft ein Leichtes, gefährdete Fernkämpfer frühzeitig auszuschalten. Dadurch werden selbst eher aussichtslose Kräfteverhältnisse nicht selten zu einem Sieg für den Spieler.

Fazit

Unsere Skepsis gegenüber dem Zusammengehen von Total War und Warhammer ist trotz zweier Kritikpunkte verflogen. Die beiden Ansätze passen gut zusammen und profitieren merklich von einander. Creative Assembley gelingt es auf diesem Weg, seiner Strategiereihe frisches Leben einzuhauchen, ohne sie für Veteranen zu verhunzen.

Möglich wird dies durch die sinnvolle Integration der Warhammer-Inhalte in das Total-War-Spielprinzip. Grünhäute, Vampire und Zwerge sehen nicht nur anders aus, sie machen sowohl in den Schlachten als auch auf der Kampagnenkarte auch spielerisch tatsächlich einen großen Unterschied.

Inhaltlich ist dabei, Kritikpunkt Nummer eins, nur eine Sache schief gegangen: Die Verwaltung und Entwicklung der Städte ist deutlich simpler geworden. Das hilft zwar beim Einstieg, sorgt aber auch dafür, dass wichtige Aspekte im Gameplay verloren gehen.

Wer mit dieser Eigenschaft und der leider nicht merklich verbesserten Schlachten-KI (Kritikpunkt zwei) leben kann, wird mit Total War: Warhammer aber durchaus glücklich werden. Insgesamt ist die Fantasy-Portierung der altehrwürdigen Reihe gut gelungen, auch wenn wir sagen müssen: Die realistische Variante ist uns persönlich trotzdem lieber.

Total War: Warhammer im CB-Test

Kopier- & Jugendschutz

Total War: Warhammer funktioniert über Steam, sodass der Key über die Valve-Plattform aktiviert werden muss. Dazu ist einmalig eine Internetverbindung nötig; ein Wiederverkauf ist durch die Bindung an das Konto nicht möglich.

Die USK hat den Titel ab 12 Jahren freigegeben.

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