Uncharted 4: A Thief's End im Test: Ein nostalgisches Finale und visueller Benchmark der PS4
Teil 4 heißt Abschied
Uncharted 4 ist eines der seit Vorstellung der PlayStation 4 am sehnsüchtigsten erwarteten Spiele von Sony. Das Wiedersehen mit Nathan Drake ist jedoch bittersüß: Naughty Dog erzählt nicht nur vom Ende eines Diebes, sondern auch vom Ende der Serie, die vorerst nicht länger fortgesetzt werden soll. Was von der Abschiedsveranstaltung zu halten ist, hat ComputerBase in aller Ruhe herausgefunden.
Der doppelte Blick zurück
Seiner Rolle als vorerst letztes Spiel einer überaus beliebten Serie mit ungebrochener Nachfrage ist sich Uncharted 4 durchweg bewusst. Der Blick zurück dominiert Präsentation und Erzählung daher genauso wie derjenige auf das aktuelle, rund 14 Stunden dauernde Abenteuer, die eng verwoben werden. Naughty Dog fährt deshalb nicht nur eine ganze Bandbreite an Referenzen auf vergangene Abenteuer auf, sondern liefert eine Hommage an die Höhepunkte der Serie – wenngleich das U-Boot im Dschungel fehlt, werden viele markante Szenen der ersten drei Spiele aufgegriffen und im weiteren Sinne zitiert.
Ein Blick auf die eigene Serie
Schon die Konzeption des Spiels erweist sich für dieses duale Erzählen als überaus geschickt: Der nunmehr bürgerliche Schatzjäger Nathan Drake hat das gefährliche Abenteurerleben zugunsten einer glücklichen Ehe mit Reporterin Elena eigentlich längst zurückgelassen, als urplötzlich sein verschollener Bruder auftaucht. Der schuldet einem Gangsterboss 200 Millionen Dollar, die in kürzester Zeit aufzutreiben sind – und zwar mit der Hälfte des verschollenen Schatzes von Pirat Henry Avery. Die Lösung? Kurz eine Auszeit nehmen und klammheimlich auf die Suche gehen, natürlich. Ein Patentrezept für Drama, das angenehm erwachsen inszeniert wird.
Die Schnitzeljagd rund um die Welt entwickelt natürlich auch den unbeschwerten Charakter der Vorgänger: Uncharted 4 ist eine wilde Hatz rund um den Globus, ein gewohnt qualitativ inszenierter Actionfilm. Erstmals mischt sich aber ein doppelter Boden in die Geschichte. Für Nathan Drake steht so nicht mehr der Schatz im Mittelpunkt, sondern zunehmend der Wunsch, doch einfach heil aus dem Abenteuer heraus- und in das heile Leben bürgerlicher Normalität zurückzukommen, während sein altes Selbst mehr oder weniger in die Figur des Bruders gesteckt wird. Der bietet zugleich eine perfekte Gelegenheit, immer wieder auf alte Serienteile anzuspielen – schließlich kennt er Nathans Abenteuer noch nicht und ist längst nicht der erfahrene Abenteurer, dem das Geschehen und das Durchstöbern bildhübscher, verlassener Ruinen nicht länger die ganz große Gänsehaut beschert.
Der kurze Rückfall in unbeschwerte Abenteuertage und den Sog einer Schatzssuche gehört daher nach der ersten Hälfte des Spiels der Vergangenheit an und wird wie die Hauptfiguren gründlich hinterfragt. Damit wirft Naughty Dog auch einen kritischen Blick auf das eigene Konzept und die eigene Figur. Nicht zuletzt wird die Schatzjagd, eine Geschichte auch um Gier und Niedertracht, in der Vergangenheit gespiegelt, was die Dramatik um den Rückfall des (gewandelten) Helden auf die Spitze treibt: Bis zum ganz großen Finale bleibt völlig unklar, ob sich Geschichte ein weiteres Mal wiederholt.
Virtuelle Schauspielkünste
Erzählerisch hat Naughty Dog also nichts an Können eingebüßt, im Gegenteil tut der Wechsel der Tonart der Serie gut. Vielleicht hilft auch das Selbstbewusstsein als etablierte Institution, den durchaus als mutig zu bezeichnenden Wechsel hin zu ein wenig mehr ruhigem Erzählen sowie die Abkehr vom Übernatürlichen, vom Mantel-und-Degen-Szenario hin zum Familiären anzustoßen. Auch das erscheint gelungen: Serie und Protagonisten sind erwachsen geworden, die lose kooperierenden Schurken und stets blödelnden Haudegen werden, auch dank der herausragenden Gesichtsanimationen, bessere und „realere“ Charaktere. Blass bleiben lediglich die Antagonisten, die nur dann und wann einmal auftauchen dürfen, aber für die Handlung keine größere Wichtigkeit besitzen.
Dabei sind es wie in The Last of Us Kleinigkeiten, die die Erzählung fast filmreif auf den Fernseher bringen. Es sind kleine Gesten, Blicke und Reaktionen der Protagonisten, ihre Hinwendung zur Szenerie, die die Welt und ihre Bewohner in besonderem Maße glaubhaft erscheinen lassen. Besonders hoch anzurechnen ist Naughty Dog, dass die Geschichte um die Drake-Brüder sauber und mit befriedigendem Ende abgeschlossen wird. Obwohl Naughty Dog gleich mehrere Hintertüren offen lässt, um die Serie mit weiteren Erzählungen ausbauen zu können, wird Nathan Drake nicht mehr ihr Hauptdarsteller. Diese Geschichte endet tatsächlich.