Anti-Terror-Kampf: Netzsperren als Maßnahme gegen terroristische Inhalte
Infolge der Anschläge von Brüssel und Paris arbeitet die EU derzeit an einer Anti-Terror-Richtlinie, um etwa terroristischer Propaganda im Netz zu begegnen. Eine der diskutierten Maßnahmen: Netzsperren für terroristische Inhalte. Noch wird in den Gremien verhandelt, doch Netzaktivisten protestieren bereits gegen den Vorschlag.
Konkret geht es bei dem Streit um einen Entwurf, der derzeit im Innenausschuss des EU-Parlaments verhandelt wird. Wie bei der EU üblich, steckt der Teufel in den bürokratischen Details. Laut eines Berichts von Netzpolitik.org stammt ein Vorschlag von Monika Hohlmeier (CSU), die als Berichterstatterin des EU-Parlaments federführend für die Anti-Terror-Richtlinie verantwortlich ist. In diesem heißt es: Die EU-Staaten sollen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen („Member States shall take the necessary measures“), um terroristische Inhalte aus dem Netz zu entfernen – und zu solchen Maßnahmen werden auch Netzsperren gezählt.
Allerdings kursiert im Innenausschuss des EU-Parlaments auch noch ein weiterer Entwurf. Dieser sieht vor, dass EU-Staaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können („Member States may take the necessary measures“). Tatsächlich geht es also nur um ein Wort, das aber erhebliche Auswirkungen haben kann. Während es sich bei dem Vorschlag von Hohlmeier um eine Verpflichtung handelt, sind die Netzsperren bei der Alternative lediglich eine Option.
Grundsatzkritik an Netzsperren
Ein weiterer Kritikpunkt: Es existiert nur eine vage Definition von den Inhalten, die blockiert werden sollen. Es bestehe also die Gefahr von willkürlichen Sperrungen. Daher wird gefordert, dass Netzsperren komplett aus der Anti-Terror-Richtlinie gestrichen werden. Alvar Freude vom Arbeitskreis Zensur begründet das gegenüber Netzpolitik.org mit den bisherigen Erfahrungen: „In der Zwischenzeit gibt es genug Beweise, dass ‚Löschen statt Sperren‘ funktioniert.“
Rechtswidrige Inhalte sollten also direkt an der Quelle gelöscht werden. Mit Netzsperren würde das aber erschwert werden. Zudem baue man eine „Zensur-Infrastruktur auf, die eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates unwürdig ist“, so Freude.
Anti-Terror-Richtlinie im Schnellverfahren
Umstritten ist auch der Gesetzgebungsprozess. Denn die EU will diese Richtlinie im Schnellverfahren durch die Gremien bringen. So wird etwa auf eine Folgeabschätzung (Impact Assessment) verzichtet. Das beschleunigt zwar den Prozess, die Debatte von möglichen Alternativen wird allerdings beschränkt. Joe McNamee von der Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) erklärt daher: „Anstatt eine Gesetzgebung auf den Weg zu bringen, die wirklich den Zweck erfüllt“, betreibe die EU vielmehr Aktionismus im Anti-Terror-Kampf.
Abstimmen wird der Innenausschuss am Dienstag in der nächsten Woche. Damit ist die Richtlinie aber noch nicht durch, denn es handelt sich zunächst um den Vorschlag, mit dem das EU-Parlament in die Trilog-Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem EU-Rat geht. Wenn die obersten EU-Gremien sich dann auf einen Kompromiss verständigt haben, müssen letztlich noch das EU-Parlament und der EU-Rat die finale Richtlinie absegnen.