Bitkom: Kritik am Verbot von anonymen SIM-Karten
Mit dem aktuellen Anti-Terror-Paket will die Bundesregierung auch den Verkauf von anonymen Prepaid-SIM-Karten verbieten. Neben Bürgerrechtlern und Datenschützern kritisiert nun auch der IT-Branchenverband Bitkom diese Maßnahme.
Das Gesetz sieht vor, dass Anbieter von Prepaid-SIM-Karten künftig die Identität eines Nutzers überprüfen müssen. Die SIM-Karte wird also erst freigeschaltet, wenn der Käufer einen Ausweis oder Pass mit Wohnortangabe vorlegt. Das Ziel der Maßnahme: Terroristen soll es erschwert werden, anonym zu kommunizieren.
Der Bitkom bezweifelt allerdings, ob das Gesetz tatsächlichen seinen Zweck erfüllt. So erklärt der Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder: „Es ist völlig unklar, inwiefern eine verpflichtende Identitätsprüfung bei der Terrorismusbekämpfung helfen soll, wenn nicht zumindest eine einheitliche europäische Regelung gefunden wird.“ Immerhin hätten Terroristen auch mit diesem Gesetz noch die Möglichkeit, sich eine Prepaid-Karte ohne Registrierung im europäischen Ausland zu beschaffen.
Bürokratischer Aufwand schade vor allem Menschen mit geringen Einkommen
Darüber hinaus drohe noch ein bürokratischer Aufwand, der letzten Endes allen Kunden schaden könnte, da auf diese Weise die Kosten in die Höhe getrieben werden. Das betreffe dann vor allem einkommensschwache Menschen sowie Jugendliche, Senioren oder Touristen. Denn einer der Vorteile von Prepaid-Karten ist bislang: Da keine Vertragsbindung besteht, hätten Nutzer die volle Kostenkontrolle.
Wenn die Bundesregierung nun „trotz des fehlenden Nutzens“ an dem Gesetz festhalte, müsse sichergestellt werden, dass die Kosten im Rahmen bleiben. „Andernfalls zahlen am Ende die Ehrlichen die Zeche“, so Rohleder.
Europäischer Menschenrechtsgerichtshof befasst sich mit alter Regelung
Derweil befasst sich auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit der Registrierungspflicht für Prepaid-SIM-Karten in Deutschland, wie Netzpolitik.org berichtet. Dabei geht es aber nicht einmal um die aktuellen Pläne, sondern um die seit 2004 bestehende Regelung. Diese beinhaltet bereits den Passus, dem zufolge sich der Käufer einer Prepaid-SIM-Karte registrieren muss. Allerdings müssen die Anbieter nicht prüfen, ob die Angaben der Käufer tatsächlich korrekt sind. Im Vergleich zu dem aktuellen Gesetzentwurf ist also kein Abgleich mit dem Ausweis erforderlich.
Nachdem im Jahr 2012 zunächst eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert ist, hatte der Piratenpolitiker Patrick Beyer zusammen mit dem Juristen Jonas Breyer die Beschwerde vor dem EGMR eingereicht. Der Grund: „Anonymität ist essenziell für Presseinformanten, für die anonyme Äußerung unliebsamer Meinungen im Internet, für den vertraulichen Austausch von Geschäftsgeheimnissen, für die vertrauliche Koordinierung politischer Proteste, für die psychologische, medizinische und juristische Beratung sowie für Selbsthilfegruppen.“ Zudem hätten zum damaligen Zeitpunkt auch zwei Drittel der EU-Staaten erfolgreich Straftaten verfolgt, ohne dass ein Verbot von anonymen SIM-Karten existierte.
Laut dem von Patrick Beyer veröffentlichten Gutachten hat die Bundesregierung nun bis zum Oktober Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben.