Crucial MX300 SSD im Test: Das 3D-NAND-Debüt ist von Unbeständigkeit geprägt
Die Crucial MX300
Die neue MX300 tritt ein großes Erbe an: Einst hatte Crucial mit der MX100 eine SSD-Serie im Programm, die mit hoher Leistung und vielen Funktionen zu einem sehr günstigen Preis zum absoluten Liebling im Preisvergleich avancierte. Bis zu ihrem Auslaufen war die MX100-Serie stets eine nahezu ebenbürtige Alternative zur Samsung 850 Evo. Im vergangenen Jahr trat die MX200 die Nachfolge an, konnte aber trotz ähnlich guter Ausstattung aufgrund von Schwächen bei der Leistungsbeständigkeit und höheren Preisen nicht an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen. Jetzt bringt Crucial mit der MX300 die dritte Generation der MX-Serie auf den Markt. Vorerst ist die Serie auf ein Modell mit 750 GByte beschränkt, das zudem eine limitierte Auflage besitzt. Die restlichen Modelle folgen im zweiten Halbjahr.
Mit der Crucial MX300 gibt zugleich der von Intel und Micron entwickelte 3D-NAND sein Debüt im Endkundenhandel. Dank dreidimensionaler Bauweise liefert ein Chip nun mit 384 Gigabit statt 128 Gigabit die dreifache Speicherkapazität. Microns 3D-NAND unterscheidet sich dabei technisch grundlegend von Samsungs seit Jahren erhältlichem V-NAND.
Hinweis: Die Crucial MX300 wurde erneut getestet. Ausführliche Details liefert der Nachtest mit Firmware M0CR040.
Technik im Überblick
Zum Start nur 750 GByte und 2,5 Zoll
Crucial führt bei der MX300 einen gestaffelten Start durch, die meisten Varianten der SSD-Serie werden erst in der zweiten Hälfte dieses Jahres erscheinen. Später sollen dann neben weiteren Kapazitäten auch SSDs im M.2-Format erhältlich sein, nicht jedoch mSATA-Varianten. Dennoch will Crucial bereits jetzt beweisen, dass das neue 3D-NAND auch in der TLC-Variante schnell und zuverlässig ist. Das 750-GByte-Modell soll dabei der Mittelweg aus hoher Kapazität und attraktivem Preis sein.
3D-NAND als wesentliche Neuerung
Die große technische Neuerung der MX300-Serie ist der erstmalige Einsatz des 3D-NANDs mit 32 Lagen Speicherzellen von IM Flash Technologies, dem 2006 von Micron und Intel zur Produktion von Flash-Speicher gegründeten Joint-Venture. Entgegen vorheriger Vermutungen debütiert dieser in Form von TLC-Speicherchips mit drei Bit pro Speicherzelle und 384 Gbit (48 GByte) pro Speicherchip. Damit ist IMFT aktuell führend, Samsungs aktuellstes TLC-3D-NAND mit 48 Lagen kommt auf 256 Gbit, gleiches gilt für Toshiba/SanDisk und SK Hynix. Samsungs 256-Gbit-Chip ist dabei dank kleinerer Fertigung allerdings auch deutlich kompakter als der 384-Gbit-Chip von IMFT und kommt auf eine höhere Speicherdichte, wie die nachfolgende Tabelle zeigt :
IMFT 3D-NAND | Samsung V-NAND Gen3 | |
---|---|---|
Transistoren | Floating-Gate | Charge Trap Flash |
Kapazität (TLC) | 384 Gbit | 256 Gbit |
Lagen | 32 | 48 |
Die-Größe | 168,5 mm2 | 99 mm2 |
Speicherdichte | 2.279 Mb/mm2 | 2.585 Mb/mm2 |
Prozess | k. A. | 21 nm* |
*unbestätigt Quellen: TechInsights, Chipworks |
Die MLC-Variante von IMFTs 3D-NAND mit zwei Bit pro Zelle und insgesamt 256 Gbit (32 GByte) pro Speicherchip sowie einer höheren Leistung und Lebensdauer wird Crucial voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt zusammen mit einer neuen Premium-SSD vorstellen; eine offizielle Ankündigung in dieser Richtung gibt es allerdings noch nicht.
3D-NAND ist nicht gleich 3D-NAND
Die neuen, 168,5 mm2 großen Speicherchips von IMFT sind zwar ebenso wie Samsungs aktuelles NAND-Flash 3D-NAND, der Ansatz der beiden Unternehmen unterscheidet sich jedoch in weiten Teilen. Wo Samsung – ebenso wie SanDisk/Toshiba und SK Hynix – für die Speicherzellen des 3D-NAND auf CTF-Transistoren (Charge-Trap Flash) setzt (siehe auch im Test der Samsung SSD 850 Pro), gehen Micron und Intel einen anderen Weg und nutzen die unter anderem von planarem NAND bekannten Floating-Gate-Transistoren.
Im Vergleich zu planarem NAND der aktuellen Generation größere Speicherzellen, die mehr Ladung aufnehmen können, sollen aber auch im Falle des 3D-NAND von IMFT Interferenzen minimieren, die Leistung verbessern und die Lebensdauer verlängern. Zu spezifischen Zahlen bezüglich des für das 3D-NAND verwendeten Fertigungsprozesses macht IMFT ebenso wenig Angaben wie Samsung. Von den 16 Nanometern des planaren NANDs dürfte das 3D-NAND jedoch weit entfernt sein. Wahrscheinlicher ist ein Wert im Bereich von 40 Nanometern.
Micron nennt für den 3D-TLC-NAND 1.500 P/E-Zyklen, bei der MLC-Variante sollen es 3.000 sein. Die in Form der TBW garantierte Lebensdauer der neuen Speicherchips kommt in der TLC-Variante nahe an die garantierte Lebensdauer der planaren MLC-Speicherchips in der MX200, dürfte den vorliegenden Informationen zufolge im 1:1-Vergleich aber niedriger ausfallen. Denn extrapoliert käme eine hypothetische 750-GByte-Variante der MX200 auf 240 TByte TBW. Für die MX300 mit TLC-3D-NAND gibt Crucial dagegen 220 TByte an. Über den Garantiezeitraum von drei Jahren gerechnet können mehr als 200 GByte pro Tag geschrieben werden.
Acht Flash-Packages und Marvell-Controller
Bei der Hardware-Konfiguration der MX300 mit 750 GByte Speicherplatz setzt Crucial auf acht Double-Die-Packages, die es zusammen auf 768 GByte ( 8 × 2 × 48 GByte) Speicherplatz bringen, von denen 750 GByte aktiv nutzbar sind. Zu den übrigen Kapazitätsvarianten macht Crucial zwar noch keine offiziellen Angaben, außer etwas mehr Speicherplatz als die Konkurrenz bieten zu wollen. Im Vorfeld ist aber bereits durchgesickert, dass das Unternehmen die MX300 zusätzlich mit 275 GByte, 525 GByte, 1.050 GByte und später auch 2 TByte Speicherplatz anbieten wird.
Als Controller kommt der altbekannte Marvell 88SS1074 zum Einsatz. Dieser verfügt über vier NAND-Channel, so dass an jedem Channel zwei NAND-Packages respektive vier NAND-Dies betrieben werden. Als einziges Element ist der Controller mit Wärmeleitpaste versehen.
DWA für hohe Schreibraten und niedrige Leistungsaufnahme
Die MX-Serie hatte in der Vergangenheit zwar eine relativ hohe Leistung, die MX300 steht aber keineswegs in Konkurrenz zu Samsungs Pro-Serie. Mit den TLC-Speicherchips zielt Micron vielmehr auf den gehobenen Massenmarkt, auf dem sich Samsung mit der 850 Evo tummelt.
Für eine trotz TLC-NAND hohe Schreibleistung bietet auch Crucials neueste SSD einen dynamischen SLC-Cache. Die Dynamic Write Acceleration nutzt einen variablen Teil des zur Verfügung stehenden Speichers – bis zu ein Drittel der Gesamtkapazität – als schnellen SLC-Cache, in dem Daten zunächst mit nur einem Bit pro Zelle abgelegt werden, was deutlich schneller geht als der relativ komplizierte Schreibprozess, um drei Bit pro Zelle zu schreiben.
In Leerlaufzeiten werden die Daten dann aus dem Cache in den regulär mit drei Bit pro Zelle genutzten Speicher geschrieben. Prinzipiell funktioniert dies, bis auf einige Anpassungen, weiterhin wie im Test der BX100 und MX200 beschrieben. Ein positiver Nebeneffekt des SLC-Caches ist, dass die Leistungsaufnahme niedriger ist als beim direkten Schreiben im TLC-Modus.