Störerhaftung: Bundesrat stimmt Gesetzesänderung zu
Nachdem der Bundestag zu Beginn des Monats die Gesetzesänderung des Telemediengesetzes zur Abschaffung der Störerhaftung beschlossen hatte, billigt nun auch der Bundesrat die Gesetzesänderung. Trotz der Kritik durch die Experten des Gremiums stimmten die Ländervertreter heute den Änderungen zu.
Schnelles Gesetz nach Gutachten
Im März dieses Jahres hatte ein Gutachten des Europäischen Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Störerhaftung bei offenen Funknetzen infrage gestellt. Daraufhin reagierte die Bundesregierung schnell und überarbeitete den fast schon eingeschlafenen Entwurf zur Gesetzesänderung des Telemediengesetzes. Dabei löste sich die Große Koalition von Voraussetzungen wie einer hinreichenden Verschlüsselung der Netzwerke oder dem Einholen einer Versicherung des Nutzers, dass dieser keine illegalen Aktivitäten über das Netzwerk verfolgt.
Dem § 8 des Telemediengesetzes wurde der Absatz 3 hinzugefügt: „Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.“ Diese Fassung wurde vom Bundestag und nun auch vom Bundesrat abgesegnet, womit in letzter Instanz der Bundespräsident das Gesetz noch prüfen und ausfertigen muss.
Nur der Wille reicht nicht
Doch während die Große Koalition sowie die stimmkräftigen Vertreter in der Politik den Fortschritt in Sachen Störerhaftung hervorheben, sind zahlreiche Experten und Juristen mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Grund für die Kritik ist der fehlende zivilrechtliche Schutz vor Klagen und Abmahnungen, der mit der Störerhaftung einhergeht. Denn die Anspruchsgrundlage, mit der der Betreiber eines offenen Funknetzes habhaft gemacht werden kann, steht auch weiterhin unberührt im Gesetz. Lediglich in der Begründung zur Gesetzesänderung hat die Große Koalition festgehalten, dass diese Ansprüche beim Betrieb eines offenen WLANs nicht mehr greifen sollen.
Doch der Wille der Politiker alleine reicht den Kritikern nicht: Weder die Richter noch Anwälte und erst recht nicht die Rechteinhaber sind gezwungen, bei den Abmahnungen oder Klagen in die Begründung eines Gesetzes zu schauen, stattdessen kann im Zweifel nur auf das Gesetz gezeigt werden. Auch die Experten des Bundesrates sind mit dem Gesetz nicht zufrieden und fordern in ihrer Stellungsnahme (PDF) die Bundesregierung dazu auf, die Wirksamkeit des Gesetzes zeitnah nach Inkrafttreten zu überprüfen. Zudem solle das Gesetz auch im Hinblick auf das anstehende Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall Tobias McFadden überprüft werden.
Die Bundesregierung wehrte sich gegen die Kritik an der beschlossenen Gesetzesänderung mit dem Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen die europäische E-Commerce-Richtlinie. Dieses Argument könnte aber mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshof ins Wanken geraten und die Regierung zur Nachbesserung zwingen. Mit einem Urteil wird noch in diesem Jahr gerechnet.