Xbox „Scorpio“: Microsoft erklärt Zukunft der Premium-Konsole
Im Rahmen der E3 2016 hat Microsoft nicht nur über neue Spiele und Konsolen gesprochen, sondern sich auch über die Zukunft von Xbox geäußert. Damit wird klarer, welche Strategie der Konzern abseits der Zusammenlegung von Xbox One und Windows 10 mit der UHD-Konsole Xbox „Scorpio“ verfolgt.
Keine Exklusivspiele für „Scorpio“
Phil Spencer, der Chef der Xbox-Sparte von Microsoft, warf weiteres Licht auf die angekündigte, leistungsstärkere Xbox für UHD-Auflösungen und Virtual-Reality-Spiele. Das unter der Bezeichnung „Scorpio“ entwickelte Modell verglich Spencer gegenüber Wired mit der „[GeForce GTX] 980 Grafikkarte auf dem PC“, weil die Konsole Entwicklern die Möglichkeit geben würde, Spiele in UHD-Auflösung anzubieten, die ohnehin bereits mit einer solchen Pixelzahl entwickelt würden.
Scorpio-exklusive Spiele wird es unter anderem aus diesem Grund nicht geben, wie der Konzern im Rahmen der E3 mehrfach herausstellte. Entwickler seien bereits daran gewöhnt, PC-Spiele für massiv unterschiedliche Hardwarekonfigurationen und Leistungsklassen zu entwickeln, so Microsoft. Daher wäre es kein Problem, Titel zu entwickeln, die auf Konsolen mit unterschiedlicher Rechenleistung laufen, argumentierte Spencer.
Spencer verwies außerdem auf die große Installationsbasis der Xbox One, die das Entwickeln von Spielen für beide Modelle attraktiv mache. Zudem würden Entwickler am PC auch Rücksicht auf verbreitete Hardware nehmen – wobei Microsoft „sicherstellen“ werde, dass Titel auf beiden Konsolen erscheinen. Die Unterschiede zwischen Konsole und PC sollen für Entwickler über Microsofts UWP-Apps ohnehin stark verringert werden; der Mehraufwand dürfte sich also in Grenzen halten.
We've got tens of millions of people who have Xbox Ones. Developers are gonna see that and, frankly, as the platform holder we're going to make sure games come out and support Xbox One.
Phil Spencer
Der Unterschied zwischen Xbox und Smartphone
Einen generellen Wechsel hin zu schnelleren Lebenszyklen der Xbox soll Scorpio aber nicht einleiten: Microsoft wolle nicht wie Anbieter von Smartphones jedes Jahr oder alle zwei Jahre ein neues Produkt herausbringen. Dies sei „nicht das Konsolenmodell“, sagte Spencer. Der Konzern will für technische Meilensteine allerdings passende Produkte anbieten. Als nächsten „Wendepunkt“ des Marktes identifiziert der Konzern dabei die UHD-Auflösung. Damit deutet sich an, dass die künftige Entwicklung sich stärker an technischen Innovationen und nicht festen Erscheinungszyklen orientieren wird.
Für diese Auflösung sowie die Virtual-Reality-Headsets sei die Xbox One nicht geeignet, was ein stärkeres Modell erfordere – die Konsole solle keine Virtual-Reality-Erfahrung bieten, die ein Kompromiss zwischen dem Mobile-Bereich und den Erwartungen von Konsumenten sei. Daran habe sich auch die geplante Rechenleistung von 6 TFLOPS orientiert: Diese Zahl, erklärte Spencer, hätten Entwickler als Voraussetzung für eine „konsolenartige VR-Erfahrung“, also Spiele mit annehmbarer Bildwiederholrate und ansehnlicher Grafikqualität oder UHD-Auflösung, genannt.
„Scorpio“ wird kein „Zwischending“
Wie Spencer im Gespräch mit Eurogamer unterstrich, soll „Scropio“ genau das werden: Eine echte UHD-Konsole und kein „seltsames Zwischending“, das eine Auflösung zwischen HD- und UHD-Fernsehern berechne, sondern sich an TV-Geräten orientieren – woraus sich auch das Erscheinungsdatum erkläre. Dieses Jahr sei das geforderte Leistungsziel noch nicht zu erreichen.
Damit wird jedoch zugleich der vorgebliche Verzicht auf exklusive Spiele relativiert: Diese Aussage ist lediglich auf klassische Titel zu beziehen. Virtual-Reality-Spiele oder -Modi werden höchstwahrscheinlich Scorpio vorbehalten bleiben, da die Xbox One offenbar keine Unterstützung für VR-Headsets erhält. Mit welchem Anbieter Microsoft zusammenarbeiten wird, wollte Spencer nicht sagen. Gerüchten zufolge plant der Konzern eine Kooperation mit Oculus.
Spiele werden erst nicht und dann doch schöner
Warum die Ankündigung der Xbox „Scorpio“ die Verkaufszahlen der Xbox One S nicht kannibalisieren wird, erklärte Spencer ebenfalls im Gespräch mit Eurogamer. Scorpio sei eine UHD-Konsole, die einen entsprechenden Fernseher voraussetze. „Wenn man keinen 4K-TV hat [...], wird man nichts sehen“, kündigte Spencer zunächst in klaren Worten an. Zudem sei das Preis-Leistungsverhältnis der Slim-Konsole, die in der Version mit 500 Gigabyte Speicherkapazität angeboten wird, besser – und schließlich komme es nicht auf reine Rechenleistung an, wie der Erfolg der Wii gezeigt habe. Scorpio platziert sich damit theoretisch als teure Premium-Konsole für Enthusiasten oberhalb der Xbox One.
It's going to be a premium price over what we're selling this one for, and both of them will exist in the market at the same time. Scorpio is for your 4K gamer. And that's what we designed it for.
Phil Spencer
Die Behauptung, dass die schnellere Xbox auf einem Fernseher mit 1080p-Auflösung keinen Geschwindigkeits- oder Qualitätsvorteil erzielen kann, korrigierte Spencer allerdings gegenüber GiantBomb (YouTube). „Einige bestehende Spiele“ würden in der Tat „ein bisschen besser laufen“, sofern die Auflösung dynamisch an die Rechenlast angepasst werde, um eine konstante Bildwiederholrate zu erzielen. „Ich würde aber Scorpio nicht kaufen, damit meine alten Spiele besser laufen“, führte Spencer aus, der betonte: „Ich würde nicht empfehlen, dass jemand das tut“.
Bei künftigen Titeln wird es hingegen einen Qualitätsgewinn geben, wenn „Scorpio“ die „6-TFLOPS-Version“ eines Spiels rendert. Diese wird auf einem HDTV per Downsampling auf die korrekte Auflösung skaliert und daher „anders“ aussehen als das gleiche Spiel in nativen 1080p. Für die „vollständige Erfahrung“ gemäß der mit der Konsole verbundenen Idee benötige es aber einen UHD-Fernseher. Ob Microsoft Entwickler für „Scorpio“ fest auf eine Pixelzahl verpflichtet, ist unklar. Spencer sprach in Folge jedoch davon, dass „einige Entwickler die 6 Teraflops auf unterschiedliche Art einsetzen werden“. Das wiederum lässt die Möglichkeit offen, dass Entwickler die Mehrleistung von „Scorpio“ lediglich in höhere Detailstufen oder mehr FPS investieren.
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