Enderal im Test: Skyrim sehenswert neu interpretiert
3/3Gelungene Erzählung
Neue Wege will Enderal auch und insbesondere inhaltlich einschlagen. Statt Dovahkiin sind Spieler zwar nur noch Prophet, aber immerhin noch in hübsch düsteren Zeiten: Die Welt wird, wie in Rollenspielen üblich, vom Untergang durch ein „Läuterung“ genanntes Ereignis bedroht, das sich durch Bürgerkriege und spontan wahnsinnig werdende Menschen ankündigt – und zwar schon wieder. Das kommt bekannt vor? Mass Effect nutzt prinzipiell die gleiche Idee.
Dennoch bleibt die Erzählung bis zum Schluss spannend, zumal Enderal Skyrim dabei mit vielen Errungenschaften moderner Rollenspiele kombiniert. Soziale Interaktionen gibt es ebenso wie „Begleiter-Quests“, vor allem aber jede Menge interessante und glaubwürdige Figuren, die aus Rollenspielen bekannter Studios stammen könnten. Arrogant-erratische Magier, bedrückte oder fanatische Ordenskrieger, bemühte Verkäuferinnen – Dialoge und Sprecher erzeugen im Tandem eine echte Seele und damit eine glaubwürdige Welt.
Figuren mit Seele
Deshalb müssen sich Spieler schon einmal anhören, dass ein Gegenüber jetzt gerade nicht seine Lebensgeschichte ausbreiten will, der Zeitpunkt unpassend ist oder dass, bitte sehr, für Novizenfragen ein Buch und nicht der Großmeister eines Magierordens zu konsultieren ist. Figuren bleiben konsequent ihrer Rolle gerecht, die sie in der Welt ausfüllen und reagieren nachvollziehbar. Das Bemühen um eine glaubwürdige Welt schlägt sich auch in Details nieder. Dass der Spieler schneller lernt als andere Charaktere wird eigens mit seiner Sonderrolle begründet, Ereignisse stets in der fiktionalen Logik der Spielwelt verankert.
An Tiefgang mangelt es dabei nicht: Sanfte Spitzen, humorige Entgegnungen und die bisweilen ein wenig zu plakativ in den Vordergrund gerückte Diskussion um den Sinn von Dogmen und Religionen wecken Interesse und kratzen nicht bloß an der Oberfläche, was dazu motiviert, sich mit Gesprächspartnern tatsächlich auseinanderzusetzen und einmal nachzudenken. Ähnlich erwachsen wirkt die Präsentation. Manche Quests bestehen bloß aus einem Gespräch, das in aller Ruhe geführt wird – natürlich im Sitzen und nicht, wie noch im Skyrim, im Stehen. Der positive Einfluss auf die Atmosphäre braucht kaum gesondert hervorgehoben werden: Das gedachte Ausrufezeichen über dem Kopf von Gesprächspartnern verschwindet, hervor treten Persönlichkeiten.
Kaum Schattenseiten
Die Fähigkeiten der Entwickler und damit die Qualität von Enderal wird eigentlich bereits in den ersten zehn Minuten deutlich – mysteriöse Ereignisse, gut geschriebene Dialoge, die sich im Spielverlauf nur wenige Aussetzer leisten, und eine weitgehend gelungene Vertonung vor allem der Hauptcharaktere unterstreichen den Anspruch des Mods. Als Vergleichsmaßstab drängen sich daher ohne Weiteres Vollpreistitel auf. Ausreißer wie der fast zu gut versteckte Schlüssel in der ersten Höhle des Spiels sind tatsächlich rar. Design und Pacing treffen fast immer den richtigen Rhythmus, der in Enderal ein wenig geruhsamer ausfällt.
Dementsprechend lohnt sich ein Blick in die Welt auf vielen Ebenen. Hübsche Panoramen, Dungeons und Quests, die sich nicht immer nur auf eine Art und Weise lösen lassen, öfter mal unerwartete Wendungen haben und mit Vorurteilen und kulturellem (Spieler-)Wissen spielen, machen Enderal zu einem ausgenommen guten Rollenspiel. Unter anderem an dem bis hin zu Lore, Gegnern und Kultur bis in Details hinein ausgestaltete Universum zeigt sich überdeutlich, dass in Enderal Herzblut steckt, vor allem aber, dass die Mühe mehr als nur respektable Ergebnisse eingebracht hat.
Ausblick
Enderal ist fast schon das bessere Skyrim: Eine kleinere Welt, aber eine dichtere, spannende Story, eine gelungene Präsentation und weniger Weichspülmechaniken ergeben unter dem Strich eine Mod, die dutzende Stunden vor den Monitor fesseln kann - auch, weil sie einerseits verlangt, sich mit der Welt auseinandersetzen, andererseits dieses Eintauchen in ein Fantasy-Universum auf vielfältige Weise belohnt.
Dass die Entwickler vor allem beim Schnellreisesystem ein wenig über das Ziel hinausschießen, lässt sich ebenso wie der ein oder andere Bug verschmerzen. Enderal fesselt auf viel zu vielen Ebenen, um mit solchen vergleichsweise kleinen Schwächen zu stören. Das größte Problem ist fast schon die altbackene Technik. Dass Skyrim fünf Jahre auf dem Buckel hat, lässt sich nicht verbergen und auch nicht immer gänzlich ignorieren. Vor allem im direkten Vergleich mit Witcher 3 wirkt die Welt von Enderal etwas hölzern und ein wenig aus der Zeit gefallen.
Das Fazit: Unbedingt ausprobieren!
Ein unfairer Vergleich? Mitnichten! Vollpreistitel als Vergleichsmaßstab für ein kostenloses Fanprojekt zu wählen, zeigt vor allem dessen Qualität auf: Enderal kann auch in dieser Liga mithalten und gehört für Besitzer von Skyrim quasi zum neuen Pflichtprogramm. Eine Empfehlung hat sich das Spiel damit ebenso hart verdient wie die Entwickler eine Spende für ihre Mühen.
Download und Installation
Informationen zum rund acht Gigabyte großen Download und zur Installation von Enderal sind auf einer eigenen Landing Page zu finden. Zum Spielen vorausgesetzt wird lediglich eine originale Kopie von Skyrim auf Steam, DLCs werden hingegen nicht benötigt. Vor jedem Start empfehlen die Entwickler zudem, im Launcher nach neuen Updates zu suchen.
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