EU-Kommission: Vectoring-Pläne der Telekom abgesegnet
Die EU-Kommission hat den umstrittenen Vectoring-Beschluss der Bundesnetzagentur im zweiten Anlauf genehmigt. Trotz einiger Auflagen kann die Deutsche Telekom nun also den Nahbereich um die Hauptverteiler mit der Vectoring-Technologie ausbauen.
Vorausgegangen war ein monatelanger Streit um den ersten Vectoring-Beschluss der Bundesnetzagentur vom November, der letztlich in einem intensiven Prüfverfahren der EU mündete. Das hatte die Bundesnetzagentur vorzeitig gestoppt, indem ein nachgebesserter Antrag vorgelegt wurde. Und bei diesem verzichtet die Brüsseler Behörde nun auf ein weiteres sogenanntes Phase-II-Verfahren. „Die zusätzlichen Anforderungen, die die Bundesnetzagentur nun vorschlägt, schützen einen nachhaltigen Wettbewerb und schaffen Anreize, um in zukunftsorientierte Netze für die Gigabit-Gesellschaft zu investieren“, erklärt EU-Digitalkommissar Günther Oettinger.
In der Praxis heißt das: Wenn die Bundesnetzagentur den Vectoring-Beschluss nun formal umgesetzt hat, darf die Telekom den Nahbereich um die knapp 8.000 Hauptverteiler in Deutschland weitestgehend exklusiv mit der Vectoring-Technologie ausbauen. Das Einzugsgebiet umfasst rund sechs Millionen Haushalte, von denen 1,4 Millionen erstmals einen Anschluss mit mehr als 50 Mbit/s erhalten sollen.
Virtuelles Vorleistungsprodukt als Auflage
Allerdings gibt es auch einige Auflagen: So muss die Bundesnetzagentur künftig sicherstellen, dass ein virtuelles Vorleistungsprodukt (VULA) bereitgestellt wird. Denn eines der Probleme bei Vectoring ist, dass die Wettbewerber keinen physischen Zugang zur „letzten Meile“ – also der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) – erhalten. Daher muss nun eine virtuelle Alternative entwickelt werden, die vergleichbar mit dem physischen Zugang ist. Einen entsprechenden Vorschlag soll die Bundesnetzagentur erarbeiten und der EU-Kommission vorlegen.
Bundesnetzagentur und Telekom sind zufrieden
Mit der Entscheidung der EU-Kommission sieht sich die Bundesnetzagentur nun bestätigt. Der Einsatz von Vectoring im Nahbereich sei „ein wesentlicher Schritt“, um „den Breitbandausbau in Deutschland weiter voranzutreiben“, erklärte ein Sprecher der Behörde laut eines Berichts von Heise Online. Ebenso zuversichtlich äußert sich die Deutsche Telekom: Man hoffe nun, dass die Bundesnetzagentur zügig den Startschuss für den Vectoring-Ausbau im Nahbereich erteilt.
Telekom-Konkurrenten sind enttäuscht
Gänzlich anders reagieren die Konkurrenten der Telekom. Auch der neue Beschlussentwurf „räumt dem Bonner Ex-Monopolisten ein weitreichendes Quasi-Monopol“ für den Vectoring-Ausbau im Nahbereich ein, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Provider-Verbände Breko, Buglas und VATM.
Der zentrale Vorwurf an die Bundesnetzagentur lautet dabei wie gehabt: Im Vergleich zum ersten Beschluss habe es nur kosmetische Änderungen gegeben. Und die hätten die Lage für die Wettbewerber eher verschlechtert als verbessert. Noch hoffen die Verbände aber, dass die Bundesnetzagentur zumindest einige der Kritikpunkte der EU-Kommission berücksichtigt, um den finalen Beschluss nochmals anzupassen.
Negative Konsequenzen prophezeit man derweil für den Glasfaserausbau. „Der für die kommende Gigabit-Gesellschaft so wichtige Ausbau mit hochmoderner Glasfaser bis direkt ins Gebäude oder die Wohnung (FTTB / FTTH) wird in den betroffenen Gebieten nun in vielen Fällen unmöglich, da dieser ‚echte‘ Glasfaserausbau ohne den Einbezug der in der Regel dichter besiedelten Nahbereiche meist nicht rentabel realisierbar ist“, erklärten die Geschäftsführer der alternativen Provider-Verbände.