Hasskommentare: Justizminister erhöht Druck auf Facebook
Ende 2015 hatte sich das Bundesjustizministerium unter Heiko Maas (SPD) mit Facebook auf einen Maßnahmenkatalog verständigt, um den Umgang mit Hasskommentaren in dem sozialen Netzwerk zu verbessern. Mit den bisherigen Resultaten ist der Minister allerdings nicht zufrieden und droht nun mit Konsequenzen.
Das geht aus einem Schreiben von Maas an Facebooks Chef-Lobbyisten in Berlin und London hervor, das Spiegel Online vorliegt. Der Vorwurf lautet: Facebook lösche Hasskommentare der Nutzer immer noch zu selten, zu langsam und die Kriterien wären nach wie vor nicht nachvollziehbar. „Das Ergebnis Ihrer Anstrengungen bleibt (…) bisher hinter dem zurück, was wir in der Task Force gemeinsam verabredet haben“, heißt es daher in dem Brief.
Ernüchternder Status Quo
Zu den Maßnahmen, auf die sich das Justizministerium mit Vertretern des sozialen Netzwerks verständigt hatte, zählten unter anderem knappere Löschfristen. Gemeldete Beiträge, die gegen deutsches Recht verstoßen, sollen binnen 24 Stunden entfernt werden. Vereinbart wurde auch eine engere Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie der Amadeu Antonio Stiftung und der Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Ebenso stehen mehr Transparenz und eine Counter-Speech-Kampagne auf der Agenda.
Trotz der Zusagen fällt der Status Quo nach Ansicht von zahlreichen Nutzern aber immer noch ernüchternd aus. Selbst wenn Beiträge mit Gewaltaufrufen gegen Flüchtlinge gemeldet werden, erhalten die jeweiligen Nutzer immer noch die Standardantwort: Der jeweilige Beitrag verstoße nicht gegen die Community-Richtlinien von Facebook. Dass stattdessen Beiträge wie Medienartikel gelöscht werden, in denen lediglich über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit berichtet wird, kritisiert nun auch Maas.
Die EU könnte doch noch regulierend eingreifen
Grundsätzlich müsse „sichergestellt sein, dass Meldungen problematischer Beiträge durch die Nutzer genauso zügig und sorgfältig bearbeitet werden wie die von Organisationen“. Daher bestehe für Facebook nun Handlungsbedarf: Sollte das soziale Netzwerke nicht selbst den Umgang mit Hassbeiträgen verbessern, könnten die rechtlichen Vorgaben verschärft werden.
Maas verweist in diesem Kontext auf die Gespräche der europäischen Justizminister, die Hassbeiträge als „eine erhebliche Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden“ bewerten. Seine Haltung ist nun: „Je besser es den beteiligten Unternehmen hier gelingt, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, desto geringer ist der Bedarf für eine weitere Regulierung.“
Razzien wegen Hassbeiträgen
Dass die deutschen Behörden bei Hassbeiträgen mittlerweile ernst machen, zeigte sich erst in der letzten Woche. Bei bundesweiten Razzien durchsuchten Polizeibeamte in 14 Bundesländern die Wohnräume von circa 40 Beschuldigten. Das Bundeskriminalamt (BKA) koordinierte den Einsatz als Teil der im Dezember 2015 eingerichteten Bund-Länder-Projektgruppe „Bekämpfung von Hasspostings“.
Demnach waren die Beschuldigten zwischen Juli und November 2015 in einer nicht-öffentlichen Facebook-Grupp aktiv. Der Vorwurf: Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Laut BKA wurde in der Gruppe der Nationalsozialismus verherrlicht, hinzu kamen noch fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige als rechtsextremistisch eingestufte Beiträge.
Angesichts der bundesweiten Razzien erklärte BKA-Präsident Holger Münch, dass die Fallzahl politisch-rechts motivierter Hasskriminalität im Internet gestiegen sei. „Wir müssen deshalb einer Verrohung der Sprache Einhalt gebieten und strafbare Inhalte im Netz konsequent verfolgen“, so Münch. Ähnlich äußerte sich auch Justizminister Maas: „Das entschlossene Vorgehen der Ermittlungsbehörden sollte jedem zu denken geben, bevor er bei Facebook in die Tasten haut.“ Zugleich forderte er aber auch die Zivilgesellschaft auf, den „radikalen Hetzern nicht das Feld […] zu überlassen“.