Day One Patches: Indie-Entwickler verteidigt Updates am Erscheinungstag
No Man's Sky hat einmal mehr Kritik an großen und umfangreichen Day-One-Patches aufkommen lassen. Warum die Praxis, Spiele bereits zum Veröffentlichungstag mit einem umfangreichen Update zu versehen, Sinn ergibt, hat nun einer der beiden Gründer und Mitarbeiter des Indie-Studios Vlambeer (u. a. Luftrausers) erläutert.
Sowohl erste Berichte auf Basis von frühzeitig in den Handel gelangten Kopien von No Man's Sky als auch die Verteilung von Pressemustern erst zum Erscheinungstermin haben im Vorfeld allerlei Spekulationen und Diskussionen rund um die Weltraumsimulation ausgelöst. Erst der umfangreiche Changelog für den Day-One-Patch auf Spielkonsolen, der zahlreiche Neuerungen, Fehlerbehebungen und Optimierungen vornimmt, die sich beträchtlich auf den Spielverlauf auswirken, hat die Gemüter – vorerst – beruhigen können, aber die Praxis solcher Updates in den Blickpunkt rücken lassen.
Das System macht Day-One-Patches nötig
Auf dieser Basis nimmt Vlambeer den Titel als Beispiel, um die Entwicklung von Spielen auf Konsolen und die Notwendigkeit von umfangreichen Patches am Erscheinungstag im Allgemeinen verständlich zu machen. Zu berücksichtigen sei erstens, so der Entwickler, dass bei Spielkonsole Erwartungen an die Qualität der Spiele gestellt würden und zweitens, dass Studios grundsätzlich „immer zwei Wochen zu spät für ihre Deadline sind“. Um die Qualität sicherzustellen, hätten Plattforminhaber eine Reihe von Systemen implementiert. Diese seien „veraltet“ und nicht zeitgemäß, funktionieren aber, auch wenn sie „sperrig, kompliziert, fummelig und eher für Teams sind, die es sich leisten können, Mitarbeiter nur zum Lesen des Handbuches“ anzustellen.
Anders als auf dem PC, wo Anbieter wie Steam und GoG jedes Spiel in ihre Kataloge aufnehmen und den Umgang mit Qualitätsproblemen den jeweiligen Entwicklern überlassen, gebe es auf Konsolen daher einen Zertifizierungsprozess. Darunter könne man sich ein „gigantisches Buch voller Checkboxen“ vorstellen, die sich je nach Land, Plattform und teils auch Art der Software – Vollversion, Patch, DLC – unterscheiden würden.
Some of these make a lot of sense (don’t crash), and some of these are reasonable (if you leave the main menu open for 24 hours, is the game still smooth?), and some of them sound obscene (if you rapidly plug and unplug the controller, does the game know what to do?).
Vlambeer
Nicht alle Fallstricke sind vermeidbar
Neben den zahlreichen Voraussetzungen erfordere das Einreichen einer Softwareversion zur Zertifizierung durch den Plattformbetreiber das Ausfüllen eines „komplexen Formulars“, das rechtzeitige Einreichen vor einem bestimmten Zeitraum und das Bestehen der Tests – zumindest gravierende Fehler dürfe ein Programm nicht aufweisen. Darüber hinaus gebe es weitere Fallstricke, etwa die oftmals schlechte Dokumentation und die Unmöglichkeit, alle geforderten Eigenschaften der Software zu kontrollieren – zwischen Patch und Vollversion dürfe beispielsweise kein Firmware-Update einer Konsole liegen, schreibt der Entwickler, weshalb Studios oftmals unvermeidlich in Probleme geraten.
Ein Frustrierender Prozess mit einer Menge Potential für Verzögerungen. Um sicherzustellen, dass ein Erscheinungstermin gehalten werden kann, ist ein frühzeitiges Einreichen von Versionen für die Zertifizierung notwendig. Relevant ist nur, dass es spielbar ist und die geforderten Eigenschaften erfüllt, Spaß wird nicht bewertet. Dies sei in der Regel rund anderthalb bis drei Monate vor dem eigentlichen Erscheinungstermin der Fall, der erst nach der erfolgreichen Zertifizierung geplant werden könne, was dazu führt, dass die zur Veröffentlichung freigegebene Version, die auf der Blu-ray landet, mehrere Monate alt sein kann.
One could argue that developers then, should make certain that a game is perfect when they submit it to disc, which is not an invalid stance. It’s just an impractical stance. If you’ve got months to improve upon a game that went through cert, do you think you would leave those months?
Vlambeer
Entwickler arbeiten immer bis zum Schluss
Da der Day-One-Patch erst eine Woche vor Release eingereicht werde, hätten Entwickler durch diese Mechanismen anderthalb bis zweieinhalb Monate für weitere Arbeiten zur Verfügung. Insbesondere Indie-Studios könnten überdies in einem solchen Zeitraum gravierende Änderungen am Spiel vornehmen – und deshalb seien die Änderungen durch solche Updates mitunter „riesig“.
Die Existenz solcher Patches bezeichnet der Entwickler auf dieser Basis als eine Notwendigkeit, die aus dem Zertifizierungssystem auf Spielkonsolen heraus geboren wird; sie lasse sich nur bei rein digitalen Veröffentlichungen vermeiden. Die Praxis wird deshalb nicht als Versagen der Entwickler, sondern als Ergebnis von Menschen bezeichnet, die sich für ihre Arbeit interessieren und sowohl bis zur letzten Sekunde an ihren Produkten arbeiten als auch mit veralteten Systemen leben müssen.