Kindle 2016 und Tolino Page im Test: Amazon gewinnt den Angriff auf das Einsteiger-Segment

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Michael Schäfer
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Carta-Technologie mit Ghosting-Problemen

Auch beim neuen Tolino zeigt sich erneut die Dauerbaustelle der Reader-Serie, denn Ghosting-Effekte, also das Durchscheinen von nicht korrekt gelöschten Inhalten vorangegangener Seiten, treten auch beim neuen Modell deutlich sichtbar auf. Auch wenn Carta gegenüber dem älteren Pearl in diesem Bereich deutliche Vorteile besitzen sollte, scheint Amazon im Kindle das verbaute Panel besser ansteuern zu können, denn beim Kindle treten Ghosting-Probleme mit deutlich geringerer Häufigkeit auf. Für eine fehlerfreie Darstellung sollte dennoch bei beiden Readern die Invertierungsintervall für jede Seite gewählt werden.

Tolino Page

Fehlerfrei ist der Kindle deshalb aber nicht: Wie der Page stellt er beim Blättern für einen kurzen Moment den alten und den neuen Inhalt gleichzeitig dar, was ebenso irritierend sein kann. Es bleibt zu hoffen, dass es sich hierbei lediglich um ein Software-Problem handelt, denn bei den teureren Kindle tritt dieses Problem nicht auf.

Performance beim Page noch mit Luft nach oben

Bei Tolino gilt es die Firmware des Page aber ebenso noch einmal einer Prüfug zu unterziehen. Mit einem Freescale-Prozessor mit einer Taktrate von einem Gigahertz und 512 Megabyte RAM verfügt der Reader über den gleichen technischen Unterbau wie seine größeren Brüder, und obwohl durch die geringere Auflösung deutlich weniger Pixel neu positioniert werden müssen, verhält sich der Page öfters behäbiger als der Shine 2 HD oder Vision 3 HD. Vor allem schnelles Blättern mag der Reader nicht, oft wird dabei alter und neuer Text gemeinsam auf eine Seite dargestellt und der Reader legt eine Gedenksekunde ein. Probleme treten gelegentlich auch mit dem verbauten Infrarot-Touchscreen auf, welcher Eingaben nicht immer wie erwartet umsetzt oder diese hin und wieder gar nicht erst erkennt.

Anders beim Kindle von Amazon: Mit einer ähnlichen Basis agiert das System an vielen Stellen deutlich schneller und flüssiger – auch im Vergleich zum Vorgänger. Ein Grund dafür ist die Verdoppelung des Arbeitsspeichers von 256 auf 512 Megabyte. Trotzdem kommt es auch beim neuen Amazon-Reader zur Darstellung von altem und neuem Text beim Blättern. Dies ist vor allem deswegen ärgerlich, da sowohl der vor rund zwei Jahren auf ComputerBase getestete Vorgänger sowie andere Kindle dieses Problem nicht aufweisen.

Kindle 2016

Daneben verfügt der neue Kindle über ein Bluetooth-Modul, durch welches mit entsprechenden Kopfhörern oder Lautsprechern Bücher über Amazons Text-to-Speech-System VoiceView vorgelesen werden können. Diese Funktion beschränkt sich aktuell aber noch auf Bücher in englischer Sprache und ist auch hier noch lange nicht für jeden Titel verfügbar.

Keine Speichererweiterung

Die Möglichkeit zur Speichererweiterung per SD-Karte bietet keines der Lesegeräte, Nutzer müssen sich mit einem internen Speicher von jeweils vier Gigabyte zufrieden geben, von denen nach Abzug für das Betriebssystem jedoch beim Tolino lediglich zwei Gigabyte und beim Kindle 3,1 Gigabyte für eigene Inhalte übrig bleiben. Dennoch reicht der verfügbare Speicher bei beiden Readern für eine große Anzahl digitaler Bücher aus.

Darüber hinaus bieten beide Hersteller die Möglichkeit, Inhalte über eigene Dienste online zu speichern – teils mit deutlichen Unterschieden: Tolino bietet generell jedem Käufer in Deutschland, Österreich und der Schweiz einen Online-Speicherplatz von bis zu 25 Gigabyte, welcher auch mit fremden Inhalten gefüllt werden kann. Unabhängig von dem je nach Händler vorinstallierten Shop werden generell alle bei den Tolino-Partnern gekauften Bücher in die Cloud verschoben. Der Zugriff kann neben der WLAN-Verbindung auch mobil kostenlos durch die über 40.000 in ganz Deutschland verteilten WLAN-Hotspots der Deutschen Telekom erfolgen. Etwas anders schaut es bei Amazon aus: Hier bietet der Online-Händler Kindle-Nutzern lediglich fünf Gigabyte Speicher für eigene Inhalte in der Kindle-Cloud, welche nicht mit der Amazon Cloud verwechselt werden darf. Ein mobiler Zugriff abseits von freien WLAN-Zugängen ist den höherpreisigen Kindle-Modellreihen mit Mobilfunk-Anbindung vorbehalten.

Einfache Befüllung des Kindle 2016 durch integrierten Store
Einfache Befüllung des Kindle 2016 durch integrierten Store

Einfaches Befüllen mit Leseinhalten

Inhalte aus der Cloud werden, eine Online-Verbindung vorausgesetzt, am Reader angezeigt und können von dort bequem auf den Speicher des Readers geladen werden. Während es bei Amazon einen zentralen Shop gibt, findet der Nutzer bei Readern von Tolino das Verkaufsportal des Händlers, bei welchem das Gerät gekaufte wurde. Dieser Punkt könnte für viele Leser aufgrund der eigenen Vorlieben entscheidend sein: Bei Amazon können Nutzer über Kindle Unlimited oder als Prime-Mitglied per Kindle-Leihbücherei für einen Pauschalpreis auf eine Vielzahl von E-Books zugreifen – wenn auch hier nach wie vor die meisten großen Verlage fehlen. Auf dem Tolino Page kann dagegen auf Leihdienste zurückgegriffen werden, welche das Rechte-Management von Adobe unterstützen, wie zum Beispiel der Verleihdienst der öffentlichen Bibliotheken Onleihe. Stehen dagegen unabhängige Autoren hoch im Kurs, sind Leser aktuell bei Amazon besser aufgehoben, auch wenn die Tolino-Allianz in diesem Bereich massiv aufholt.

Darüber hinaus können Inhalte wie gewohnt über eine direkte USB-Verbindung zum PC übertragen werden.