Tesoro Gram Spectrum im Test: Mechanische Tastatur mit flachen Tastern
2/4Äußerlichkeiten
Wie Hori verbaut auch Tesoro freistehende Taster und vertraut so zugleich auf ein bewährtes Konzept, um das Gehäuse der Gram Spectrum mit einer Aluminium-Oberseite zu versehen. Der Hersteller verzichtet einfach auf die Oberschale und nutzt stattdessen die ohnehin verbaute Metallplatte, die die Taster stabilisiert, als Abdeckung. Derart montierte Taster lassen sich zudem einfach reinigen, eine Eigenschaft, die auch auf das übrige Chassis zutrifft.
Sehr hochwertig
Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht allerdings die hochwertige Anmutung. Die Gram Spectrum fühlt sich dank des Eigengewichts sowie der auf dem Schreibtisch fast klebenden Rutschsicherungen solide an, wenngleich das Verschieben der Tastatur aus diesem Grund ohne die Nutzung der deutlich schwächer haftenden Hochstellfüße ein wenig anstrengend gerät, und weiß diesen Eindruck akustisch zu untermalen. In diesem Punkt hilft Tesoro zudem mit einer integrierten Schalldämmung nach – der Effekt spricht für sich.
Plastikbeschichtung statt Plastikschichten
Trotzdem ist nicht alles eitel Sonnenschein. Eine wesentliche Fehlstelle fällt zunächst bei der Beschriftung Tastenkappen ins Gewicht. Entgegen der Ankündigung von Tesoro werden die Lettern nicht im extrem haltbaren Double-Shot-, sondern lediglich im einfachen „Laser cut“-Verfahren beschriftet.
In dieser Variante, die bei nahezu allen beleuchteten Tastaturen verwendet wird, wird die Kappe mit einer dünnen, meist schwarzen Beschichtung überzogen, aus der die Aufschrift in der Regel anschließend ausgeschnitten wird. Bei Double-Shot-Kappen wird hingegen sowohl der „Unterbau“ inklusive Beschriftung als auch die farblich kontrastierende „Hülle“ aus Kunststoff gegossen. Hier müsste die Tastenkappe vollständig durchgerieben werden, bis sie sich nicht mehr ablesen ließe.
Double Shot nur für das US-Layout
Zu Gute gehalten werden kann Tesoro zwar, dass die Eigenschaften der Tastatur auf der Umverpackung korrekt beschrieben werden, auf der Homepage ein entsprechender Hinweis aber fehlt. Wie der Hersteller auf Nachfrage verriet, ist nur die US-Version im ANSI-Layout mit Double-Shot-Kappen ausgestattet, nicht aber das deutsche Layout. Kritik gefallen muss sich das Unternehmen daher für den fehlenden, transparenten Hinweis auf regional unterschiedlich ausgestattete Produktvarianten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Tastatur gerade durch diese Eigenschaft Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.
Die Vorserie fiept
Auch die bunte Beleuchtung gehört zumindest bei zwei getesteten Vorserienexemplaren nicht zur den Ruhmesblättern der Tastatur. Das in ruhigen Umgebungen bei den meisten Farb- und Helligkeitseinstellungen gut wahrnehmbare fiepen der Tastatur tritt laut Hersteller bei Serienexemplaren im Handel nicht in Erscheinung – diese seien absolut still, versicherte Tesoro.
Ausleuchtung: Wie bei Cherry
Die Ausleuchtung der Taster gelingt hingegen überdurchschnittlich. Hier wirkt sich die Cherrys MX-RGB-Tastern ähnelnde Ausführung positiv aus: Auch bei Tesoro wird die Leuchtdiode unterhalb des Schalters verbaut. In Verbindung mit einem lichtdurchlässigen Tastergehäuse wird so die Ausleuchtung der Tastenkappe verbessert. Dass vor allem der untere Bereich gegenüber der LED dunkler bleibt, lässt sich auch mit dieser Konzeption nicht verhindern. Sekundärbeschriftungen werden so zwar nicht in gleicher Helligkeit, aber gleichmäßig ausgeleuchtet.
Weil sich die Diode unter dem Taster befindet und das Licht damit zusätzlich gedämpft wird, sinkt die überbordende maximale Helligkeit der Beleuchtung – auch diese Eigenschaft ergibt sich aus der Konzeption der Taster. Insbesondere bei direktem Lichteinfall hat die Gram Spectrum daher geringere Leuchtreserven, die Beleuchtung bleibt aber stets zu erkennen. Auch Tesoros Agile-Taster sind damit ein Fortschritt gegenüber einfachen MX-Typen und ihren Derivaten, bleiben aber in diesem Punkt hinter den Logitech Romer-G und SteelSeries QS1 als gegenwärtige Referenz zurück.
Tastentechnik
Angeboten wird die Gram Spectrum mit Tastern der Typen Tesoro Agile Red und Tesoro Agile Blue. Gegenüber herkömmlichen mechanischen Tastern sinken Hubweg und Signalpunkt um jeweils einen halben Millimeter auf 3,5 respektive 1,5 Millimeter. Unterschiede zwischen beiden Varianten betreffen Widerstand und Charakteristik.
Rot ohne, blau mit Feedback
Die rote Variante ist linear abgestimmt, gibt also keine Rückmeldung über das Erreichen des Signalpunktes, die blaue Variante liefert hingegen ein spür- und hörbares Feedback. Die Taster verfügen zudem wie alle Cherry-Derivate über Kreuzaufnahmen, was den Tausch der Tastenkappen gegen Zubehörprodukte ermöglicht, wenngleich diese Option bei Tesoro durch die erste Tastenreihe, die vom Normlayout abweicht, erschwert wird. Außerdem besteht weiterhin die Möglichkeit, den Hubweg durch O-Ringe weiter zu verkürzen und so den Hub echter Scissor-Tasten, der bei rund zwei Millimetern liegt, zu erreichen.
Tesoro Agile Red |
Tesoro Agile Blue |
Hori Blue |
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Charakteristik: | linear | taktil („clicky“) | linear |
Hubweg: | 3,5 mm | 3,0 mm | |
Position des Signalpunktes: | 1,5 mm | ||
Widerstand am Signalpunkt: | 50 g | 60 g | 55 g |
Widerstand am Druckpunkt: | – | ||
Lebensdauer (Anschläge): | 60 Mio. | 75 Mio. |
Kanten und kratzen
Unabhängig der Abstimmung weisen auch Tesoro Agile typische Eigenschaften von Tastern auf, die die Funktionsweise von MX-Modulen nachbilden. Dazu zählt eine gewisse Neigung zum Verkanten des Schlittens, die dann Auftritt, wenn ein Taster über den äußersten Rand der Tastenkappe betätigt wird. Dies lässt den Widerstand beim Herabdrücken stark ansteigen und generiert ein inhomogenes Tippgefühl.
Das Phänomen ist allerdings auf übergroße Kappen wie Tab oder Capslock beschränkt und grundsätzlich abhängig von der Art der Betätigung sowie der aufgewendeten Kraft. Werden die Taster nur bis zum Signalpunkt bewegt, tritt das Phänomen eher in Erscheinung als beim Betätigen mit massivem Kraftüberschuss, der feine Differenzen ohnehin zurücktreten lässt. Dennoch handelt es sich nicht um ein Merkmal, das auf allerhöchste Güte schließen lässt.
Die Feder sagt Hallo
Dazu gesellt sich ein leichtes, aber hörbares und helles Federgeräusch, das vor allem beim vollständigen Herunterdrücken des Tasters nach dem Ausfedern als Nachhall in Erscheinung und gegenüber dem übliche „Klackern“ einer mechanischen Tastatur minimal hervortritt. Da Tesoro durch flache Kappen und Taster das Hallvolumen reduziert und das Tippgeräusch durch die Schalldämmung im Gehäuses effektiv in tieffrequente, subjektiv angenehme Regionen verlagert, stört dieser Umstand doppelt. Er läuft der Konzeption und den vorteilhaften Eigenschaften des Produktes zuwider.
Prinzipiell ist die Gram Spektrum aber eine leise Tastatur und ohne das Federpingen auch unter Verzicht auf spezielle „Silent“-Taster zu den leisesten mechanischen Tastaturen zu zählen. Das erstaunt, weil Tastaturen mit freistehenden Tastern üblicherweise ein wenig lauter und heller werden. Wie die derart ein Stück weit sabotierte Geräuschdämmung wirkt, erschließt sich insbesondere über einen direkten Vergleich mit der bereits leisen Hori Edge, die quasi identische Kappen und ähnlich große Taster nutzt – aber auffälliger klackert.