BND-Überwachung: DE-CIX-Betreiber verklagt die Bundesregierung
Schon seit geraumer Zeit kritisieren die Betreiber des Frankfurter Internetknotenpunktes DE-CIX das Ausmaß der BND-Überwachung. Den Worten folgen nun Taten, vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die DE-CIX Management GmbH heute eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht.
Im Mittelpunkt der Klage steht die aktuelle Überwachungspraxis des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Richter sollen überprüfen, ob es mit den deutschen Gesetzen vereinbar ist, wenn der BND auf die Datenleitungen des DE-CIX zugreift. Konkret geht es dabei um die strategische Fernmeldeüberwachung nach dem G10-Gesetz, also das Anzapfen der Leitungen samt dem massenhaften Sammeln der Daten.
Begründet wird die Klage unter anderem mit dem Schutz der Kunden. „Wir sehen uns gegenüber unseren Kunden in der Pflicht, darauf hinzuwirken, dass eine strategische Fernmeldeüberwachung ihrer Telekommunikation nur in rechtmäßiger Weise stattfindet“, heißt es in der Stellungnahme. Deswegen sei eine gerichtliche Klärung erforderlich.
DE-CIX als lukratives Ziel
Für den BND ist der DE-CIX ein besonders lukratives Ziel, weil es sich weltweit um einen der größten Internetknotenpunkte handelt. Dem deutschen Geheimdienst geht es dabei vor allem um die sogenannten Transitverkehre – also den ausländischen Datenverkehr, der durch den Frankfurter Internetknotenpunkt geleitet wird. Umstritten ist allerdings der Umgang mit den Daten. So lautet etwa eine der Erkenntnisse aus dem NSA-Ausschuss, dass die Filterprogramme des BND nicht ausreichen, um die – rechtlich geschützten – Kommunikationsdaten von deutschen Staatsbürgern vollständig herauszufiltern.
Überwachung des BND am DE-CIX „insgesamt rechtswidrig“
Daher vertreten die DE-CIX-Betreiber bereits seit Jahren den Standpunkt, dass die BND-Überwachung in der aktuellen Form nicht mit den deutschen Gesetzen vereinbar sei. Bestätigt wurden die „gewichtigen Zweifel“ zuletzt noch durch ein Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier. In diesem kommt er zu dem Fazit: Die BND-Überwachung an Internetknotenpunkten wie dem DE-CIX sei „insgesamt rechtswidrig“.
Fragwürdig sei zudem, dass die am DE-CIX abgezapften Daten an die NSA weitergegeben werden. Und dass im BND-Gesetz zwischen deutschen Staatsbürgern und Ausländern unterschieden werde, lasse sich durch das Grundgesetz ebenfalls nicht rechtfertigen.
BND-Reform als Auslöser für Klage
Ursprünglich wollten die DE-CIX-Betreiber schon im letzten Jahr klagen. Nachdem die Bundesregierung aber eine BND-Reform angekündigt hatte, habe man zunächst noch den Entwurf abgewartet, erklärte DE-CIX-Aufsichtsrat Klaus Landefeld laut einem Bericht von Netzpolitik.org. Die aktuelle BND-Reform zeige allerdings: Nicht beseitigt werden umstrittene Rechtskonstrukte und fragwürdige Interpretationen der Gesetze, die der BND für einen möglichst umfangreichen Zugriff auf Kommunikationsdaten nutzt. Stattdessen legitimiere die Bundesregierung den Status Quo.
„Keine Änderungen am G10-Gesetz, dafür gibt es einen neuen Entwurf zur ‚Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung‘, welcher auf den Punkt gebracht alle der höchst umstrittenen Auslegungen, Interpretationen und Vorgehensweisen des Dienstes zu legitimieren versucht und dabei die bereits für G10 bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken nicht einmal adressiert“, so das Fazit von Landefeld. Deswegen wollen die DE-CIX-Betreiber im Zweifel auch bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen, wenn die Klage in Leipzig keinen Erfolg hat.