For Honor in der Vorschau: Mit Tastatur und Maus ein Graus
Einleitung
Ubisoft gönnt sich in der anstehenden Spielesaison eine kleine Pause: Nachdem in den vergangenen Jahren in jedem Herbst ein Assassin's Creed veröffentlicht wurde, wechselt die strapazierte Topmarke des Publishers in einen längeren Entwicklungsmodus.
In der Zwischenzeit soll es unter anderem das Actionspiel For Honor richten, das voraussichtlich im Februar 2017 erscheinen wird. Am vergangenen Wochenende konnte der Titel im Rahmen eines geschlossenen Alphatests gespielt werden. Wir waren dabei.
For Honor angespielt
Wenn Wikinger, Ritter und Samurai allesamt gegeneinander kämpfen, ist es mit dem historischen Hintergrund eines Videospiels nicht weit her. Spaß machen kann es trotzdem – womit die wichtigste Erkenntnis aus dem Alpha-Wochenende von For Honor bereits zusammengefasst wäre. Doch der Reihe nach.
For Honor ist ein Multiplayer-orientiertes Hack-&-Slay-Spiel, bei dem der Spieler in einer Third-Person-Perspektive mit einem Kämpfer – Wikinger, Ritter oder Samurai – in Schlachten und Duellen gegen die KI und menschliche Gegner antritt. Statt einer Story steht hier der kompetitive Aspekt im Vordergrund. Dazu stehen unterschiedliche Modi zur Verfügung, zu denen in der Alpha neben zwei klassischen (Team-)Duell-Varianten auch komplexere Angebote wie Dominion gehören. Bei Letzterem handelt es sich um einen 4-gegen-4-Modus im Capture-the-Flag-Stil, bei dem man gemeinsam mit KI-Soldaten möglichst viele von drei Punkten auf einer Karte halten muss.
Keine Fantasy, zwei Kämpferklassen
In diesem Kontext präsentiert sich For Honor überraschend stark. Erfrischend ist vor allem, dass die Entwickler völlig auf Fantasy-Elemente verzichten. Dass nordische Krieger, mittelalterliche Recken und ehrenwerte Samurai sich auf europäisch anmutenden Schlachtfeldern wie Dörfern und Burgen kloppen, ist die einzige Absurdität von For Honor. Ansonsten versucht es der Titel aber seriös – angenehm, dass die typische Tank-Fernkämpfer-Magier-Aufteilung der Konkurrenz hier keine Rolle spielt.
Stattdessen bietet jede der drei Fraktionen derzeit zwei Kämpfertypen, die sich im Prinzip in einen wuchtigen Frontkämpfer und einen agileren Recken unterteilen. Bei den Wikingern etwa ziehen wir entweder mit einem massigen Axtschwinger oder mit einem wendigen Doppel-Axt-Kämpfer in die Schlacht. Das sorgt für ordentliche Abwechslung. Allerdings fällt auch auf, dass sich die Fraktionen überwiegend optisch unterscheiden: Die Unterschiede im Gameplay ergeben sich in erster Linie durch die Klassen, nicht durch die Parteien.
Gut gefallen auf den ersten Blick auch die Karten. Detailliert in Szene gesetzte Burganlagen und Dörfer mit Plätzen und engen Gassen ermöglichen abwechslungsreiche Kämpfe. Dies gilt vor allem für Dominion, wo die Spieler nicht nur gegeneinander antreten, sondern auch auch auf hunderte KI-Soldaten treffen, die im MOBA-Stil immer wieder neu als Kanonenfutter aufs Spielfeld geworfen werden und stets zur Hauptfront vorstoßen. Große Areale sollte man allerdings nicht erwarten: Die Räume sind deutlich begrenzt, was aber in Ordnung ist, weil sich die Schlacht so nicht verliert.
Ein potenzielles Problem könnte aber die Charakterentwicklung darstellen. Bestrittene Schlachten und Duelle bringen neue Levels und Fähigkeiten mit. Zudem nimmt der Spieler ständig Gegenstände vom Schlachtfeld mit, die nicht nur der optischen Anpassung dienen, sondern auch Vorteile bieten.
Dies könnte sich mittelfristig auf das für eine Alpha im Prinzip schon fein austarierte Balancing auswirken. An dieser Stelle wird die Qualität des Matchmakings entscheiden, ob dieser eigentlich positive RPG-Einschlag negative Auswirkungen hat. Garantiert für Ärger wird in diesem Zusammenhang aber die in Aussicht gestellte Option sorgen, die eigenen Recken gegen Mikrotransaktionen aufzuwerten: „Buy to win“ schwebt in der Luft.
Tolle, problematische Steuerung
Doch was passiert, wenn im Spiel zwei Helden aufeinandertreffen? In diesem Fall muss man seinen Gegner zunächst per Tastendruck einloggen. Dadurch wechselt die Ansicht in einen Kampfmodus, in dem durch das Schieben der Maus festgelegt wird, in welche Richtung der Recke blockt: Nach vorne, nach rechts oder nach links.
Auf diesem Wege gilt es zunächst, die Angriffe des Gegners zu parieren. Zugleich können wir durch die Positionierung der Maus auch in eine der Richtungen zuschlagen. Dabei sorgt die rechte Maustaste für einen langsamen, aber mächtigen Gewaltschlag, während die linke den Helden eine normale Attacke ausführen lässt. Erweitert wird dieses Block- und Angriffssystem um die Möglichkeit, die Deckung des Gegners zu überwinden und ihn mit etwas Glück zu schleudern.
Das System ist clever und innovativ, beugt es doch allzu stupidem Hack-and-Slay-Geklicke vor. Stattdessen beobachten wir ständig, in welche Richtung sich unser Gegner wendet. Gehen wir zum Angriff über, müssen wir diese Richtung verlassen: Unser Held ist angreifbar, kann zugleich aber auch Attacken ausführen.
Diese Eigenschaft ist wichtig, weil ein Spiel wie For Honor nahezu ausschließlich vom Kampf zwischen den Spielern lebt. Insofern ist es aber auch ein echtes Problem, dass die Umsetzung der Bedienlogik für die Maus-Tastatur-Kombination ein Graus ist. Was mit dem Gamepad gut funktioniert, artet mit der Maus zu einem viel zu ungenauen Herumgeschiebe aus. Die schlechte Adaption ist wohl ein Produkt der Multi-Plattform-Entwicklung.
Ansonsten überzeugt die Technik von For Honor aber. Die Präsentation ist solide, die Grafik durchaus ansehnlich. Zudem lief der Titel bei maximalen Details in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 Pixeln konstant bei 60 Bildern pro Sekunde. Das Matchmaking funktionierte im Rahmen der Alpha wunderbar schnell und zuverlässig; Verbindungsabbrüche, Ping-Probleme oder Abstürze mussten nicht vermerkt werden.
Fazit
For Honor könnte richtig gut werden. Wenn die Entwickler von Ubisoft Montreal die verbleibende Zeit in ein noch feiner austariertes Balancing und mehr Inhalte wie Karten, Kämpfer und Modi investieren, dürfte einer Empfehlung nichts im Wege stehen. Das clevere Spielprinzip macht in Kombination mit dem innovativen Kampfsystem und der insgesamt sauberen technischen Umsetzung auf jeden Fall Lust auf mehr.
PC-Spieler aber werden im Falle von For Honor wieder einmal stiefmütterlich behandelt. Während das so wichtige Kampfsystem mit dem Gamepad gut funktioniert, ist es für die Maus-Tastatur-Kombination eine Farce. Wer For Honor auf dem PC spielen möchte, sollte also unbedingt bereit sein, die intuitivste aller Steuerungsarten beiseitezulegen.
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