Hate-Speech-Debatte: Facebook löschte 100.000 Beiträge im letzten Monat
Vor einem Jahr hat das Bundesjustizministerium zusammen mit Vertretern der sozialen Netzwerke eine Task-Force eingerichtet, um den Umgang mit Hassbeiträgen zu verbessern. Ein erstes Fazit lautet nun: Vor allem wenn Nutzer strafbare Beiträge melden, löschen Facebook, Google und Twitter noch zu langsam.
Anlässlich einer Konferenz präsentierte das Justizministerium heute die Resultate, die Jugendschutz.net ermittelt hat. Im Rahmen einer Untersuchung wurde im Juni und Juli anhand von über 600 strafbaren Beiträgen getestet, wie die sozialen Netzwerke auf Meldungen reagieren.
Bei offiziellen Meldungen geht es flotter
Zumindest wenn Jugendschutz.net die Beiträge direkt per E-Mail meldete, fällt das Ergebnis solide aus. Von den strafbaren Inhalten löschte YouTube dann 96 Prozent, Facebook 84 Prozent und Twitter 26 Prozent. Deutlich mehr, als wenn die Beiträge lediglich von Nutzern gemeldet werden. In diesem Fall löschte Facebook noch 46 Prozent der gemeldeten Beiträge, bei YouTube führte hingegen nur eine von zehn Meldungen zur Löschung und bei Twitter war es lediglich eine von hundert.
Wenig überraschend ist es also, wenn Justizminister Heiko Maas (SPD) angesichts dieser Zahlen von einem zwiespältigen Ergebnis spricht. Die Lage sei zwar besser geworden ist, aber noch lange nicht gut. Strafbare Inhalte würden insgesamt noch immer zu wenig und zu langsam gelöscht. „Das größte Problem liegt darin, dass die Beschwerden der Nutzerinnen und Nutzer von den Plattformen nicht ernst genommen werden. Hier müssen die Unternehmen dringend besser werden“, so Maas.
Innerhalb von 24 Stunden löschen die Internetdienste zudem nur die Hälfte der gemeldeten Beiträge. Diese Frist war allerdings einer der Punkt, auf den man sich im letzten Herbst verständigt hatte.
Umgang mit Hassbeiträgen ist immer ein Balanceakt
Facebooks europäischer Regulierungschef Richard Allan verteidigte das soziale Netzwerk allerdings gegen den Vorwurf, beim Kampf gegen die Hetze im Netz untätig zu sein. Allein im letzten Monat habe Facebook in Deutschland rund 100.000 Beiträge und Beleidigungen gelöscht, erklärt er laut einem Bericht von Heise online. Allerdings sei es auch für die sozialen Netzwerke nicht leicht, weil die Bewertung von Hassbeiträgen „sehr kontextabhängig“ sei. Dementsprechend lassen diese sich auch nur schwer mit Algorithmen finden. Dafür beschäftige Facebook über einen externen Dienstleister mittlerweile mehr als 100 Kontrolleure, die sich mit gemeldeten Beiträgen befassen.
Ähnlich äußert sich laut Heise Online auch Juniper Downs – sie ist bei YouTube für den Umgang mit Nutzerinhalten zuständig. Demnach erkläre sich die geringe Löschquote des Video-Portals mit vielen Falschmeldungen. So würden Nutzer etwa Justin-Bieber-Videos häufig als Hassbeitrag melden.
Justizminister will Transparenzvorgaben verschärfen
Eines der Probleme bei der Debatte ist aber nach wie vor die Transparenz. So spricht Facebooks Regulierungschef Allan zwar von 100.000 Beiträgen, die Facebook gelöscht habe. Nur sagt diese Zahl eben nichts über die Löschquote aus. Denn wie viele Beiträge insgesamt gemeldet werden, gibt keines der Unternehmen preis.
Deswegen spielt Justizminister Maas nun mit den Gedanken, die Vorgaben für Internetdienste zu verschärfen. „Unternehmen, die mit ihren sozialen Netzwerken viel Geld verdienen, trifft eine gesellschaftliche Verpflichtung: Kein Unternehmen sollte zulassen, dass seine Dienste zur Verbreitung von strafbarem Hass, Rassismus, Antisemitismus oder islamistischen Terrorphantasien missbraucht werden“, so der Justizminister.
Ein Ansatzpunkt wäre ein Gesetz, dass die Internetdienste zu mehr Offenheit verpflichtet. Bei einer entsprechenden Regelung müssten die sozialen Netzwerke dann mitteilen, wie viele Beiträge insgesamt gemeldet wurden und wie man damit umgegangen ist. Eine weitere Möglich wäre, dass auch die sozialen Netzwerke haften, wenn sie die Verbreitung von Hassbeiträgen fördern.
Maas ist derweil nicht der einzige Minister, der sich ein aktiveres Vorgehen der sozialen Netzwerke wünscht. So forderte auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mehr Eigeninitiative von Facebook und Konsorten. Wie überfordert die sozialen Netzwerke bisweilen aber wirken, zeigte unlängst Facebooks Umgang mit einer ikonischen Fotografie aus dem Vietnam-Krieg.