Shadow Warrior 2 im Test: Vier Wangs für ein Hallelujah
2/5Destiny got Wang
Klassische Shooter sind schnell und unkompliziert: Eine Handvoll Waffen, maximal zwei Feuermodi, hohe Beweglichkeit und Gegner am Fließband reichen nach Musterschablone für Spielspaß. Dieser Zuschnitt bleibt auch die Schablone für Shadow Warrior 2 – jetzt allerdings ergänzt um rund 70 Waffen, ein Beutesystem sowie Elementarschaden und -resistenzen. Ein weiterer „Loot-Shooter“ im Stile von Borderlands oder Destiny erwächst daraus jedoch nicht, weil das Geschehen durch die vermeintliche Komplexitätsattacke nur eine Spur taktischer wird – was lediglich heißt, dass gelegentlich auch einmal höhere Hirnfunktionen eingesetzt werden können.
Völlig aus dem Nichts kommen die Mechaniken zudem keineswegs. Schon das Reboot der Reihe aus dem Jahr 2013 ließ Spieler neben Lebensenergie und Munition Geld sammeln, mit dem sich in einem Menü Waffenupgrades kaufen ließen. Anstatt des vorgefertigten Upgradepfads hat jede Waffe nun einfach drei Slots, in denen sich Upgrades einsetzen lassen, welche als Beute von Gegnern oder aus Kisten in der Spielwelt stammen. Diese Upgrades verändern Basiswerte wie Schlagkraft oder Feuergeschwindigkeit, können aber auch Spezialeffekte hinzufügen oder einen Teil des Schadens in Elementarschaden verwandeln. Diese Option wertet das Gameplay auf, weil Gegner wie in einem Rollenspiel Resistenzen oder Immunitäten gegen bestimmte Schadenstypen haben können.
Mehr Rollenspiel macht den Shooter besser
Was kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach und hat positive Auswirkungen auf den Shooter. Denn das neue System zwingt dazu, das Waffenarsenal mit Bedacht zusammenzustellen. Spieler, die jeden Schießprügel mit Feuerschaden ausstatten, bekommen etwa im Kampf mit Bunnylord, dem brennenden Killerhasen, ein erhebliches Problem, zumal der Titel die Resistenzen seines Kanonenfutters immer ein wenig mit Blick auf das aktuelle Arsenal wählt.
Der nun nötige Blick auf die Eigenschaften der Gegner erfordert zumindest einen kurzen Denkakt und zwingt dazu, in einem Kampf mit mehreren Gegnern häufiger die Waffe zu wechseln. In Zusammenspiel mit begrenzten Munitionsvorräten schafft es Flying Wild Hog so, alle Waffen in irgendeiner Form nützlich zu machen – es gibt keine „Einstiegspistole“ mehr, die im Spielerverlauf in eine staubige Kiste auf dem Dachboden gelegt wird, sondern nur eine riesige Anzahl „Sidegrades“, die nach Bedarf und Geschmack genutzt werden können.
Kein Grind, nur Unterhaltung
Das Tüfteln verschafft zwar Vorteile, erfordert aber keine massive Einarbeitung oder Planung. Es ist nicht einmal zwingend nötig, Waffen mit Upgrades auszustatten und die Slots für Ringe und Amulette zu füllen. Spielen lässt sich auch so, was im positivem Sinne aufzeigt, dass im Mittelpunkt des Interesses noch immer der flotte Shooter von Anno dazumal steht. Entsprechend wenig Restriktionen finden Spieler vor; selbst der Rollenspiel-typische Grind wird aus der Gameplay-Schleife verbannt. Wer der Meinung ist, die falschen acht Todeswerkzeuge am Start zu haben, kann sein Arsenal jederzeit modifizieren und Waffen aus dem Inventar einwechseln oder Upgrades verlustfrei austauschen – dazu braucht es kein Geld, keine Schmiede und keine spezielle Fertigkeit, sondern nur das Pausenmenü. Durch die hohe Anzahl Fundstücke wird das Inventar allerdings schnell unübersichtlich, es fehlt eindeutig an einer Filter- und Sortierfunktion.
Wenn Fundglück nicht ausreicht, kann der Spieler darüber hinaus in einem zentralen Hub bei Händlern vorbeischauen und neben Upgrades auch neue Fertigkeiten erwerben. Dieser letzte RPG-Baustein ist ebenfalls ein alter Bekannter, bietet nun allerdings mehr Möglichkeiten zur Charakterentwicklung. Neu ist unter anderem ein Tarnmodus oder die Möglichkeit, Stacheln aus dem Boden schießen zu lassen. Auch daraus erwächst eine breite Freiheit an Handlungsmöglichkeiten. Der Versuchung, manche Komfortoption wie einen normalgroßen Pickup-Radius als Upgrade zu verkaufen, hätte der Titel aber gerne widerstehen dürfen.