Shadow Warrior 2 im Test: Vier Wangs für ein Hallelujah
4/5Wiederspielwert vs. Wiederholung
Solche Elemente haben vorrangig das Ziel, den Wiederspielwert in die Höhe zu schrauben. Dementsprechend werden Level prozedural erstellt und gleichen sich, zumindest im Prospekt, nicht. Für Shooter, die immer auch vom Leveldesign leben, ist das eine riskante Entscheidung, die sich nicht ganz auszahlt. Das hat mehrere Ursachen.
Zunächst als Grund anzuführen ist das Recycling von Bausteinen, das mit zunehmender Spielzeit sichtbar wird. Das zufällige Ausknobeln erzeugt außerdem Sackgassen oder Bereiche, in denen nur Gegner aber sonst nichts ist. Das macht Exploration der offenen (!) Missionsgebiete zu einer öden Angelegenheit und führt dazu, nur Wegpunkten zu folgen.
Handgemacht bleibt besser
Auch hier wiederholen sich die Strukturen, obwohl Missionsziele nicht zufällig erzeugt werden: Erst zu einem Tor zu laufen und dann den Schlüssel zu suchen, natürlich an einem längst passierten Ort, steht mit viel zu lästiger Regelmäßigkeit auf dem Aufgabenzettel. Auch Bossbegegnungen funktionieren nach dem immer gleichen Schema, nach dessen strenger Vorgabe bei halbem Lebensbalken ein Kampf gegen Unterlinge eingeschoben werden muss. Das ginge ebenso besser wie die schwankende Qualität der Arenen – handgemachte Level haben einfach eine andere Qualität. Bisweilen wirkt das ein kleines bisschen lieblos.
Dieses Eindrucks kann sich auch die Präsentation nicht erwehren. Der Rückgriff auf einen zentralen Hub und eine offene Geschichte um die obligatorische Weltrettung, die mit Nebenmissionen aufgelockert wird, führt zu einem überraschend abrupten Spiel. Übergänge zwischen Missionen fehlen, stattdessen wird einfach eine Karte geladen, die nach Erreichen des Missionsziel an beliebiger Stelle per Knopfdruck verlassen werden kann. So komfortabel die Mechanik ist: Sie wirkt auch nach stundenlangem Spiel lieblos und unbefriedigend.
Den Humor muss man mögen
Andererseits war Shadow Warrior nie ein Spiel, für das eine solche Struktur essentiell gewesen wäre. Rein erzählerisch war die Stärke von Lo Wang schon immer der Moment, das Jetzt – unterlegt mit einem flotten, unpassenden Spruch nach Art eines Shooter-Typs, der in diesem Jahrtausend nahezu ausgestorben scheint. Fortgesetzte Peniswitze und großkotzige Sprüche mögen bisweilen infantil wirken und nicht jeden Geschmack treffen, sind aber zumindest im Auge dieses Betrachters durchweg unterhaltsam. Selbst das Nachladen wird mit einem lockeren Spruch unterlegt - beleidigend, obszön, aber auf eine primitive Art spaßig. Positiv schlägt außerdem zu Buche, dass Shadow Warrior sich selbst sowie seine Problemlösung mittels exzessiver Gewalt fortgesetzt selbstironisch betrachtet.
Dazu gehört etwa dessen fortgesetzte Behauptung, die Welt gerettet zu haben, was zugleich die im ersten Teil erzählte Geschichte anzweifelt. Dass Wang sich wieder einmal großmäulig daran macht, das „Böse“ zu bekämpfen und ein Mädchen zu retten, das praktischerweise in seinem Kopf feststeckt und eine spitze Zunge besitzt, wird quasi beiläufig fragwürdig. Das nicht jeder Gag, nicht jede Animation, nicht jedes Element des Spiels immer ganz ins Schwarze trifft, spielt keine Rolle: Shadow Warrior ist ein B-Movie zum Mitspielen, der nicht mehr als das sein möchte. Kleinere Ausrutscher gehören da schon zum Panorama.
Vier Spieler für mehr Wang-Bang
Ein weiterer Vorzug ist außerdem der kooperative Online-Modus für insgesamt vier „Wangs“ mit klassischem Einschlag, der durch eine manuell konfigurierbare Skalierung der Gegner unterstrichen wird. Fraglich allerdings, ob nach den rund 20 bis 25 Stunden für einen Story-Durchgang noch genug Interesse besteht, mehr als ein paar Missionen erneut zu spielen. Hierfür scheint die Variation an Bausteinen bei Gegnern und Missionsdesign nicht weit genug zu gehen. Beides erscheint schon beim ersten Spieldurchlauf weitgehend ausgereizt. Abgesehen von dieser Langzeit-Komponente steigen Spaß und Hektik in der Gruppe aber nochmals ungemein, ein typischer Effekt von gemeinsamem Spiel. Das Wang-Epos müsste folglich nicht länger sein, sondern vielleicht ein wenig breiter – die (Präsentations-)Technik trägt das Spiel allerdings auch so lange genug.