Dishonored 2 im Test: Perfekt (bis auf die Technik)
2/4Die Story
Die Entwickler von Arkane bleiben für Dishonored 2 ihrem etablierten Universum treu und präsentieren den Titel als klassische Fortsetzung. Die neue Story spielt 15 Jahre nach den Geschehnissen von Die Maske des Zorns – und beginnt im Prinzip ganz ähnlich.
Wie schon im ersten Teil wird auch in Dishonored 2 die legitime Throninhaberin in der Hauptstadt Dunwall von dunklen Mächten entmachtet. Nachdem der Protagonist des ersten Teils, Corvo Attano, seiner Schutzbefohlenen (und Tochter) Emily Kaldwin den Thron gesichert hatte und lange Zeit Frieden herrschte, taucht plötzlich eine über magische Fähigkeiten verfügende Tante auf, die kurzerhand die Macht für sich beansprucht. Emily muss fliehen und das Reich zurückgewinnen. Wer steckt hinter dem Putsch? Welche dunkle Macht leitet die Tante? Und wer ist der mysteriöse Meuchelmörder, der zuvor zahlreiche politische Gegner von Emily ausgeschaltet und sie damit öffentlich in Verruf gebracht hat? So lauten die zentralen Fragen, die beantwortet werden müssen.
Es ist nicht zwingend erforderlich, allerdings bietet es sich an, vor Dishonored 2 den ersten Teil zu spielen. Zwar ist die Story auch ohne einen solchen Hintergrund gut verständlich, allerdings entdeckt man als Kenner von Die Maske des Zorns immer wieder Verbindungen zur Vorgeschichte, etwa wenn man dem genialen Arzt und Erfinder Anton Sokolov aus der Patsche helfen soll oder dem Geheimnis des sogenannten Outsiders weiter nachgeht.
Eine fast perfekte Erzählung
Zur Umsetzung der Story setzen die Macher wie gehabt auf eine Mischung aus überraschenden Wendungen und jeder Menge Mystery, die in einem viktorianischen Steampunk-Setting angesiedelt sind. An fast jeder Ecke der Erzählung lauern Alchemie, Magie und Metaphysik, aber auch eine faschistisch anmutende Ideologie der Gegner sowie jede Menge abgefahrener Maschinen. Hinzu kommt ein rudimentäre Fraktionensystem, was zumindest mit dem Hauch von Entscheidungen einhergeht. Dieser Mix funktioniert im Prinzip hervorragend, sodass wir an dieser Stelle nur einen subjektiven Einwand haben: Etwas weniger alchemistisches Raunen hätte dem Titel unserer Meinung nach nicht geschadet.
Abseits davon lässt sich zur Story sagen, dass sie den Spieler locker bei der Stange hält. Das liegt auch daran, dass die Unterscheidung zwischen Gut und Böse nicht völlig klar ist. So scheint Emilys Tante nicht ganz illegitime Beweggründe für ihr Handeln zu haben.
Allerdings fällt bei strenger Betrachtung auf, dass Dishonored 2 bei der inhaltlichen Führung auch Defizite hat. Warum genau wartet nach dem Putsch am Hafen von Dunwall zufällig eine Kapitänin auf uns, die uns rettet und fortan eine wichtige Person ist? Warum fällt es der Fraktion der Antagonisten eigentlich so leicht, die Herrscherin von Dunwall zu entmachten? Warum verpfeifft uns der Gegenspieler von Meistererfinder Sokolov nicht, als wir vor seinem Anwesen auftauchen?
Bei diesen und ähnlichen Fragen handelt es sich um Kleinigkeiten, die der insgesamt sehr guten Story nicht viel anhaben können. Zur Perfektion hätten wir uns aber etwas mehr kittende, erklären Inhalte und ein etwas dynamischeres Erzähltempo gewünscht.
Die Spielwelt
Noch besser als die Story gefällt uns die Spielwelt. Gut und wichtig ist zunächst, dass die Entwickler das aus dem ersten Teil bekannte Dunwall nur als Szenerie für den Prolog benutzen. Danach geht es nach Karnaca, der südlichsten Stadt im Reich. Dieser Wechsel wirkt sich spürbar aus: Statt der düsteren, nebligen Gassen der Hauptstadt trifft man hier auf eine einstmals blühende, mittlerweile verrottende mediterrane Hafenstadt, die malerische Gassen und tolle Panoramaansichten bereithält.
Hervorragend ist dabei, mit welcher Variation Dishonored 2 aufwartet. Wir schlagen uns nicht nur durch die Stadt, sondern unternehmen für Missionen auch immer wieder Ausflüge zu besonderen Schauplätzen. Da ist zum Beispiel die düstere, im Meer vorgelagerte Nervenheilanstalt Addermire, in der den Spieler allerlei Schrecken wie eine verrückt gewordene Ärztin und sogenannte Blutfliegen erwarten. Auch das Anwesen von Sokolovs verrücktem Widersacher gehört zu den absoluten Highlights: Über Hebel lassen sich hier immer wieder Wände verschieben. Zudem müssen wir uns gegen roboterähnliche Nachkämpfer wehren, die uns mehrere Köpfe überragen. Im Staubbezirk kommen dagegen immer wieder Sandstürme auf, die ein ungesehenes Vorgehen vereinfachen. So wirkt die Umgebung sich immer wieder konkret aufs Gameplay aus.
Clever gelöst ist auch die grundsätzliche Konzeption der Abschnitte. Bei genauerer Betrachtung sind viele Teile von Karnaca ziemlich klein und begrenzt. „Open World“ ist Dishonored 2 beileibe nicht. Allerdings bieten die Umgebungen durch viele Nebengassen und vor allem dank vieler vertikal erkundbarer Räume und Plateaus viele Wege zum Ziel.
Viele, aber nicht sehr viele NPCs
Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Karnaca belebt ist. An vielen Ecken treffen wir auf verängstigte Zivilisten, die trotz der Krise und des Machtkampfes ihrem Tagesgeschäft nachgehen. Fischer nehmen ihren Fang aus, Schwarzhändler bieten ihre Waren an, Handwerker machen sich an Werkbänken zu schaffen.
Einschränkend muss allerdings gesagt werden, dass die Anzahl der NPCs höher sein könnte: Wenn man beispielsweise Assassin's Creed oder das letzte Hitman gewöhnt ist, vermisst man doch das moderne „Crowd Management“ aus anderen Titeln.