Crytek: Weitere Gerüchte um erneute Finanzprobleme
Erneut verdichten sich Gerüchte um Zahlungsausfälle bei Crytek. Das Studio soll bereits seit Monaten nur unregelmäßig Gehälter auszahlen. Mitarbeiter von Crytek Black Sea sollen seit drei Monaten keine Zahlungen mehr erhalten haben. Das bulgarische Tochterstudio arbeitet seit 2014 an dem Free-to-Play-MOBA Arena of Fate.
Zunächst über erneute Finanzprobleme bei Crytek berichtet hatte Anfang November GameStar unter Verweis auf Mitarbeiterbewertungen auf dem Arbeitnehmerportal Glassdoor. Dort wurde unter anderem beklagt, dass seit sieben Monaten Gehälter verspätet gezahlt worden seien.
Dies würden Vorgesetzte mit „Lügen und Ausreden“ entschuldigen, weil regelmäßig das Ende aller Probleme versprochen werde. Wie lange sich Zahlungen bereits verspätet haben oder nicht getätigt werden, unterscheidet sich jedoch; nicht alle Bewertungen sprechen von sieben Monaten. Anzunehmen ist, dass es, sofern die Gerüchte den Tatsachen entsprechen, seit Jahresmitte Probleme gibt. Eine Handvoll jüngerer Bewertungen auf Glassdoor erwähnt verspätete Zahlungen jedoch mit keinem Wort.
Neue Gerüchte aus einem weiteren Studio
Über ähnliche Schilderungen von Angestellten des bulgarischen Crytek-Studios berichtet nun Let’s Play Video Games. Die anonymen, aber nach Angaben der Seite verifizierten Quellen berichten, dass das Unternehmen seit drei Monaten keine Gehälter zahlt. Davor hätte Crytek Gehälter noch mit kleineren Verzögerungen beglichen. Das legt nahe, dass sich die Glassdoor-Berichte auf einen generellen Zeitraum mit Zahlungsproblemen beziehen und keinen durchgängigen Zahlungsausfall beschreiben.
Weitere Beiträge auf Reddit und Hacker News, die im NeoGAF-Forum archiviert wurden, scheinen diese Darstellung zu bestätigen. Journalist Lewie Procter meldet im gleichen Thread zudem, von einer „mit der Situation vertrauten Person“ kontaktiert worden zu sein, die einen „ziemlich starken Hinweis“ auf die Korrektheit der Gerüchte gegeben habe.
Vor sechs Wochen sei den Mitarbeitern in Bulgarien lediglich die Aufnahme eines Kredits bei einer deutschen Bank angekündigt worden, mit dem die Gehälter gedeckt werden sollten, heißt es bei Let’s Play Video Games weiter. Dies sei jedoch nicht passiert, was die Berichte auf Glassdoor spiegelt. Betroffen sind den Angaben zufolge Angestellte aller Ebenen. Gegenwärtig, schreibt die Seite, soll das Studio daher zum Verkauf stehen.
Als Grund für die erneute Schieflage wurde die Unfähigkeit von Crytek zum Erwirtschaften eines Gewinns genannt. Nach Ryse: Son of Rome im Jahr 2013 hat Crytek lediglich The Climb für Oculus VR sowie Robinson: The Journey für PlayStation VR veröffentlicht. Beide Titel konkurrieren in einem zahlenmäßig äußert kleinen Marktsegment. Weitere Projekte aus dem Free-to-Play-Bereich wurden zwar im Zuge eines Strategiewechsels hin zu einem F2P-Publisher angekündigt, sind aber nie veröffentlicht worden. Neben Arena of Fate zählen zu dieser Gruppe Projekte, die der Idee von „games as a service“ folgen sollten, etwa Hunt: Horrors of the Gilded Age.
Trotz der Vielzahl an Beiträgen mit weitgehend ähnlichem Inhalt handelt es sich allerdings lediglich um Gerüchte. Eine offizielle Stellungnahme von Crytek steht aktuell noch aus.
Die neue alte Krise
Eine ähnliche Situation mussten Crytek-Angestellte schon im Jahr 2014 erleben: Auch vor zwei Jahren wurden monatelang Gehälter nur unregelmäßig gezahlt. Mitarbeiter beklagten zudem eine schlechte interne Kommunikation der Lage. Nach monatelangen Ungewissheiten schienen die damaligen Probleme gelöst, Gerüchten zufolge durch die Lizenzierung der CryEngine an Amazon.
Gelitten haben unter der damaligen Krise insbesondere Crytek UK und Homefront: The Revolution. Das Studio verlor Mitarbeiter, das Team an Motivation. In Folge wurden Marke und Spiel an Deep Silver verkauft, die Entwickler in den neugegründeten Dambuster Studios des Publishers beschäftigt. Das Ergebnis blieb jedoch weit hinter den Erwartungen zurück.
Crytek-CEO Cevat Yerli bezeichnete den Verkauf im Jahr 2014 als nicht notwendig, sondern als strategische Maßnahme, um das Unternehmen zu „fokussieren“ und auf ein Free-to-Play-Portfolio auszurichten. Auch ausstehende Gehälter seien immer und mit Boni bezahlt worden, sagte Yerli damals. Auf diese Weise hätten Entlassungen oder die Insolvenz des Unternehmens vermieden werden können; Gehälter kurzzeitig nicht zu zahlen nannte der Mitgründer von Crytek als die bessere von zwei schlechten Optionen, die im Sinne der Angestellten gewählt wurde. Yerli versicherte zudem, Crytek sei nun „absolut“ sicher und habe aus den Fehlern der vergangenen Monate gelernt.
Die Redaktion dankt ComputerBase-Leser „M@rsupil@mi“ für den Hinweis zu dieser Meldung!
Mittlerweile berichtet auch Eurogamer unter Berufung auf zwei eigene Quellen aus dem Firmensitz in Frankfurt, dass in Deutschland seit zwei Monaten kein Gehalt mehr gezahlt worden sein soll. Die Krise betrifft demnach das gesamte Unternehmen. In den drei vorherigen Monaten habe Crytek zudem mit bis zu vierwöchiger Verspätung überwiesen. Den Aussagen zufolge spekulieren die Angestellten, dass Crytek schlicht die Barmittel ausgegangen sind.
Zudem mehrt sich die Unzufriedenheit der Belegschaft mit der Situation sowie der ausbleibenden Kommunikation durch die Yerli-Brüder, die das Unternehmen leiten. Die Angestellten seien nicht einmal mehr sicher, ob CEO Cevat Yerli überhaupt noch bei Crytek arbeite, er sei schon längere Zeit nicht mehr in Meetings gesehen worden, heißt es in dem Bericht. Nichtsdestotrotz soll Crytek an einem Rettungsplan arbeiten.
Nachdem bislang nur Gerüchte auf Basis anonymer Aussagen zirkulieren exponiert sich jetzt ein mittlerweile ehemaliger Crytek-Mitarbeiter öffentlich: Ludvig Lindqvist hat auf GoFundMe eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Dort sollen 20.000 Euro für Anwaltskosten zusammenkommen. Der FX-Designer will Crytek mit dieser Summe auf die noch ausstehende Gehaltszahlungen der letzten beiden Monate verklagen. Er sei aber nicht der Einzige mit diesem Problem: „Das betrifft nicht nur mich, alle Crytek-Angestellten sind in der gleichen Situation“. Schon seit Mai 2016 habe das Unternehmen nur unregelmäßig gezahlt, behauptet Lindqvist, der seine Behauptungen mit einem Screenshot seiner Gehaltsabrechnungen und einer Grafik zu untermauern sucht.