Innenministerium: Plan für ein Abwehrzentrum gegen Fake News
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte bereits eine Rechtsschutzstelle für soziale Netzwerke wie Facebook angekündigt, um den Kampf gegen Fake News zu forcieren. Dem Innenministerium geht das noch nicht weit genug, zusätzlich soll im Kanzleramt noch ein Abwehrzentrum gegen Desinformation entstehen.
Das berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe. In einem Vermerk aus dem Innenministerium heißt es demnach: „Mit Blick auf die Bundestagswahl sollte sehr schnell gehandelt werden.“ Der Vorschlag: Das Kanzleramt soll ein Abwehrzentrum gegen Desinformation einrichten, federführend geleitet vom Bundespresseamt. Die Mitarbeiter sollen dann Aufklärung betreiben, um Fake News zu bekämpfen, die etwa aus kommerziellen oder politischen Gründen verbreitet werden.
Weitere Vorstöße aus dem Innenministerium: Die Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter sollen gefälschte Nachrichten löschen und Richtigstellungen verbreiten. Zudem seien Maßnahmen gegen Social Bots erforderlich, die automatisiert Propaganda-Nachrichten posten. Konkrete Gesetze sind dabei aber anscheinend noch nicht geplant, vielmehr soll es Gespräche mit den Betreibern der sozialen Netzwerke geben.
Im Bundestagswahlkampf wird zudem eine Absprache zwischen den Parteien gefordert. Kein Einsatz von Social Bots und auf Fake News soll niemand Bezug nehmen.
Abwehrzentrum soll Medienkompetenz verbessern
Im Kern geht es dem Innenministerium also weniger um Verbote, sondern um Aufklärung. Dennoch finden sich auch heikle Punkte: Mit dem Abwehrzentrum will das Innenministerium auch die Medienkompetenz von Gruppen stärken, die man als anfällig für Fake News identifiziert hat. In dem Vermerk werden laut Spiegel Online unter anderem „Russlanddeutsche“ und „türkischstämmige Menschen“ genannt, geplant sei daher eine „Intensivierung der politischen Bildungsarbeit“.
Nach den Debatten um die amerikanische Präsidentschaftswahl befürchten deutsche Politiker ohnehin, die russische Regierung könnte die Meinungsbildung vor der Bundestagswahl beeinflussen wollen. Nach wie vor gilt aber: Es existieren zwar Hinweise auf entsprechende Kampagnen, konkrete Belege liegen allerdings nicht vor.
Vorsicht bei neuen Gesetzen
Gesetze, die die Meinungsfreiheit einschränken, soll es so schnell aber nicht geben. Mehrere Ministerien warnen vor einem solchen Schritt, da dann das Bundesverfassungsgericht sehr schnell eingreifen würde. Daher reagiert auch Justizminister Heiko Maas (SPD) zurückhaltend. Zuletzt verschärfte sich zwar der Ton, als er erklärte: „Wir prüfen bereits sehr konkret, ob wir soziale Netzwerke für nicht gelöschte strafbare Inhalte auch haftbar machen.“ Bevor es neue Gesetze gibt, will Maas aber eine Untersuchung abwarten, die den Umgang der sozialen Netzwerke mit Hasskommentaren prüft. Die Ergebnisse werden für März erwartet.
Daher bleibt es zunächst offenbar bei der Rechtsschutzstelle, auf die sich die Große Koalition zuletzt verständigt hat. Soziale Netzwerke wie Facebook sollen demnach 24 Stunden am Tag erreichbar sein, um Fake News schnell zu löschen. Über das entsprechende Gesetz will die Bundesregierung Anfang nächsten Jahres beraten.
Internetverbände sprechen von drohendem Zensurmonster
Selbst wenn Fake News generell als Problem anerkannt werden, erntet die Bundesregierung Kritik für die Vorschläge der letzten Tage und Wochen. Angesichts des geplanten Abwehrzentrums heißt es in einer Stellungnahme von Frank Überall, Vorsitzender vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV): Selbst wenn der öffentliche Diskuris durch Fake News beschädigt werden könnte, „darf doch nicht eine Behörde darüber entscheiden, was wahr ist und was nicht“. So entstehe insbesondere im Wahljahr 2017 ein gefährlicher Beigeschmack.
Ebenso umstritten ist die Rechtsschutzstelle, vor der insbesondere die Internetverbände warnen. Auch „bei bestem Bemühen“ wäre das Konzept „zum Scheitern verurteilt“, heißt es in einer Stellungnahme des Bitkom, da die Betreiber der Plattformen entsprechende Meldungen kaum bewerten können. „Selbst Gerichte scheitern regelmäßig an der Aufgabe, zuverlässig und nachvollziehbar über den Wahrheitsgehalt von Aussagen zu entscheiden.“ Zudem würde auf diese Weise „ein Zensurmonster geschaffen“, denn es dürfe „nicht Aufgabe der Plattformbetreiber werden, über richtig oder falsch, wahr oder unwahr zu entscheiden“.
Ähnlich hatte sich zuvor schon der Internetwirtschaftsverband eco angesichts der Debatte um Hasskommentare geäußert. Demnach müssten Gerichte entscheiden, welche Inhalte von der Meinungsfreiheit gedeckt sind und welche strafrechtlich relevant sind. „Alles andere würde zu einer unkontrollierbaren Zensurinfrastruktur im Netz führen und damit eine Gefahr für die Meinungsfreiheit im Internet darstellen“, so der eco.