Linux-Jahresrückblick 2016: Viele Fortschritte zum 25. Jubiläum

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Ferdinand Thommes
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Ubuntu, Debian und Devuan

Ubuntu hat, wie in jedem Jahr, wieder zwei Veröffentlichungen vorgelegt, die an stockender Weiterentwicklung kaum zu überbieten sind. Das zuletzt erschienene Ubuntu 16.10 Yakkety Yak glänzt noch am ehesten mit seinem Namen. Die mitgelieferte technische Vorschau auf Unity 8 und Mir wurde in letzter Minute mit heißer Nadel reingestrickt, damit überhaupt etwas Neues zu sehen ist. Das hätte man sich besser gespart, die technische Vorschau ist im Auslieferungszustand fast unbenutzbar.

Unklar ist derzeit, wo Canonical mit Ubuntu und Ubuntu Touch hinsteuert. Beide Zweige stagnierten im vergangenen Jahr. Obwohl Ubuntu Touch mehrmals aktualisiert wurde, schweigt sich der sonst so marktschreierische Mark Shuttleworth an dieser Front aus. Es gibt nicht einmal gerüchteweise Informationen zu neuen geplanten Smartphones mit Ubuntu Touch.

Quo vadis Ubuntu Touch?

Die jahrelang lautstark propagierte Konvergenz braucht Hardware, nun, da sie technisch halbwegs praktikabel ist. Auf Seiten der Smartphones gibt es zur Zeit aber kein Modell, das man käuflich erwerben kann. Die wenigen Tüftler, die ältere Geräte auf Ubuntu Touch umrüsten, werden nicht einmal für einen Achtungserfolg ansatzweise ausreichen.

Canonical wirft alle verfügbaren Kräfte an die Front, wo es um OpenStack, Container, das Internet der Dinge und die Cloud geht. Das ist verständlich, da Canonical ein vergleichsweise kleines Unternehmen mit wenigen Entwicklern ist. Trotzdem gelingt es hier, mit innovativen Ideen beachtliche Erfolge zu erzielen und Marktanteile zu sichern.

Das kann aber den Eindruck, dass Canonical sich insgesamt verzettelt hat, nicht verhindern. Ein klassisch ausgerichtetes Unternehmen würde in dieser Situation, besonders wenn es börsennotiert ist, Ubuntu Desktop und Ubuntu Touch entsorgen und sich auf die gewinnbringenden Sparten konzentrieren. Canonical ist in Privatbesitz und wird diesen Weg nicht gehen, trotzdem haben die Anwender für 2017 mehr Transparenz und weniger Marketing-Gewäsch verdient. Schließlich sind sie es, die Ubuntu groß gemacht haben.

Ein Lob verdient Ubuntu Mate, das als letzter Zugang zur Ubuntu-Familie nach dem Motto „Neue Besen kehren gut“ die Desktop-Umgebung von GTK2 auf GTK3 portiert hat und auch ansonsten mit viel Aktivität und guten Ideen glänzt. Gleiches wäre dem für 2017 geplanten Neuzugang Ubuntu Budgie zu wünschen.

Debian 9 Desktop
Debian 9 Desktop (Bild: Debian)

Rockstable Debian

Debian hat ein ruhiges Jahr ohne allzu große Verwerfungen hinter sich gebracht. Systemd ist voll integriert und die Apokalypse blieb aus. Die größte Änderung, die neben der Vorbereitung der Veröffentlichung von Debian 9 Stretch ansteht, ist der UsrMerge, der etwa bei Fedora schon 2012 mit Fedora 17 umgesetzt wurde. Die Hintergründe werden auf FreeDesktop erläutert. Devuan als Debian ohne Systemd hat kürzlich eine zweite Beta-Version veröffentlicht und verspricht eine stabile Veröffentlichung im Frühjahr 2017.

Devuan – Debian ohne Systemd
Devuan – Debian ohne Systemd (Bild: Devuan)

Über den Tellerrand geschaut

Das auch im Kleinen Perlen zu finden sind, zeigt bereits KaOS. Aber auch darüber hinaus waren kleine Anfänge 2016 erfolgreich. So wurde mit Solus OS eine Distribution veröffentlicht, die mit eigener Desktop-Umgebung und ohne direkte Wurzeln, aber unter Einbeziehung von GTK von Grund auf neu gebaut und dem Desktop-Anwender auf den Leib geschneidert wurde. Mit Subgraph OS erschien einen neue Sicherheits-Distribution, die sich selbst zwischen Tails und Qubes ansiedelt.

Subgraph OS will ein sicheres Betriebssystem auch für technisch weniger versierte Anwender sein, das sich im Gegensatz zu Tails auch fest installieren lässt. Als innovativer Außenseiter erschien kurz vor Jahresende nach zwei Jahren wieder eine neue Version von GoboLinux. Dieses Modell einer Distribution verlässt wie auch NixOS und Bedrock die ausgetretenen Pfade des Filesystem Hierarchy Standard (FHS) und implementiert ein gänzlich anders aufgebautes Dateisystem inklusive eigener Dateisystem-Virtualisierung.