Linux-Jahresrückblick 2016: Viele Fortschritte zum 25. Jubiläum
5/6Was sonst noch Wellen schlug
Viel Beachtung und ein enormer Erfolg waren 2016 dem Projekt Let's Encrypt beschieden, das sich zum Ziel gesetzt hat, mit kostenfreien und leicht selbst zu erstellenden Zertifikaten das Internet per SSL/TLS abzusichern. Vor rund 15 Monaten gestartet, konnte das Projekt im November bereits über 20 Millionen aktive Zertifikate vorweisen. Fast 50 Prozent der von Firefox geladenen Webseiten nutzen den Schutz von HTTPS.
Auch wenn es sich nur um einfache Zertifikate handelt, bei denen lediglich überprüft wird, ob der Antragsteller Verfügungsgewalt über die zu zertifizierende Domain hat, reicht dies den allermeisten privaten Anwendern, Organisationen und kleinen Unternehmen aus, um ihre Präsenz im Internet sicherer zu machen. Von daher ist Let's Encrypt ein Glücksfall und ein großer Erfolg im Bestreben, das Internet zu einem sichereren Ort zu machen.
Zehn Millionen Himbeeren
Auch die Erfolgsgeschichte des Raspberry Pi ging 2016 weiter. Im September konnte die Auslieferung von zehn Millionen Einheiten bekannt gegeben werden. Im gleichen Monat erhielt Raspbian, die auf Debian basierende Standard-Distribution des Winzlings ein Facelift, um im Dezember den PIXEL-Desktop nun auch auf PCs und Macs zu etablieren.
Parforceritt in Richtung Linux
Ob die bisher eher einseitige Liebesbeziehung von Microsoft und Linux ebenfalls ein Erfolg wird, muss sich noch zeigen. Jedenfalls hat Microsoft 2016 hart daran gearbeitet, eine gemeinsame Zukunftsbasis zu schaffen. Diese benötigt das Unternehmen auch, um den heute meist mit heterogenen IT-Umgebungen arbeitenden Unternehmen alles aus einer Hand bieten zu können.
In bester Microsoft-Manier kam man zu spät zur Party und versucht seit zwei Jahren mit Vollgas aufzuholen. Begonnen hat es vor Jahren damit, dass immer mehr Linux-Distributionen in Microsofts Cloud-Computing-Plattform Azure aufgenommen wurden. Es folgte die gestaffelte Freigabe des Quellcodes des .Net-Framworks. Im Jahr 2016 ging es dann Schlag auf Schlag. Im März kam die Ankündigung, Microsofts SQL Server werde künftig auch unter Linux laufen. Im gleichen Monat wurde verlautbart, unter Windows 10 soll in Zusammenarbeit mit Ubuntu eine Linux-Shell laufen.
In den gleichen Monat fiel auch die Freigabe der Visual Studio Productivity Power Tools. Im Juli wurde bekannt, dass Ubuntus Unity Desktop auch unter dem Windows Subsystem for Linux (WSL) startet. War dies eher eine Machbarkeitsstudie, so wird die Bash in Windows mittlerweile von vielen Entwicklern und Administratoren verwendet.
Integration oder Marginalisierung?
Im August öffnete Microsoft die PowerShell unter einer MIT-Lizenz und brachte eine Linux-Version heraus. Die weitere Entwicklung findet auf GitHub statt. Kaum zu glauben, aber Microsoft hat 2016 so viel Code auf GitHub eingestellt wie kein anderer. Da war es dann nur noch eine kleine Überraschung als im November bekannt wurde, das Microsoft als Platinum-Mitglied der Linux Foundation beigetreten ist. Zeitgenossen, die den Liebesschwüren aus Redmond nicht recht trauen, sehen die Umarmung von Linux aber eher als eine Vereinnahmung mit dem Ziel, Linux liebevoll zu ersticken.
Münchner Schildbürger(meister)streiche
Auch 2016 blieb Münchens Linux-IT nicht von Versuchen verschont, LiMux als Sündenbock für Probleme in der IT der Stadtverwaltung zu benennen und den Status Quo wieder zugunsten von Microsoft zu verändern. Die Grünen wandten sich dagegen, hausgemachte Probleme dem Betriebssystem in die Schuhe zu schieben.
Weiter im Osten macht Russland klare Schritte in eine vom Westen unabhängige ICT und setzt dabei auf Open Source, anstatt wie die Europäische Union und die nationalen Entscheidungsträger größtenteils heiße Luft in nicht befolgte Beschlüsse umzusetzen.