2 Millionen Lichtpixel: Mercedes-Benz nutzt DLP für neue HD-Scheinwerfer

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Nicolas La Rocco
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1 Million winzige Spiegel

Noch einmal deutlich weiter geht die jetzt vorgestellte Technologie mit mehr als einer Million Lichtpixel pro Scheinwerfer. Mercedes-Benz spricht von einem HD-Scheinwerfer mit neuartiger Beamertechnologie. Die zugrundeliegende Technologie ist dabei gar nicht so neuartig, wie es die Beschreibung zunächst vermuten lässt. In Kooperation mit Texas Instruments entwickelt, kommt das Digital Light Processing (DLP) der US-Amerikaner zum Einsatz. Automotive Lighting wiederum ist Zulieferer des fertigen Scheinwerfers.

DLP-Modul mit über 1 Million Mikrospiegel (ohne Lichtquelle)
DLP-Modul mit über 1 Million Mikrospiegel (ohne Lichtquelle) (Bild: Mercedes-Benz)

Bis zu 5.000 Kippbewegungen pro Sekunde

Der Scheinwerfer besteht aus vergleichsweise wenigen Bauteilen, imposant ist der technische Aufbau aber dennoch. Lichtquelle ist eine einzige Hochstrom-Leuchtdiode, die ihr Licht in einen gegenüberliegenden Hohlspiegel projiziert, der das Licht gebündelt auf ein Mikrospiegelarray – das DLP-Modul – wirft. Das DLP-Modul ist kleiner als ein Fingernagel, besteht aber dennoch aus mehr als einer Million winzigen Mikrospiegeln, die einzeln angesteuert und mit einer Frequenz von bis zu 5.000 Hz gekippt werden können. Von der Nullstellung ausgehend ist ein Kippwinkel von zehn Grad möglich. Dieser Zustand des Spiegels entscheidet dann über den Weg des Lichts.

Ist einer der Mikrospiegel „vollständig offen“, reflektiert er das auf ihn projizierte Licht zu 100 Prozent durch eine Linse und letztendlich vor das Fahrzeug auf die Straße oder andere Objekte. Vollständig in die andere Richtung gekippt landet das Licht in einer Lichtfalle, sodass das Lichtpixel deaktiviert ist und eine unbeleuchtete Stelle entsteht. In den Zwischenstufen und abhängig von der Frequenz entstehen Graustufen. Die Farbtemperatur der Hochstrom-Leuchtdiode liegt bei circa 5.500 Kelvin.

Nachteil Energieeffizienz

Diese Methode der Lichterzeugung ist gleichzeitig aber auch ein Nachteil der Technik, weil sie nicht so energieeffizient wie µAFS arbeitet. Die Hochstrom-Leuchtdiode arbeitet immer mit voller Leistung und nur ein Teil davon wird reflektiert, der Rest landet ungenutzt in der Lichtfalle. Die pixelgenaue Ansteuerung von µAFS verbraucht weniger Energie, da hier nicht benötigte Bereiche einfach abgeschaltet werden können.

Höhere Pixeldichte

Mit zwei Scheinwerfern ergibt sich eine Gesamtauflösung von über zwei Millionen Pixeln, die es ermöglichen, kleinste Bereiche in der Ferne und im Nahbereich auszusparen. Bei dem Multibeam-LED-Scheinwerfer der aktuellen E-Klasse entspricht ein Pixel in einer Entfernung von 100 Metern einer Fläche von 1,8 × 2,4 Metern. Beim HD-Scheinwerfer mit über einer Million Pixel ist diese Fläche in 100 Metern Entfernung nur noch 4 × 2,5 Zentimeter groß. Die Fläche verkleinert sich somit um den Faktor 4.320.

Projektor für die Straße

Die neue Technologie erlaubt nicht nur eine deutlich feiner aufgelöste Aussparung von Objekten, die nicht geblendet werden, sondern macht den Scheinwerfer auch zu einem Projektor für die Straße. Das Konzept der Projektion von Grafiken vor das Fahrzeug, das mit dem Konzeptfahrzeug F 015 vor zwei Jahren erstmals im Rahmen der CES 2015 vorgestellt wurde, wird damit in absehbarer Zeit serienreife Realität. Gunter Fischer, Leiter Karosserieentwicklung Exterieur und Fahrzeugbetriebssysteme bei der Daimler AG, sagte im Gespräch mit ComputerBase, dass die HD-Scheinwerfer mit DLP-Modul in etwa zwei Jahren in einem Serienfahrzeug angeboten werden können. Noch mangelt es dem System aber zum einen an Serienreife, zum anderen fehlt außerdem noch eine Zertifizierung durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA).

Scheinwerfer kann Filme abspielen

Der Projektion des HD-Scheinwerfers sind dabei fast keine Grenzen gesteckt, schließlich bietet jeder Scheinwerfer eine höhere Auflösung als das kleine HD-Format mit 720p. Abgesehen von der fehlenden Farbdarstellung sind deshalb sogar Filmprojektionen mit dem neuen Scheinwerfer möglich, wie Mercedes-Benz eindrucksvoll an einer Hallenwand präsentierte. Für den Alltag sind solche Machbarkeitsstudien allerdings nicht gedacht, hier hat der HD-Scheinwerfer ganz andere, sinnvollere Aufgaben zu lösen.

So ist es etwa möglich, vor das Fahrzeug Warnsymbole auf die Straße zu projizieren. Das können Hinweise auf vereiste Straßen, Warnungen vor Ölspuren oder auch frühzeitig angezeigte Stoppschilder sein. Fährt man dem vorausfahrenden Fahrzeug aus Versehen zu dicht auf, gibt es auch hier einen entsprechenden optischen Hinweis auf der Straße. Darüber hinaus warnt das System auch davor, wenn die eigene Fahrspur ohne Setzen des Blinkers verlassen wird. In diesem Fall erscheint ein nach rechts oder links gerichteter Pfeil auf der Fahrbahn, der die korrekte Fahrtrichtung signalisiert. Auch mit der Navigation lässt sich der HD-Scheinwerfer verknüpfen, sodass Hinweise zur Abbiegerichtung und Entfernung dynamisch vor dem Pkw erscheinen.

Sensor- und Navigationsdaten werden für intelligente Software genutzt

Wann welche Projektion des Scheinwerfers erfolgt, wird mit Hilfe der im Fahrzeug verbauten Sensorik und gespeicherten Daten der Navigation ermittelt. Das können etwa die Kameras und das Radar sein, aber auch die Navigationskarten. Als Versuchsträger für den HD-Scheinwerfer verwendet Mercedes-Benz zwei aktuelle S-Klassen der Baureihe W222, die aber über die fortgeschrittene Sensorik der E-Klasse Typ 213 mit teilautomatisiertem Fahren verfügen. Anstatt der serienmäßig verbauten Scheinwerfer ist der Versuchsträger mit zwei Prototypen des HD-Scheinwerfers ausgestattet.