Chelsea Manning: Obama begnadigt die Wikileaks-Informantin
US-Präsident Obama hat der ehemaligen Datenanalystin der US-Armee und Whistleblowerin Chelsea Manning die noch ausstehende Haftstrafe beinahe in Gänze erlassen. Sie soll bereits im kommenden Mai das Gefängnis endgültig verlassen dürfen.
Manning lieferte hundertausende Dokumente
Manning – damals noch als Mann unter dem Vornamen Bradley lebend – wurde von der US-Armee als Nachrichtenanalystin ausgebildet und ab 2009 im Irak eingesetzt. Dort hatte er Zugriff auf das Rechennetzwerk SIPRNet des Außen- und Verteidigungsministeriums. Im Zuge dessen sammelte er verschiedenste Datenbestände und leitete diese an die Plattform Wikileaks weiter. Darunter fanden sich beispielsweise Aufnahmen aus den Zieloptiken von Kampfhubschraubern, die den Beschuss von Zivilisten und den hämischen Kommentar der Soldaten dokumentieren. Er wollte damit eine öffentliche Debatte über die Kriege in Afghanistan und im Irak anregen.
Manning wurde im Mai 2010 verhaftet und musste unter teilweise unmenschlichen und erniedrigenden Haftbedingungen auf seine Aburteilung warten. Im Rahmen der Haft begann Manning sich einer Geschlechtsanpassung zu unterziehen, da sie sich von Kindesbeinen an als Frau gefühlt hatte. Im Sommer 2013 wurde sie schuldig gesprochen und zu 35 Jahren Gefängnis sowie 100.000 US-Dollar Geldstrafe verurteilt. Zudem erfolgte eine Degradierung und unehrenhafte Entlassung unter Verlust der Pensionsansprüche. Gegen das Urteil hatte Manning Rechtsmittel erhoben. Eine vorzeitige Haftentlassung wäre frühestens nach zehn Jahren verbüßter Strafe – unter Anrechnung der Vorhaft also ab 2020 – möglich gewesen. Vor ihr war noch niemand in den USA zu einer derart drakonischen Strafe für Geheimnisverrat verurteilt worden.
Manning befindet sich derzeit im US-Militärgefängnis für Männer in Fort Leavenworth. Dort hatte sie im vergangenen Jahr zwei Mal versucht sich das Leben zu nehmen und per Hungerstreik die Zustimmung zu einer geschlechtsanpassenden Operation durch das Militär zu erzwingen versucht. Die wurde ihr letztlich auch zugesagt.
Ab 12. Mai 2017 auf freiem Fuß
Die Erlassung der restlichen Haftzeit durch US-Präsident Barack Obama ermöglicht es Manning – im Gegensatz zu der vagen Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung – bereits ab dem 17. Mai ein freies Leben zu führen. Die 120-Tage-Frist bis zu diesem Datum ist eine übliche Wartezeit, die es Häftlingen ermöglichen soll, Vorkehrungen wie Wohnungssuche und ähnliches für die Zeit nach der Haft zu treffen.
Von republikanischer Seite wurde die Begnadigung mit Verweis auf die Tat mit großem Unmut aufgenommen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses Paul D. Ryan nannte die Entscheidung „unerhört“. In den vorhergegangenen Wochen war vielfach der Ruf an US-Präsident Obama ergangen, Manning zu begnadigen. In ersten Reaktionen zeigte sich der im Exil in Russland lebende Edward Snowden dankbar.