NAND-Flash: Toshiba vor Abspaltung der Chip-Sparte
Beim Elektronikkonzern Toshiba läuft es spätestens seit Bekanntwerden des Bilanzskandals nicht mehr rund. Erschwert wurde die Lage jüngst durch milliardenschwere Abschreibungen der US-Tochter Westinghouse. Der Mutterkonzern erwägt nun eine Abspaltung des Halbleitergeschäfts, um liquide zu bleiben.
Schon Ende Dezember, als sich das Westinghouse-Debakel durch Geschäfte mit Atomkraftwerken in den USA abzeichnete, wurde spekuliert, dass Toshiba das profitable Geschäft mit NAND-Flash-Speicherchips ausgliedern oder abstoßen könnte. Die Nachfrage nach NAND-Flash ist in den vergangenen Jahren extrem angewachsen, sodass sich der Speicher als Kerngeschäft für Toshibas Halbleitersparte entwickelt hat. Aus dem DRAM-Geschäft hatte sich Toshiba bereits 2001 verabschiedet.
Toshiba bestätigt Diskussionen
Nun wurden entsprechende Erwägungen erstmals offiziell bestätigt: Nachdem die Wirtschaftszeitung Nikkei über das Vorhaben eines partiellen Verkaufs der Chip-Sparte berichtete, hatte dies ein Unternehmenssprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt: „Es ist wahr, dass wir über eine Ausgliederung unseres Geschäfts mit Speicherchips diskutieren, aber nichts ist entschieden“.
Western Digital als Investor wahrscheinlich
Nikkei will aus eingeweihten Quellen erfahren haben, dass Toshiba Anteile der Sparte an das US-Unternehmen Western Digital verkaufen wolle. Ein solcher Schritt wäre naheliegend, sind beide doch bereits enge Partner und könnten vereint Marktführer Samsung beim Umsatz mit NAND-Flash vom Thron stoßen. Western Digital hatte mit der Übernahme von SanDisk auch die drei Gemeinschaftsunternehmen Flash Alliance, Flash Forward und Flash Partners übernommen, über die SanDisk und Toshiba Flash-Speicher seit Jahren gemeinsam produzieren und entwickeln. Laut dem Bericht werde im Zuge des Verkaufs in der ersten Jahreshälfte eine neue Firma entstehen. Neben Western Digital seien aber auch „Investmentfonds“ an einem Kauf interessiert.
Spekulationen um Größe des Deals
Ebenfalls noch unbestätigt sind die Angaben, dass Toshiba voraussichtlich 20 Prozent der Sparte mit einem Gegenwert von 200 bis 300 Milliarden Yen oder umgerechnet rund 1,77 bis 2,65 Milliarden US-Dollar abtreten wird. Auch Reuters berichtet über mehrere Interessenten an Toshibas Chipsparte und schreibt, dass Toshiba das „spin-off“ bereits bis Ende März vollzogen haben will.
In jedem Fall könnten die Einnahmen dem strauchelnden Mutterkonzern helfen, der im Februar neue Quartalszahlen vorlegen wird. Vor gut einem Jahr hatte Toshiba einen Sanierungsplan angekündigt, in dessen Zuge über 10.000 Mitarbeiter entlassen werden sollten. Die PC-Sparte wurde ausgegliedert und die TV-Sparte erheblich gestutzt.
Aus anonymer Quelle erfuhr Reuters, dass sich der Toshiba-Vorstand am Freitag zu einer Entscheidungsfindung treffen wird. Der Plan, die Chip-Sparte in ein eigenständiges Unternehmen auszugliedern, soll abgesegnet werden. Erneut ist von einem Verkauf eines Anteils von 20 Prozent die Rede, der über 200 Milliarden Japanische Yen oder rund 1,8 Milliarden US-Dollar einbringen soll. Welcher Investor dabei das Rennen macht, bleibt abzuwarten.
Wie erwartet hat Toshiba am Freitag den Entschluss zur Abspaltung der Speichersparte offiziell gemacht. In einer Mitteilung (PDF) des Unternehmens heißt es, dass Aktionäre Ende März in einer Versammlung über den Schritt abstimmen werden. Über den Umfang und die Investoren schweigt das Unternehmen.
Derweil berichten Medien, dass sich unter den potentiellen Investoren nicht nur Investmentfonds und Partner Western Digital befinden, sondern auch Canon und Foxconn werden als Interessenten gehandelt.