HP Elite X3 im Test: Das Smartphone als Office-PC‑Ersatz im Alltag
Mit dem HP Elite X3 mit Windows 10 Mobile sollen Geschäftskunden das Smartphone auch als PC nutzen können. Als Zubehör gibt es ein passendes Dock für den Schreibtisch und einen Laptop; Anwendungen stellt HP in der Cloud bereit. Das Smartphone als PC-Ersatz im Test.
Ein Blick in die Zukunft
Windows 10 Mobile hält Winterschlaf, das letzte neue Smartphone von Microsoft mit dem Betriebssystem erschien vor einem Jahr. Parallel dazu stellte HP auf dem MWC 2016 mit dem Elite X3 ein auf Geschäftskunden ausgerichtetes Smartphone mit Windows 10 Mobile vor, das mit Continuum und zwei Docking-Stations den PC ersetzen können soll. Ein Ziel, das Microsoft mit der Kombination aus Windows 10 (Mobile) und Surface im Verborgenen aktuell auch verfolgen dürfte. Die Ankündigung von Windows 10 für ARM und Microsofts Verlautbarungen über „das ultimative mobile Gerät“ deuten zweifelsohne darauf hin.
Keine betagte Hardware, sondern ein topaktuelles Konzept im Test
Im August 2016 kam das HP Elite X3 auch in Deutschland auf den Markt, noch später standen Testmuster zur Verfügung. Zu spät für einen Test? Nein: Weil das HP Elite X3 wie ein Vorbote aus einer nahen Zukunft wirkt, hat ComputerBase das Konzept trotzdem noch einem Alltagstest unterzogen. Der folgende Test ist somit kein Smartphone-Test des Elite X3, sondern legt den Fokus auf die Nutzung als PC-Ersatz mit allen Vor- und Nachteilen.
HP Elite X3 | Microsoft Lumia 950 | Microsoft Lumia 950 XL | |
---|---|---|---|
Software: (bei Erscheinen) |
Windows 10 Mobile | ||
Display: | 5,96 Zoll, 1.440 × 2.560 493 ppi AMOLED, Gorilla Glass 4 |
5,20 Zoll, 1.440 × 2.560 564 ppi AMOLED, Gorilla Glass 3 |
5,70 Zoll, 1.440 × 2.560 518 ppi AMOLED, Gorilla Glass 4 |
Bedienung: | Touch, Fingerabdrucksensor, Iris-Scanner, Status-LED | Touch, Iris-Scanner, Status-LED | |
SoC: | Qualcomm Snapdragon 820 2 × Kryo, 2,15 GHz 2 × Kryo, 1,59 GHz 14 nm, 64-Bit |
Qualcomm Snapdragon 808 2 × Cortex-A57, 2,00 GHz 4 × Cortex-A53, 1,44 GHz 20 nm, 64-Bit |
Qualcomm Snapdragon 810 4 × Cortex-A57, 2,00 GHz 4 × Cortex-A53, 1,55 GHz 20 nm, 64-Bit |
GPU: | Adreno 530 | Adreno 418 600 MHz |
Adreno 430 600 MHz |
RAM: | 4.096 MB LPDDR4 |
3.072 MB LPDDR3 |
3.072 MB LPDDR4 |
Speicher: | 64 GB (erweiterbar) | 32 GB (erweiterbar) | |
1. Kamera: | 16,0 MP, 2160p Dual-LED, AF |
20,0 MP, 2160p Triple-LED, f/1,90, AF, OIS |
|
2. Kamera: | Nein | ||
3. Kamera: | Nein | ||
4. Kamera: | Nein | ||
5. Kamera: | Nein | ||
1. Frontkamera: | 8,0 MP, 2160p | 5,0 MP, 1080p f/2,40, AF |
|
2. Frontkamera: | Nein | ||
GSM: | GPRS + EDGE | ||
UMTS: | Ja ↓42,2 ↑5,76 Mbit/s |
HSPA+ ↓42,2 ↑5,76 Mbit/s |
|
LTE: | Ja ↓600 ↑150 Mbit/s |
Advanced ↓300 ↑50 Mbit/s Variante Advanced ↓150 ↑50 Mbit/s |
Advanced ↓300 ↑50 Mbit/s Variante Advanced ↓150 ↑50 Mbit/s |
5G: | Nein | ||
WLAN: | 802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct, Miracast |
||
Bluetooth: | 4.0 | 4.1 | |
Ortung: | A-GPS, GLONASS, BeiDou | ||
Weitere Standards: | USB-C 3.0, NFC | USB-C 3.1, NFC | |
SIM-Karte: | Nano-SIM, Dual-SIM | Nano-SIM Variante Nano-SIM, Dual-SIM |
Nano-SIM Variante Nano-SIM, Dual-SIM |
Akku: | 4.150 mAh fest verbaut, kabelloses Laden |
3.000 mAh (11,60 Wh) austauschbar, kabelloses Laden |
3.340 mAh (12,90 Wh) austauschbar, kabelloses Laden |
Größe (B×H×T): | 83,5 × 161,8 × 7,80 mm | 73,2 × 145,0 × 8,20 mm | 78,4 × 151,9 × 8,10 mm |
Schutzart: | MIL-STD-810G | – | |
Gewicht: | 195 g | 150 g | 165 g |
Preis: | 829 € | 599 € | 699 € |
Continuum und HP Workspace
Ab Werk dabei ist Continuum, das Microsoft zusammen mit Windows 10 Mobile vorgestellt hat. Bereits im Test des Lumia 950 hat sich ComputerBase die Funktion kurz nach Marktstart genauer angeschaut. Per Continuum lassen sich alle für Smartphone und Desktop freigegebenen Universal-Windows-Apps (UWP) nutzen, die meisten vorinstallierten Microsoft-Apps gehören dazu. Weitere Apps lassen sich im Store finden, die Anzahl ist aber noch überschaubar, wächst jedoch weiterhin.
Was Continuum nicht kann, ergänzt der Workspace
x86-Anwendungen kann das Elite X3 hingegen nicht standardmäßig. An einer entsprechenden Lösung für Win32-Programme auf ARM arbeitet Microsoft derzeit. HPs Lösung: Workspace. Dabei handelt es sich um einen kostenpflichtigen Dienst zur Virtualisierung von x86-Anwendungen über das Internet. Unternehmen können Programme zur Nutzung in Workspace „hochladen“, um diese auf Abruf zu nutzen.
Kein Internet = kein Workspace
Für den Gebrauch ist daher jederzeit eine intakte Internetverbindung notwendig. Anfangs war die Nutzung auf jeweils 40 oder 80 Stunden monatlichen Zugriff beschränkt, mittlerweile spricht die HP-Webseite von unlimitierter Nutzung im Monat in beiden Paketen. Das kleinere Paket erlaubt die Nutzung von bis zu zehn Apps auf einem Remote-Client mit 4 GByte RAM. Beim großen Paket können unbegrenzt Apps eingespielt werden, der Arbeitsspeicher beträgt hier zudem 8 GByte. Das kleinere Abo mit ehemals 40 Stunden soll für Mitarbeiter geeignet sein, die hauptsächlich mobil arbeiten, während das größere Modell auch stationäres Arbeiten abdecken soll.
Klar auf Unternehmen ausgerichtet
Dass der Workspace klar an Unternehmen gerichtet ist, zeigt ein Blick auf das Anmeldeverfahren beim Anbieter: HP überprüft Anfragen zu einem Workspace-Account und verifiziert gültige Anfragen im Anschluss. Auch zu den Kosten der einzelnen Pakete gibt es auf den ersten Blick keine Informationen. Berichte aus den USA melden jährliche Kosten von 580 US-Dollar für das kleine und 980 US-Dollar für das größere Paket. Eine zusätzliche VPN-Integration soll demnach rund 3.000 US-Dollar kosten.
Desk Dock und Lapdock im Überblick
Das Desk Dock, das dem Gerät bei den Händlern im Bundle beiliegt, überzeugt durch die gute Verarbeitung und die vielen Anschlüsse. Aufgrund des vergleichsweise hohen Gewichts steht das Dock fest an seinem Platz. Bis auf das Kensington-Lock befinden sich alle Anschlüsse auf der Hinterseite. Zu den Schnittstellen zählen 2 × USB A, 1 × USB Typ C, DisplayPort, RJ45 sowie ein Anschluss für das Netzteil des Docks. HP legt dem Desk Dock zudem drei verschiedene Aufsätze bei, sodass das Elite X3 auch mit Zubehör wie Hüllen noch in die Station eingesetzt werden kann.
Lapdock für unterwegs
Für den mobilen Einsatz vorgesehen ist das rund 650 Euro teure Lapdock: Wie der Name impliziert, kommt es in Form eines Laptops daher, verfügt aber nur über Peripherie, Bildschirm und Akku. Prozessorleistung und Betriebssystem kommen vom Elite X3 beziehungsweise jedem mit Continuum kompatiblen Windows-Smartphone. Dieses kann entweder über USB Typ C oder per Wi-Fi Direct verbunden werden, wobei das Smartphone bei kabelgebundener Verbindung geladen wird und Continuum zudem zuverlässiger, da unabhängig von Latenzen und Schwankungen funktioniert. Insgesamt bietet das Lapdock zweimal USB Typ C und einen Micro-HDMI-Anschluss.
Gute Verarbeitung, schwaches Trackpad
Die Verarbeitung kann überzeugen, alles sitzt fest an seinem Platz. Über Öffnungen für Kühler verfügt das Dock nicht. Mit knapp einem Kilogramm Gewicht ist das Zubehör zudem so leicht und mobil wie ein Ultrabook. Nicht zufriedenstellend sind hingegen das Trackpad und das Tastaturlayout. Das Trackpad ist ungenau, erkennt Klicks nicht immer und wirkt behäbig. Alternativ kann auch das HP Elite X3 als Trackpad benutzt werden. Das wurde im direkten Vergleich letztendlich auch bevorzugt, obwohl das richtige Feedback beim Elite X3 fehlt.
Das Tippgefühl der Tastatur ist gut, wenngleich der Tastenhub kurz ist und somit einer Eingewöhnung bedarf. Das Layout der Tastatur ist allerdings englisch, und trotz Deutsch als eingestellter Sprache erfordern insbesondere Sonderzeichen ein Umdenken.
Das Display ist Durchschnitt
Das 12,5 Zoll große Display des Lapdock kann insgesamt als durchschnittlich bezeichnet werden. Die maximale Helligkeit von 303 cd/m² geht in Ordnung, durch die matte Oberfläche ist eine Nutzung auch mit weniger Helligkeit in hellerer Umgebung möglich. Der Weißpunkt ist mit etwa 6.300 Kelvin gut. Auch beim Kontrast zeigt sich das Lapdock eher durchschnittlich, einen Wert von 757:1 können einige hochwertige Notebooks überbieten. Die Auflösung von 1.920 × 1.080 Pixel ist ausreichend scharf für den Einsatz im Alltag, und die Ausleuchtung überzeugt.
Als PC im Test nur eingeschränkt
Im Alltag hat ComputerBase mit Continuum und mit Workspace gearbeitet. Die Leistung unter Continuum geht in Ordnung, der App-Wechsel gelingt zuverlässig, benötigt aber immer wieder eine kleine Gedenksekunde. Im Vergleich zum Lumia 950 erscheint aber alles ein Stück weit flüssiger, wenngleich die Reaktionsgeschwindigkeit nicht einem Notebook oder Desktop mit angemessener Hardware entspricht.
Besseres Continuum auf dem Elite X3
Die Nutzung im Redaktionsalltag war eingeschränkt möglich, sofern es sich nur um Browser-Betrieb handelte. Die Bearbeitung von Fotos oder Videos stellt aber bereits eine erste Hürde für Continuum alleine dar. Des Weiteren ist die Auswahl an (produktiven) Universal-Apps gering, sodass Continuum alleine den Desktop nicht ersetzen kann – und HP zum Workspace rät.
In Workspace selbst waren auf dem von HP zur Verfügung gestellten Account unter anderem Slack, Chrome und Microsoft Office hinterlegt. Zur Nutzung des Dienstes meldet sich der Anwender mit seinem Workspace-Account an und erhält Zugriff auf die Umgebung inklusive Programmauswahl.
Maximal 15 FPS in Workspace kosten Komfort
Obwohl alle Funktionen der Desktop-Anwendungen verfügbar sind, ist die Benutzung abseits einfacher Anwendungen noch nicht auf dem Niveau eines ausgewachsenen PCs. Die gesamte Oberfläche und Bedienung zeigen sich immer wieder verzögert. Der Grund dafür ist schnell gefunden: Die Oberfläche im Workspace wird auf maximal 15 FPS gedrosselt, die genaue Anzahl an Bildern pro Sekunde hängt aber auch von der genutzten Internetverbindung ab. Auch die allgemeine Latenz zwischen Ein- und Ausgabe lässt selbst das Tippen eines Word-Dokuments vereinzelt ruckelig erscheinen. Darüber hinaus war es am Lapdock nicht möglich, mit dem Trackpad Gesten mit mehreren Fingern zu nutzen, wenn Windows-Anwendungen liefen. In Continuum konnte hingegen mit zwei Fingern gescrollt werden.
Internet als wichtigster Faktor
Von besonderer Wichtigkeit sind dabei die Stabilität und Geschwindigkeit der Internetverbindung: Sobald die Internetverbindung abbricht, pausiert der HP Workspace und eine Nutzung ist bis zum Wiederaufbau einer stabilen Verbindung nicht möglich. Dies ist gerade in Kombination mit dem Lapdock oft eine Einschränkung, da es so beispielsweise im Zug oft zu Unterbrechungen kommt, die produktives Arbeiten erschweren. Das Elite X3 kann das Lapdock auch kabellos über Wi-Fi Direct ansteuern, was aber oft mit Einbußen bei der Latenz und den FPS einhergeht.
Die Qualität der Internetverbindung wird damit zum wichtigsten und teilweise zweiseitigen Faktor: Es hilft, die Virtualisierung von echten PC-Anwendungen auf dem Smartphone zu realisieren, schränkt die Nutzung je nach Übertragungsgeschwindigkeit aber auch ein.
Zuverlässiges Multitasking
Gut funktioniert hat das Multitasking, denn der Wechsel zwischen mehreren virtualisierten Anwendungen funktioniert zuverlässig und in einer angemessen Geschwindigkeit. Problematisch wird die mobile Nutzung des Lapdock in Kombination mit Workspace, denn sobald die Internetverbindung abbricht oder nicht stark genug ist, stehen auch die virtualisierten Anwendungen still.
Im Hintergrund der Virtualisierung beim Test-Account stand ein Intel Xeon E5 mit 8 GByte RAM, was auf das größere Paket schließen lässt. Im günstigeren Paket mit weniger Stunden sind es nur 4 GByte Arbeitsspeicher.
Fazit: Gute Ideen, die Geld und Komfort kosten
Dass HP das Elite X3 für Geschäftskunden entwickelt hat, ist bereits zur Vorstellung deutlich geworden. Auch die Virtualisierung über Workspace sowie das Lapdock unterstreichen die Ambitionen des Herstellers – und grenzen das Produkt klar vom Endkundenmarkt ab, wenngleich das Smartphone auch im freien Handel verfügbar ist.
Preise und Konzept richten sich an Unternehmen
Doch die Nutzung als 3-in-1-Gerät kommt auch mit gewissen Einschränkungen. Da wären einerseits die Kosten für den Workspace sowie die je nach Paket limitierte Anzahl an installierbaren Anwendungen. Zudem sind maximal 15 FPS und eine dauerhafte Internetverbindung weitere Einschränkungen, die ein vollwertiger Computer umgehen kann. So wird das mobile Arbeiten mit Lapdock im Zug bei instabiler Verbindung oft von Pausen begleitet, weil es sich ohne Internet schon nicht mehr in Word tippen lässt.
Das Lapdock ist hochpreisig und limitiert
Doch nicht nur die Kosten für den Workspace stehen dem Konzept aktuell noch etwas im Weg, auch die Hardware selbst ist hochpreisig. Das Elite X3 kostet über 700 Euro, kommt in der Regel aber im Paket mit Desk Dock, vielen weiteren modernen Features und starker Hardware. Das Lap Dock hingegen entspricht mit nochmals rund 650 Euro preislich einem einfachen Mittelklasse-Notebook. Letzteres benötigt aber keine weitere Investition von über 700 Euro, denn ohne Elite X3 ist das Lapdock ohne Funktion.
Ein Blick in die Zukunft (2)
Die Idee eines 3-in-1-Gerätes ist interessant, im Falle des Elite X3 aber noch nicht reif genug für den (Arbeits-)Alltag. Nicht nur die Kosten sind hoch, für die mobile Nutzung von Continuum und Desktop-Anwendungen über Workspace ist auch ein zweites Gerät notwendig, das ohne Elite X3 aber nicht mehr als ein Dummy ist. Nichtsdestoweniger sind die Ideen, die HP einbringt, interessant und zeigen auf, wohin die Reise gehen kann. Weitere Verbesserungen verspricht Microsofts Ambition, 32-Bit-Anwendungen auf ARM-Hardware per Emulation zum Laufen zu bringen – auf die Cloud kann dann verzichtet werden.
Bedeutung für das „Surface Phone“
Das HP Elite X3 zeigt das Potential der Nutzung eines vom Smartphone bereitgestellten Windows 10 mit Continuum auf externen Bildschirmen auf, auch und gerade weil HP Workspace bisher so dringend benötigte Anwendungen bereitstellt. Und gleichzeitig werden die Einschränkungen dieses Ansatzes deutlich. Genau da dürfte Microsoft mit dem angekündigten „ultimativen mobile Gerät“ in Zukunft ansetzen.
Bereits seit geraumer Zeit halten sich Gerüchte, dass Microsoft unter der auf Produktivität bedachten Surface-Marke ein neues Smartphone auf den Markt bringt, das Windows-Anwendungen unterstützt. Genährt wurden diese Annahmen insbesondere durch Microsofts Ankündigung, dass ARM-Hardware in Zukunft 32-Bit-Windows-Anwendungen emulieren können soll. Eine erste Demo hat Ende 2016 Adobe Photoshop auf einem Qualcomm Snapdragon 820 gezeigt. Nach wiederholt gescheiterten Versuchen, auf dem Markt für Smartphones Fuß zu fassen, hat die richtige Umsetzung dieses Konzeptes großes Potential.
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