AMD Ryzen 7 1800X, 1700X, 1700 im Test: König in Anwendungen, Prinz in Spielen
5/8AMDs Vorab-Benchmarks auf den Zahn gefühlt
Im Rahmen von zwei Veranstaltungen hatte AMD im Jahre 2016 die Stimmung für (Ry)Zen angeheizt. Im August 2016 wurde erstmals Blender in einem kurzen Test gezeigt. Damals wurde eine Leistung dargelegt, die der eines Intel Core i7-6900K mit acht Kernen und 16 Threads entsprach, sogar mit minimalem Vorteil für AMD. Bei einer weiteren Veranstaltung Anfang Dezember 2016 wurde ein Ultra-HD-Video mit Handbrake ohne GPU-Unterstützung transcodiert, wieder sah sich AMD leicht vor Intel – bei quasi identischem Verbrauch des Testsystems.
Zum Start der CPUs und einem technischen Vorab-Event in San Francisco wurden weitere Ergebnisse gezeigt, erstmals mit exakten Spezifikationen der verwendeten Systeme. Diese zeigen ein gewisses cherry picking, unter anderem wurden die Intel Broadwell-E in Form des Core i7-6900K nur mit Dual-Channel- statt Quad-Channel-Speicher betrieben und auch der Turbo wurde nicht richtig eingesetzt, weshalb allein in Cinebench MT fast 100 Punkte fehlten – Herstellerbenchmarks sind deshalb wie immer zu hinterfragen. Im ComputerBase-Test werden die Angaben von Handbrake und Blender nun genauer überprüft.
Drei unterschiedliche Tests in Blender 2.78b
Zum Einsatz kommt im ersten Test Blender in der Windows-10-Variante für 64 Bit und der Versionsnummer 2.78b, das mit dem Stand vom 8. Februar 2017 noch taufrisch ist. Blender stellt zudem viele Demo-Files zur freien Verfügung. Genutzt werden drei Tests mit unterschiedlichem Ansatz: Ein fast 130 MByte großes Mega-Projekt Procedural von Juri Unt (Blenderman), ein mittelgroßes Szenario, welches aus mehreren Bildern/Ebenen besteht; Racing Car By Pokedstudio sowie der bekannte BMW Benchmark von Mike Pan.
Über den Standard-Renderpfad (Render Image) wird ohne zusätzliche Anpassungen sowohl am Programm als auch des jeweiligen Projekts das Bild ausschließlich über die CPU gerendert (Tastenkürzel F12). Die Gesamtzeit dafür wird in den Diagrammen ausgegeben.
Die Benchmarks zeigen ein leicht anderes Bild als zuvor, die aktuelle Blender-Version 2,78b enthällt nämlich diverse CPU-Optimierungen, insbesondere auch bezüglich AVX2. Dies kommt Intels Prozessoren zugute, je länger die Testreihen andauern, desto besser werden diese und holen in den jeweiligen Vergleichen gegenüber AMD auf. So lag der Core i7-6850K in den beiden kürzeren Tests noch 21 Prozent hinter dem Ryzen 7 1800X, beim sehr langen Test liegen sie nahezu exakt gleichauf.
Handbrake: Video-Umwandlung mit H.264 und H.265
Handbrake hat nach vielen Jahren als Beta-Testversion inzwischen einen finalen Stand erreicht. Im Test kommt Handbrake in Version 1.02 von Ende Januar 2017 in zwei Presets zum Einsatz: Fast 1080p30 ist eine klassische Variante mit H.264, zudem wird das 4K-Video auch mit der Voreinstellung Roku 2160p60 4K Surround inklusive H.265-Codec umgewandelt. Die jeweils benötigte Zeit wird im Diagramm hinterlegt.
Auch in Handbrake sind Optimierungen eingeflossen und auch dieser Test zeigt: Je länger eine Arbeit dauert, desto besser kommen die Intel-CPUs in Fahrt. Dauert der Test mit geringen Details nur eine Minute, gewinnt AMD. In einem Extrem-Preset und verstärkter AVX-Nutzung zieht wiederum der Intel-Prozessor nach vorne. Wie wichtig die neuen Instruktionen dann sind, zeigt der alte Phenom II X6: Braucht er beim H.264-Encoding nur die dreifache Zeit, ist es bei H.265 im Extreme-Preset die zehnfache Zeit zum besten Modell im Test.
Als Spaß am Rande: SuperPi
SuperPi, in Communities und bei Overclockern genutzt, ist kein Teil des Testsystem-Benchmarkparcours, wird aber von Herstellern immer wieder genutzt, um die Leistungsfähigkeit zu präsentieren. In den letzten Jahren war SuperPi eine Intel-Domäne, da Bulldozer gegenüber den Phenom kaum zulegte – das zeigt auch das Diagramm noch einmal deutlich, in denen ein 4,7 bis 5,0 GHz schneller FX-9590 kaum gegen einen Phenom II X6 1090T mit 3,3 GHz bestehen kann.
Ryzen 7 macht hingegen einen guten Satz nach vorn, da die IPC aber nach wie vor etwas schlechter als bei Intel ist, werden sie von Broadwell-E und Kaby Lake auf die Plätze verwiesen.
Schwankende Leistung: Erklärungsansätze
Im Test zeigten sich bei Anwendungen sowie in zahlreichen Spielen Auffälligkeiten. Einen Erklärungsansatz könnte die Speicher- und Cacheanbindung liefern. Im integrierten Benchmark von 7-zip beispielsweise unterscheiden sich die Werte bei der Komprimierung und Dekomprimierung in der Bewertung um mehr als 10.000 MIPS – dies gab es nie zuvor. Während der erste Test dabei auf den RAM geht, ist der zweite CPU-lastig und auch vom Cache abhängig.
Auch im praxisnahen Packtest eines 3,79 GByte großen Ordners mit 4.407 Dateien in 309 Unterordnern zeigte sich das Problem beim RAM erneut: Mit 124 Sekunden brauchte der schnellste Ryzen R7 exakt so viel Zeit wie ein Core i7-7700, der 230 Euro günstiger ist und langsameren DDR4-2.400-Speicher nutzt. Auch andere Real-World-Szenarien,wie die Umwandlung von 34 Bildern in Adobe Photoshop zeigen die Auswirkungen: 76 Sekunden liegen auf dem Niveau eines 230 Euro teuren Core i5-7600 mit nur einem Viertel der Prozessorthreads und langsamerem Speicher. In anderen Anwendungen wiederum ist Rzyen hingegen so schnell wie Intels 10-Kern-CPU.
Weil der Speicher mit DDR4-2.666 und CL15 im Dual-Channel-Modus angesprochen wurde und Spiele offensichtlich keinen Nutzen aus noch höheren Taktraten erzielen konnten, muss allerdings bezweifelt werden, dass die Probleme direkt auf die Anbindung des Speichers zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf die Cache-Hierachie von Ryzen.
AMD: Kein Problem mit dem Scheduling
Dass das Scheduling von Windows (10) für die Leistungsverluste verantwortlich ist, hat AMD mittlerweile offiziell verneint und betont, dass die jeweilige Anwendung auf die Zen-Architektur optimiert werden muss. Hinweise darauf, dass Windows Ryzen 7 nicht korrekt erkennt, sind laut AMD nicht zutreffend, weil nicht Windows, sondern das verwendete Programm den Prozessor falsch ausliest. Die von einigen Anwendern beobachteten Leistungsunterschiede zwischen Windows 7 und Windows 10 seien so entweder auf andere Einflussfaktoren, oder das gewählte Energiesparprofil zurück zu führen – nicht aber auf Scheduling.
Derartige Gerüchte waren aufgekommen, weil zwischen den Windows-Versionen immer wieder Leistungsunterschiede zu beobachten gewesen sind. doch der Hintergrund ist ein anderer: Windows 7 kann Ryzen im Profil „Ausbalanciert“ einzelne Kerne ohne Leistungsverlust parken, in Windows 10 gelingt das derzeit nicht. Dort verliert Ryzen 7 im Artikel „AMD-Ryzen-Benchmarks: Spiele unter Windows 7, Core Parking und HPET analysiert“ von ComputerBase im Schnitt knapp zwei Prozent im Vergleich zum Profil „Höchstleistung“, im schlimmsten Fall – Project Cars – sind es allerdings fast 20 Prozent. Läuft Windows 10 im Profil Höchstleistung, ist Ryzen 7 im Test von ComputerBase im Schnitt hingegen schneller als unter Windows 7. Das bestätigt AMDs Aussagen.
Valve hat inzwischen einen ersten Patch für Dota 2 veröffentlicht, der das Spiel für Ryzen optimieren soll, unabhängige Tests konnte ComputerBase bisher noch nicht durchführen.
Ein Update im April 2017 soll Windows 10 beschleunigen
Mit einem Update Anfang April 2017 soll dieses Problem unter Windows 10 behoben werden, Ausbalanciert dann also keine Leistung mehr im Vergleich zu Höchstleistung kosten. Ob AMD und Microsoft Core Parking fehlerfrei hinbekommen, oder diese Funktion einfach abgestellt wird, bleibt abzuwarten – Intel nutzt weder bei Kaby Lake noch bei Broadwell-E Core Parking unter Windows 10.