Bundeswirtschaftsministerium: Neue Spielregeln für die vernetzte Welt
Auf der CeBIT 2017 hat das Bundeswirtschaftsministerium das „Weißbuch Digitale Plattformen“ vorgestellt. Es lässt sich als Kampfansage an Internetkonzerne wie Amazon, Apple, Facebook und Google verstehen, die alte Geschäftsmodelle umkrempeln und Standards setzen, an denen andere Unternehmen sich richten müssen.
Google dominiert im Suchmaschinengeschäft, Facebook ist führender Anbieter bei den sozialen Netzwerken und Amazon schreitet beim Online-Handel voran. Hinzu kommen noch Anbieter und Uber, die ebenfalls klassische Geschäftsfelder umkrempeln. Neu ist die Erkenntnis nicht, doch dass digitale Plattformen eine marktbeherrschende Stellung anstreben, stellt die Politik regelmäßig vor Probleme. An diesem Punkt will nun das Wirtschaftsministerium mit dem Weißbuch ansetzen, das neue Regeln für die Plattform-Ökonomie fordert.
Datenökonomie: Hoffen auf vernetzte Industrie
„Wir legen den Fokus auf digitale Plattformen, weil sie zu den Hauptakteuren der Digitalisierung gehören, sich aber durch bestimmte Eigenschaften den gängigen Regeln von Markt, Wettbewerb und Verbraucherschutz entziehen“, schreibt Matthias Machnig, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, in einem Gastbeitrag für die Rheinische Post. Besonders heikel ist dabei für das Wirtschaftsministerium, dass die meisten Plattformen aus den USA und Asien stammen. Europa selbst spielt in diesem Bereich nur eine Nebenrolle, was mit einer auf Industrie ausgelegten Wirtschaft erklärt wird.
Selbst wenn bei Internetdiensten wie Suchmaschinen wohl nichts mehr zu machen sei, müsse sich Deutschland und Europa nun wappnen, um nicht auch bei klassischen Wirtschaftszweigen wie der Autoindustrie abgehängt zu werden. „Transformation statt Disruption“ lautet hier das Motto, was im Kern heißt: Alte Industrien sollen nicht von der Digitalisierung überrollt werden, sondern die Möglichkeit erhalten, sich mehr oder weniger behutsam zu wandeln. Wie der Spiegel der aktuellen Ausgabe berichtet, verspricht sich das Wirtschaftsministerium viel von der Industrie 4.0 – also dem Stichwort, unter dem die Vernetzung von Fabriken sowie das Internet der Dinge (IoT) beschrieben wird.
In der Praxis: Gleiche Regeln für WhatsApp samt Konsorten und eine Digitalagentur
Für digitale Plattformen werden in dem Weißbuch daher Vorschläge präsentiert, die einen fairen Wettbewerb garantieren sollen. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries: „Die Regeln und Werte, die sich in der analogen Welt bewährt haben, müssen auch in der digitalen Welt gelten.“ In der Praxis bedeutet das etwa: Messenger-Dienste wie WhatsApp und Skype (OTT-Dienste) sollen denselben Regeln unterliegen wie klassische Telekommunikationskonzerne. Internetdienste sollen anhand von „One Pagern“ verständlich informieren, wie etwa Suchergebnisse oder Angebote zu Stande kommen. Ebenso müssten die Nutzer wissen, was mit ihren persönlichen Daten passiert.
Ein weiterer Vorschlag ist zudem noch eine Digitalagentur, um die Arbeit von bestehenden Behörden zu ergänzen. Das Ziel: Die Märkte kontinuierlich beobachten, sodass man rasch eingreifen kann, wenn es zu Wettbewerbs- und Regulierungsverstößen kommt. Ohnehin wird das Wettbewerbsrecht als eine Art Hebel beschrieben, mit dem sich die digitalen Plattformen kontrollieren lassen.
Glasfaserausbau als Grundlage für Datenökonomie
Dass das Wirtschaftsministerium auch den Ausbau von Gigabit-Netzen vorantreiben will, begrüßen Branchenverbände wie der VATM. Doch an dieser Stelle zeigt sich auch schon, wie umstritten die Vorschläge sind. Dass Netzbetreiber unter gewissen Umständen aus der Regulierung entlassen werden könnten, weckt Argwohn. „Natürlich brauchen wir angepasste Rahmenbedingungen für den Glasfaserausbau, aber ein kompletter Regulierungsverzicht nutzt allein einem regulierten Unternehmen und damit insbesondere der Telekom“, sagt VATM-Präsident Martin Witt.