AMD-Ryzen-Benchmarks: Spiele unter Windows 7, Core Parking und HPET analysiert
AMDs Ryzen-7-CPUs können in Anwendungen selbst teureren Intel-Prozessoren Paroli bieten, in Spielen fällt die Leistung oft schwächer aus: Ryzen 7 1700, 1700x und 1800x im Test. Anstatt sich Spekulationen hinzugeben, hat die Redaktion getestet und kann AMDs Stellungnahme zum Scheduling und Core Parking so mit Daten unterlegen.
Ryzen-Benchmarks: Windows 7, Höchstleistung und HPET
In den letzten knapp zwei Wochen nach der Markteinführung von Ryzen hat sich das Internet einmal mehr von seiner fragwürdigen Seite gezeigt: Gerüchte um die Ursache dafür, dass Ryzen 7 in Spielen oftmals schlechter abschneidet als in Anwendungen, verbreiteten sich ungeprüft wie ein Lauffeuer, ein ausgefallener Patchday von Microsoft stand kurzfristig als die mögliche Erklärung unter Windows 10 im Raum; unter Windows 7 sei Ryzen schließlich deutlich schneller. AMDs zurückhaltende Kommunikationspolitik hat dieser Entwicklung zusätzlich Raum gegeben.
Analysieren statt Aufheizen
ComputerBase hat die letzten Tage in die Analyse vieler dieser Gerüchte und nicht in deren Verbreitung investiert. Passend zur aktuellen Stellungnahme von AMD zum Scheduling und Core Parking unter Windows mit Ryzen kann die Redaktion deshalb Daten liefern, die die neuen Aussagen des Herstellers in der Tat untermauern. AMD sagt:
- Das Scheduling unter Windows 10 arbeitet fehlerfrei mit Ryzen, relevante Unterschiede zu Windows 7 gibt es nicht. Leistungsunterschiede zwischen den Betriebssystemen sind auf andere Einflussfaktoren in der Architektur des Betriebssystems zurückzuführen.
- Durch den Wechsel des Energiesparprofils von Ausbalanciert auf Höchstleistung lässt sich das Core Parking abschalten, ein zeitaufwendiges Aufwecken entfällt. Darüber hinaus soll der neue Turbo tendentiell häufiger höhere Taktraten ermöglichen. Ein Update für Windows 10 im April soll den Leistungsunterschied abschaffen. Intel nutzt Core Parking unter Windows 10 aktuell nicht.
Schon zum Test von Ryzen 7 1800X, 1700X und 1700 Anfang März hatte AMD darüber hinaus dazu geraten, den High Precision Event Timer (HPET) unter Windows zu deaktivieren, um eine potentielle Bremse zu lösen.
Drei Testreihen: Windows 7, Energiesparmodi, HPET
In drei Testreihen greift ComputerBase diese drei Aspekte auf. Die umfangreichen Tests mit 13 Spielen unter Windows 7 sollen neben dem möglichen Einfluss des Schedulings auf die Leistungsfähigkeit von Ryzen auch Nutzern dieses Betriebsystems zeigen, wie viel Leistung im Vergleich zu Windows 10 in Spielen zur Verfügung steht.
Darüber hinaus hat ComputerBase den Leistungsunterschied zwischen den Energiesparmodi „Höchstleistung“ und „Ausbalanciert“ unter beiden Betriebssystemen analysiert und gegenübergestellt. Und zum Abschluss – wie von AMD bereits zum Test vorgeschlagen – den High Precision Event Timer in Windows deaktiviert. Auf dem Testsystem mit Windows 10 war HPET laut Kommandozeilenbefehl bereits von Haus aus abgeschaltet, die dazu nötigen Treiber jedoch installiert. Zur Sicherheit wurde HPET für diesen Artikel noch einmal manuell an- und noch einmal abgeschaltet.
Testsystem und Testverfahren
Für sämtliche Testreihen kommt der explizit für den Ryzen-Marktstart angefertigte Spiele-Testparcours mit 13 modernen Spielen sowie einer Titan X als High-End-Grafikkarte zum Einsatz. Als Untersatz für das AMD-Topmodell Ryzen 7 1800X wird wie im Test zu Ryzen das Asus Crosshair VI Hero mit dem BIOS 5704 genutzt. Zwei acht Gigabyte große DDR4-Speichermodule werden mit 2.666 MHz und den Timings 16-18-18-36 angesteuert. Als CPU-Kühler ist der Noctua NH-U14S mit einem Lüfter installiert. Sämtliche Messwerte sind mit Nvidias FCAT-System erstellt worden.
Spiele-Benchmarks mit Windows 7 und 10
AMD behauptet, Unterschiede zwischen Windows 7 und Windows 10 seien nicht auf das Scheduling sondern die Architektur als solche zurückzuführen. Aber wie groß sind sie überhaupt? ComputerBase hat es als Ausgangspunkt mit Windows 7 und Windows 10 im Energiesparprofil Ausbalanciert getestet.
Windows 7 und 10 im Profil „Ausbalanciert“ auf Augenhöhe
Im Durchschnitt über die 13 von ComputerBase getesteten Spiele gibt es einen Unterschied von zwei Prozent, allerdings zu Gunsten von Windows 10. An dieser Aussage ändert sich nichts, wenn aus dem Endergebnis Ashes of the Singularity gestrichen wird, das unter Windows 10 aufgrund von DirectX 12 deutlich schneller als unter Windows 7 läuft. Insgesamt geben die getesteten Spiele keinen Anlass zur Annahme, dass Windows 10 mit Ryzen in Spielen schlechter läuft als Windows 7.
Im Schnitt wenig Vorteile durch „Höchstleistung“ und „HPET aus“
Im Durchschnitt ändern auch die zwei von AMD empfohlenen Optimierungen nicht viel. Mit (definitiv) abgeschaltetem HPET wird Windows 10 im Schnitt ein halbes Prozent schneller, der Wechsel des Energiesparprofils von Ausbalanciert auf Höchstleistung bringt zwei Prozent. Immerhin. Windows 7 zeigt sich hingegen unbeeindruckt vom Wechsel des Energiesparprofils.
Einzelne Spiele zeigen deutlichere Unterschiede
In der Detailansicht ist es vielen Spielen in der Tat egal, ob Windows 7 oder Windows 10 und welches Energiesparprofil zum Einsatz kommt. Aber es gibt Ausnahmen. Anno 2205 ist einer der Titel, der unter Windows 10 auf Ryzen im Vergleich zu Intel derzeit besonders schlecht läuft. Wer Windows 7 anstatt Windows 10 benutzt, erhält hier nur einen kleinen Schub von zwei Prozent. Mehr bringt es da schon, in Windows 10 auf Höchstleistung zu stellen: 5 Prozent schneller läuft der Titel dann. Von den FPS auf einem Intel Core bleibt Ryzen aber trotzdem noch weit entfernt.
Auch in Battlefield 1 lassen sich Unterschiede erkennen. Der First-Person-Shooter ist das einzige Spiel aus dem Testparcours, das derzeit unter Windows 7 immer schneller läuft als unter Windows 10. Windows 10 inklusive Höchstleistung verbessert die Geschwindigkeit zwar um drei Prozent. Der Wechsel auf Windows 7 bringt aber weitere vier Prozent dazu. Der Abstand zwischen Windows 10 im Auslieferungszustand und Windows 7 beträgt also sieben Prozent. Damit kann die CPU schneller als der Core i7-6850K arbeiten und kratzt beinahe am Core i7-6900K – beide unter Windows 10 getestet, wohlgemerkt.
Deutlich mehr Performance für Ryzen in Project Cars
Auch in weiteren Spielen gibt es Unterschiede zwischen den Konfigurationen (Deus Ex, F1 2016, Total War: Warhammer, Watch Dogs 2), die mit Abstand größten Unterschiede sind jedoch in Project Cars zu sehen. Der Ryzen 7 1800X zeigte in dem Titel unter Windows 10 mit den Standardeinstellungen die schlechteste Leistung in allen Spielen und war dabei noch langsamer als der Core i5-7600K.
Problem der Lösung ist in diesem Fall auf den ersten Blick in der Tat der Wechsel auf Windows 7: Dann legt die Framerate in dem Rennspiel plötzlich um 18 Prozent zu. Genau dieselbe Geschwindigkeit ist jedoch auch unter Windows 10 möglich. Nämlich dann, wenn man von Ausbalanciert den Energiemodus auf Höchstleistung stellt. Beide Betriebssysteme liegen dann wieder gleich auf und der Ryzen 7 1800X ist so schnell wie der Core i7-7700K sowie der Core i7-6850K.
Zwischenfazit: Ryzen arbeitet in Spielen im Schnitt unter Windows 10 schneller als unter Windows 7, selbst wenn als Energiesparprofil „Ausbalanciert“ eingestellt worden ist. Der Wechsel auf Windows 7 bringt nur in Battlefield 1 und Project Cars deutliche Vorteile. In Project Cars kann derselbe Vorteil wiederum aber auch unter Windows 10 erzielt werden, indem das Profil „Höchstleistung“ gewählt wird. AMDs Aussage, das Scheduling unter Windows 7 und Windows 10 sei für Ryzen grundsätzlich gleich, kann damit nachvollzogen werden. Wie von AMD behauptet, ist offensichtlich Core Parking ein Problem – und nur unter Windows 10.
Core Parking ist unter Windows 7 kein Problem
Die Benchmarks mit Höchstleistung unter Windows 10 zeigen, dass das Schlafenlegen der CPU-Kerne durch Windows in einigen Spielen Performance kosten kann. Interessanter Weise ist das unter Windows 7 nicht der Fall, obwohl auch das ältere Betriebssystem Core Parking verwendet. Warum? Die Funktion arbeitet unter Windows 7 anders als unter Windows 10.
Windows 10 legt bei geringer Last 14 Threads von den 16 vorhandenen Threads auf dem Ryzen 7 1800X schlafen. Thread eins und zwei sind weiterhin aktiv und Thread drei bis 16 sind abgeschaltet. Vermutlich lässt Windows 10 also einen CPU-Kern mitsamt SMT aktiv. Auch Windows 7 legt einzelne Threads bei niedriger Last schlafen, allerdings maximal die Hälfte und nach einem anderen System. Nach der Windows-10-Logik müssten Thread eins bis acht betroffen sein. Doch stattdessen wird immer jeder zweiter Thread schlafen gelegt, sprich Thread 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14 sowie 16.
Falls Windows 7 die Threads genauso zuordnet wie Windows 10 (bezüglich eigentlichem Kern und SMT), ist es also denkbar, dass Windows 7 zwar die logischen „SMT-Threads“ abschaltet, die eigentlichen Kerne aber aktiv lässt. Der Prozessor muss deshalb nicht zeitaufwendig „aufgeweckt“ werden. Dies und der Umstand, dass Windows 7 sechs Threads mehr als Windows 10 aktiv lässt, könnte also das problemlose Core Parking unter Windows 7 erklären, während das Feature unter Windows 10 nicht reibungslos funktioniert.
Höchstleistung unter Windows 10 hat auch Nachteile
Für die Spieleperformance unter Windows 10 ist es also ratsam, das Energiemanagement auf Höchstleistung umzuschalten. Da dann weder das Core Parking, noch das Heruntertakten der CPU aktiv ist, steigt die Leistungsaufnahme im Leerlauf auf dem Windows-Desktop aber an. Ein Plus von neun Watt und damit eine Leistungsaufnahme von 62 Watt anstatt 53 Watt lautet das Ergebnis.
Das weichere Core Parking unter Windows 7 zeigt sich auch am Energiekostenmessgerät: Anstatt der 53 Watt unter Windows 10 genehmigt sich dasselbe System unter Windows 7 etwas höhere 58 Watt aus der Steckdose. Dies sind aber immer noch vier Watt weniger als im Höchstleistungsmodus von Windows 10.
Fazit: Windows 10 „Ausbalanciert“ kostet Leistung
Die von AMD getroffenen Aussagen zum Scheduling und Core Parking von Ryzen unter Windows werden von diesem Artikel bestätigt: Im Durchschnitt über alle 13 getesteten Spiele nehmen sich Windows 10 und Windows 7 nicht viel, in der Tendenz ist das neue Betriebssystem schon ohne Eingriff schneller.
Leistungszugewinne durch den Wechsel auf Windows 10 sind unter Windows in der Regel ebenfalls möglich, wenn vom Energiesparprofil „Ausbalanciert“ auf „Höchstleistung“ gewechselt wird. Zwei Prozent schneller laufen die Spiele dann im Durchschnitt, Project Cars stellt mit fast 20 Prozent Zugewinn eine absolute Ausnahme dar. Unter Windows 7 bringt der Wechsel hingegen keinen Leistungszugewinn.
Ursache ist das Schlafenlegen von einzelnen Kernen und Threads, das unter Windows 10 anders und offensichtlich nicht korrekt mit Ryzen funktioniert. Der von AMD für Anfang April angekündigte Patch erscheint demnach sinnvoll. Wer schon heute den positiven Effekt dieser Anpassung nutzen will, muss Windows 10 im Profil „Höchstleistung“ betreiben. Ab April sollte „Ausbalanciert“ dann dieselbe Leistung bringen, im Leerlauf aber zusätzlich ein paar Watt Strom sparen. Intel nutzt Core Parking unter Windows 10 sowohl mit Kaby Lake als auch mit Broadwell-E gar nicht.
Windows 7 ist nicht grundsätzlich im Vorteil
Wer dagegen noch Windows 7 nutzt, hat als Spieler, anders als in Foren oft geschrieben wird, keine generellen Geschwindigkeitsvorteile mit einem Ryzen-Prozessor. Der Vorteil des Betriebssystems ist, dass das dort integrierte Core Parking im Profil „Ausbalanciert“ keine Spieleperformance kostet. Windows 10 im Profil „Höchstleistung“ ist mit Ausnahme von Battlefield 1 immer schneller.
Kein Ausblick auf mehr Leistung durch „Scheduling“
Wird AMDs Aussage zum Scheduling beim Wort genommen, sind die in diesem Artikel aufgezeigten Geschwindigkeitsgewinne die einzigen, mit denen Spieler unter Windows 10 auf Ebene des Betriebssystems vorerst rechnen können. Da Ryzen (wie CPUs von Intel) bei abgeschalteten Simultaneous Multithreading oft an Leistung gewinnt und Mutmaßungen um die ineffiziente Ausnutzung der zwei CPU Core Complexes (CCX) vorerst nicht zu stoppen sind, sieht AMD in diesem Punkt keinen Handlungsbedarf bei Microsoft. Der Hersteller bleibt hier bei seiner Aussage, dass Programme und Spiele auf Ryzen optimiert werden müssen.
ComputerBase wird die Erkenntnisse aus diesem Artikel kurzfristig in den Test von AMD Ryzen 7 1800X, 1700X und 1700 einpflegen. Die Spiele-Benchmarks im neuen Parcours wurden auf allen CPUs mit dem Profil „Ausbalanciert“ vorgenommen, die restlichen Benchmarks (insbesondere Anwendungen) unter „Höchstleistung“. Ryzen 7 im Vergleich zur Intel-Core-Serie findet sich im ComputerBase-CPU-Vergleich.
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