Snapdragon 835 im Test: Benchmarks mit Qualcomms neuer High‑End‑Plattform

Nicolas La Rocco
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Snapdragon 835 im Test: Benchmarks mit Qualcomms neuer High‑End‑Plattform

Die Snapdragon 835 Mobile Platform für neue High-End-Smartphones und Tablets ist fertig. ComputerBase konnte sie bei Qualcomm in San Diego ausführlich testen und bringt sehr gute Ergebnisse mit zurück. Für den Verlauf des Jahres können spannende neue Geräte erwartet werden.

Eigene Benchmarks vor Ort in San Diego

Die Snapdragon 835 Mobile Platform ist Qualcomms erste 10-nm-Lösung und für das High-End-Segment neuer Smartphones und Tablets des Jahres 2017 konzipiert worden. Das System-on-a-Chip verspricht mehr Leistung bei einem gleichzeitig niedrigeren Energieverbrauch als die direkten Vorgänger Snapdragon 820 und Snapdragon 821.

ComputerBase hatte die Möglichkeit, die Snapdragon 835 Mobile Platform am Hauptsitz von Qualcomm in San Diego anhand eines Qualcomm Reference Designs (QRD) auf Herz und Nieren zu testen. Selbst durchgeführte Benchmarks des Snapdragon 835 zeigen eine hohe Leistung, im Labor konnte zudem die Reduzierung des Energieverbrauchs in zwei Szenarien bestätigt werden.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird für den Artikel die verkürzte Chip-Bezeichnung Snapdragon 835 verwendet. Nach neuem Namensschema von Qualcomm ist „Qualcomm Snapdragon 835 Mobile Platform“ die korrekte Bezeichnung.

Snapdragon 835 Mobile Platform vorgestellt

Für Qualcomm ist ein neuer Snapdragon mittlerweile mehr als nur ein einfacher Prozessor, sondern eine vollständige Plattform, die nicht mehr nur aus den klassischen Komponenten eines System-on-a-Chips besteht. Zu den eher traditionellen Bausteinen eines SoCs zählen CPU, GPU und Speicheranbindung. Das sind auch genau die Komponenten, die in den meisten Benchmarks hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit gemessen werden können. In den Snapdragon 835 sind aber auch noch andere Veränderungen geflossen, die später im Verlauf des Artikels erklärt werden.

Qualcomm Snapdragon 835 Mobile Platform
Qualcomm Snapdragon 835 Mobile Platform (Bild: Qualcomm)

Neue CPU, GPU und Speicherunterstützung

Gegenüber dem Snapdragon 820 und Snapdragon 821 sind die größten Veränderungen in den klassischen Bereichen der Wechsel auf die Kryo-280-CPU, eine neue Adreno-540-GPU sowie die Unterstützung von LPDDR4X-Arbeitsspeicher.

Snapdragon 835
(8998)
Snapdragon 821
(8996Pro)
Snapdragon 820
(8996)
Snapdragon 810
(8994)
Snapdragon 805
(8084 Fusion 4/4.5)
CPU 4 × Kryo 280
bis zu 2,45 GHz
&
4 × Kryo 280
bis zu 1,9 GHz
2 × Kryo
bis zu 2,34 GHz
&
2 × Kryo
bis zu 2,19 GHz
2 × Kryo
bis zu 2,15 GHz
&
2 × Kryo
bis zu 1,59 GHz
4 × Cortex-A57
bis zu 2,00 GHz
&
4 × Cortex-A53
bis zu 1,55 GHz
4 × Krait 450
bis zu 2,70 GHz
GPU Adreno 540
bis zu > 653 MHz
Adreno 530
bis zu 653 MHz
Adreno 530
bis zu 624 MHz
Adreno 430
bis zu 600 MHz
Adreno 420
bis zu 600 MHz
Speicher 2 × 32-Bit
LPDDR4X @ 1.866 MHz
2 × 32-Bit
LPDDR4 @ 1.866 MHz
2 × 32-Bit
LPDDR4 @ 1.555 MHz
4 × 32-Bit
LPDDR3 @ 800 MHz
Fertigung Samsung 10 nm LPE Samsung 14 nm LPP TSMC 20 nm HPm TSMC 28 nm HPm

Die 10-nm-LPE-Fertigung von Samsung hat neben einem niedrigeren Energieverbrauch einen kleineren Die, dessen Größe Qualcomm nicht nennt, sowie ein insgesamt kleineres Package zur Folge. Das ermöglicht OEMs, kleinere Geräte zu bauen.

Kryo 280

Bei den Kryo 280 getauften CPU-Kernen handelt es sich um ein Semi-Custom-Design basierend auf der ARMv8-Architektur. In diesem Punkt herrscht noch Gleichstand zum Vorgänger Snapdragon 820/821 sowie zu Konkurrenzprodukten wie dem Exynos 8890 oder Exynos 8895 von Samsung sowie dem Kirin 950/955/960 von HiSilicon. Auch MediaTeks aktuelle Helio-Chips mit bis zu zehn Kernen nutzen die ARMv8-Architektur.

Ein Semi-Custom-Design ist die Kryo-280-CPU deshalb, weil Qualcomm diese anders als bei der ersten Kryo im Snapdragon 820 nicht mehr vollständig selbst entwickelt hat. Das Design basiert auf der Cortex-Technologie von ARM, weiter ins Detail geht Qualcomm allerdings nicht. Naheliegend ist ein Design basierend auf der Cortex-A73.

Doppelt so viele Kerne und doppelt so viel L2-Cache

Die Taktraten der neuen Kryo 280 liegen mit bis zu 2,45 GHz auf dem Performance-Cluster und bis zu 1,9 GHz auf dem Power-Cluster nur geringfügig über den Taktraten des Snapdragon 821. Die Anzahl der Kerne hat sich pro Cluster jedoch verdoppelt, außerdem hat Qualcomm den L2-Cache pro Cluster verdoppelt: von 1 MByte auf 2 MByte für das Performance-Cluster und von 512 KByte auf 1 MByte für das Power-Cluster. Das Power-Cluster spielt im Snapdragon 835 eine größere Rolle als bei früheren Prozessoren von Qualcomm. 80 Prozent der Rechenzeit entfällt auf dieses Cluster.

Benchmarks können nicht alle Komponenten eines SoCs messen
Benchmarks können nicht alle Komponenten eines SoCs messen (Bild: Qualcomm)

LPDDR4X

Eine leichte Effizienzsteigerung erreicht der Snapdragon 835 auch durch die Unterstützung von LPDDR4X-Arbeitsspeicher, der mit einer gegenüber LPDDR4 reduzierten Spannung rund 20 Prozent sparsamer arbeitet. LPDDR4X muss allerdings nicht verbaut werden, der Snapdragon 835 akzeptiert auch weiterhin LPDDR4-Speicher.

Verbrauch reduziert

In Summe führen die Energiesparmaßnahmen des Snapdragon 835 zu einem laut Qualcomm 23 Prozent niedrigeren Energieverbrauch gegenüber dem Snapdragon 820.

Adreno 540

Bei der neuen Adreno-540-GPU gibt sich Qualcomm nach wie vor eher bedeckt zu den Veränderungen. Den Maximaltakt verschweigt der Konzern weiterhin, geläufige Android-Werkzeuge und selbst die Trepn-App von Qualcomm können den Takt nicht auslesen. Micah Knapp, Director of Product Management im Bereich Graphics, bestätigte im Gespräch mit ComputerBase zumindest einen höheren Takt gegenüber der Adreno 530 im Snapdragon 821. Das Leistungsplus von rund 25 Prozent gegenüber der Adreno 530 begründet Qualcomm aber hauptsächlich mit Verbesserungen an der Architektur.

Mehr als nur ein Prozessor

Die Leistung von CPU, GPU und Arbeitsspeicher lässt sich am besten anhand von Benchmarks ermitteln. Dessen ist sich auch Qualcomm bewusst, weshalb vor dem Benchmarking-Event in San Diego explizit darauf hingewiesen wurde, welche Komponenten des Snapdragon 835 nicht mit Apps gemessen werden können.

Viele überarbeitete Bereiche fallen durch das Raster
Viele überarbeitete Bereiche fallen durch das Raster (Bild: Qualcomm)

Klassische Benchmarks mit frei verfügbaren Anwendungen ermitteln nicht die Leistung von LTE, WLAN, DSP, ISP, Audio und Sicherheit. Auf dem Campus von Qualcomm konnten die Fähigkeiten dieser anderen Bausteine des SoCs in mehreren Laboren begutachtet werden. Ein direkter Vergleich mit der Konkurrenz war nicht möglich.

Snapdragon X16 Modem

Im Snapdragon 835 steckt mit dem Snapdragon X16 Qualcomms derzeit schnellstes in ein SoC integriertes LTE-Modem. Wie schon im X12-Modem des Snapdragon 820/821 nutzt Qualcomm eine hohe Modulation von 256-QAM statt 64-QAM, kann nun aber mit bis zu 4 × 20 MHz einen Frequenzblock mehr über Carrier Aggregation zusammenlegen.

Aufgrund des neuen Antennen-Layouts von bis zu 4 × 4 MIMO verteilt auf mehrere Frequenzblöcke ist laut Qualcomm aber bereits bei einer Carrier Aggregation von 3 × 20 MHz die Maximalbandbreite von 0,98 Gbit/s möglich. Auch das X12-Modem aus dem Snapdragon 820/821 beherrscht eigentlich bereits 4 × 4 MIMO, dort allerdings auf nur einen Frequenzblock beschränkt. Beim X16 ist nun entweder 4 × 4 MIMO über zwei Frequenzblöcke im Zusammenspiel mit 2 × 2 MIMO über einen dritten Frequenzblock oder alternativ 4 × 20 MHz Carrier Aggregation mit 2 × 2 MIMO möglich.

Qualcomm Snapdragon 835 im LTE-Lab

Das Snapdragon X16 ist außerdem das erste Modem von Qualcomm mit der Unterstützung von LTE-U/LAA (kurz LTE-LAA) für die Nutzung des unlizenzierten Spektrums. Dabei kann LTE auch über das lizenzfreie 5-GHz-Band abgewickelt werden, für das Mobilfunkanbieter keine teuren Lizenzen erwerben müssen – allerdings nicht exklusiv, sondern nur unterstützend. Noch ist nicht abschließend geklärt, wie gut sich diese Technologie mit WLAN verträgt, das ebenfalls im 5-GHz-Band funken kann.

Snapdragon X20 und X50 in der Entwicklung

Abseits des Snapdragon 835 mit X16-Modem hat Qualcomm auch bereits das X20 für noch schnelleres LTE Advanced Pro sowie das X50 für 5G vorgestellt.

Kleiner WLAN Baseband-Prozessor

Rein von der Leistung her hat sich bei WLAN mit bis zu 867 Mbit/s über beide Frequenzbänder mit 2,4 GHz und 5 GHz sowie einer Kanalnutzung von 20, 40 oder 80 MHz nichts verändert. Vom Antennen-Layout her wird nach wie vor maximal 2 × 2 MIMO unterstützt. Der jetzt in das SoC integrierte Baseband-Prozessor nimmt laut Qualcomm aber nur noch halb so viel Platz ein verbraucht 60 Prozent weniger Energie. Für WLAN-ad im 60-GHz-Frequenzbereich, das Gigabit-WLAN mit niedriger Latenz auf der Kurzstrecke ermöglicht, etwa für kabellose Docks, braucht es einen separaten Chip.

Spectra 180 ISP

Im Bereich Kamera unterstützt der Snapdragon 835 erstmals zwei Sensoren mit jeweils bis zu 16 Megapixel, um den neuen Bedürfnissen der OEMs gerecht zu werden. Alternativ kann nur ein Sensor mit bis zu 32 Megapixel verbaut werden. Neu ist der Spectra-180-Bildprozessor (ISP), der für die Verarbeitung der vom Sensor gelieferten RAW-Bildinformationen zuständig ist. Qualcomm übernimmt ab Werk etwa 80 Prozent der Voreinstellungen für die Entwicklung des Bildes, Smartphone-Hersteller verwenden die restlichen 20 Prozent, um den Bildern ihre individuelle Charakteristik zu geben und um sich von der Konkurrenz abzusetzen respektive zu unterscheiden.

Qualcomm Snapdragon 835 im Image-Lab

VP9 als neuer Codec

Der ISP unterstützt hybride Autofokussysteme, optischen Zoom, Hardware-beschleunigte Gesichtserkennung und HDR-Videoaufnahmen. Für 4K-Videoaufnahmen sind nach wie vor maximal 30 und noch keine 60 FPS möglich. Der elektronische Bildstabilisator der dritten Generation soll für wackelfreie Aufnahmen im Videomodus sorgen. Zu den unterstützen Codecs gesellt sich neben H.264 und H.265 jetzt auch VP9.

Haven-Plattform erweitert

Qualcomms Sicherheits-Plattform nennt sich Haven und wurde für den Snapdragon 835 um eine Token-basierende Authentifizierung für das drahtlose Bezahlen per Smartphone ergänzt, das außerhalb von Deutschland stetig beliebter wird. Neu ist zudem die sogenannte Secure Camera, die vom Objektiv bis zum Secure Element des Chips eine verschlüsselte Abwicklung der Gesichts- und Iriserkennung realisieren soll.