Blizzard: Cheat-Anbieter Bossland will US-Urteil ignorieren
Der deutsche Cheat-Anbieter Bossland wurde von einem US-Gericht für Urheberrechtsverletzungen zur Zahlung von 8,7 Millionen US-Dollar an Blizzard verurteilt. Außerdem wird der Verkauf und das Bewerben der Software in den USA untersagt. Daran halten will sich Bossland nicht.
Der Chef des Unternehmens, Zwetan Letschew, nahm zu dem Urteil gegenüber Vice per E-Mail Stellung. Letschew sagte, er habe auf eine Verteidigung vor Gericht verzichtet, weil das Urteil in Deutschland ohnehin nicht vollstreckt werden könne. Europäische Länder kennen keinen Strafschadensersatz („punitive damages“) in Zivilprozessen, die Zahlung lasse sich hierzulande nicht erzwingen. Vermögenswerte in den USA, die sich einziehen ließen, besitzt Bossland demnach nicht.
Außerdem argumentiert Letschew, dass das US-Gericht außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches geurteilt habe. Niemand würde etwa wollen, dass Bossland einem Urteil nachkomme, wenn Nordkorea entscheide, den Honorbuddy-Bot zu verbieten. Den Digital Millenium Copyright Act zu „missbrauchen“ bedeute nicht, dass ein Urteil auch in der EU anwendbar sei.
Bossland sieht sich als moralischer Sieger
Letschew sieht sich aber nicht nur im Recht, sondern auch moralisch auf der Siegerseite. Denn Blizzard behaupte zwar, fair und selbst spielende Nutzer zu schützen, verkaufe aber Booster für World of Warcraft für 60 US-Dollar, mit denen ein Charakter sofort das Maximallevel erreicht. Dies gilt allerdings im besten Fall für Spiele wie World of Warcraft. Ein „Gegenstück“ zu den Bossland-Hacks, die Spielern in Overwatch deutliche Vorteile verschaffen, gibt es bei Blizzard nicht.
Eine von Vice befragte Anwältin beurteilt die Situation allerdings nicht auf die gleiche Weise. Das Urteil könne tatsächlich nur gegen Vermögenswerte mit Verbindungen in die USA wie etwa Bank- oder PayPal-Konten vollstreckt werden. Gegen Besitztümer in Übersee-Territorien lasse sich „fast nie“ vorgehen, so Ma'idah Lashani von Morrison/Lee. Dazu müsse Blizzard vor ein deutsches Gericht ziehen.
Lashani sagte Vice allerdings auch, dass das Gericht „wahrscheinlich“ durchaus in seinem Zuständigkeitsbereich geblieben ist. Bossland habe seine Produkte gegenüber Kunden in Kalifornien beworben, an Bewohner der Region verkauft, ein kalifornisches Unternehmen vorsätzlich geschädigt und verfüge über Geschäftsverbindungen zu Unternehmen in diesem Bundesstaat.
Bossland weist diese Sichtweise zurück, es handle sich um „Lügen“. das Unternehmen verfüge über keine Verbindungen in den Bundesstaat und habe weder Nutzer dort aktiv umworben noch Geschäftspartner vor Ort.