LG G6 im Test: LG baut wieder gute Android-Smartphones
2/3Android schon zum Start nicht aktuell
Das G6 läuft mit Android 7.0 Nougat (Test) und den Sicherheits-Updates von März 2017. Das April-Update steht bereits seit einiger Zeit zur Verfügung, und das für Mai dürfte in Kürze folgen. LGs neues Flaggschiff ist zum Marktstart in puncto Sicherheit somit nicht auf dem aktuellen Stand, Samsung hat es beim Galaxy S8 hingegen geschafft.
LG UX 6.0
Für das G6 hat LG seiner Android-Oberfläche einen neuen Anstrich verpasst. Das neue LG UX 6.0 ist zunächst einmal für den 18:9-Bildschirm und seine abgerundeten Ecken optimiert worden. Das bedeutet, dass alle UI-Elemente so angeordnet wurden, dass sie nicht abgeschnitten werden. Wirklich notwendig war das allerdings nur für Apps, die in dem äußersten Randbereich Informationen anzeigen. Im Alltag betrifft das hauptsächlich die Android-Statusleiste, deren Uhrzeit zum Beispiel leicht nach links eingerückt wurde.
Farblich gesehen geht es bunt zu auf dem G6, LG übertreibt es mit den Farbenspielen aber nicht. Die ab Werk mitgelieferten Hintergrundbilder sind echte Hingucker, auch LGs neue App-Symbole machen mehr her als bei früheren Versionen der Oberfläche. In Bereichen wie den Schnelleinstellungen und vollwertigen Einstellungen geht es aufgeräumt zu, eine Suche hilft dort bei nicht sofort auffindbaren Optionen.
Die Performance-Krone im täglichen Gebrauch schnappt sich das UX 6.0 zwar nicht, in Summe agiert es aber zu jeder Zeit schnell genug. Kürzere Gedenkzeiten oder langsame UI-Animationen sind nur selten festzustellen. Der Benchmark ist hier nach wie vor das Pixel, selbst neuere Android-Geräte wie das Galaxy S8 fühlen sich nicht so schnell an, wie das Google-Smartphone. Mit dem deutschsprachigen Google Assistant hat das G6 allerdings eines der ehemals exklusiven Pixel-Features mit an Bord.
App-Skalierung für neues Display
In den Anzeige-Einstellungen gibt es für das 18:9-Display die Option der App-Skalierung. Darüber lässt sich laut LG die Bildschirmgröße von heruntergeladenen Apps anpassen. Für aus dem Google Play Store geladene Apps setzt LG den Standard immer auf 16,7:9. Dieses Format entspricht der Größe des 18:9-Displays abzüglich Android-Statusleiste und On-Screen-Knöpfen. Sollte eine App damit nicht umgehen können, was im Test allerdings nicht passiert ist, lässt sich eine Anwendung im Kompatibilitätsmodus im klassischen 16:9 ausführen. Das führt zu einem schmalen schwarzen Balken unterhalb respektive oberhalb der Statusleiste und On-Screen-Knöpfe. Der Vollbildmodus in 18:9 kann pro App ebenfalls aktiviert werden, dann warnt die Einstellung aber davor, dass der Inhalt der App möglicherweise nicht mehr vollständig dargestellt wird.
YouTube nicht auf voller Breite
Im Test des G6 hat der Vollbildmodus ohnehin bei keiner der getesteten Anwendungen funktioniert, darunter IMDb, Feedly, Google Notizen und Slack. Eigentlich sollen in diesem Modus Statusleiste und On-Screen-Buttons ausgeblendet werden, das wollte aber kein einziges Mal funktionieren. Ärgerlich ist das fehlende Scaling in YouTube. 16:9-Videos werden bei horizontaler Ausrichtung des Smartphones korrekt mit schwarzen Balken links und rechts dargestellt. Eine Zoom-Funktion wie auf dem Galaxy S8, die das Video auf die volle Breite zieht, dafür aber Inhalt oben und unten abschneidet, gibt es nicht. Allerdings gibt es auch bei Videos im Cinemascope-Format, etwa dem aktuellen Star-Wars-Trailer, keine Option, das Video auf die volle Breite zu ziehen. Dieses Format wiederum wird automatisch vom Galaxy S8 erkannt und entsprechend breiter gezogen. Bei Videos hat man somit nicht viel von dem neuen, breiteren Display.
Kamera mit Weitwinkel-Option
Interessant wird es für das G6 im Bereich Kamera. Denn anders als Samsung ist LG schon seit dem letzten Jahr ein Anbieter eines Dual-Kamera-Systems. LG nutzt die zwei Linsen jedoch nicht wie Apple für normale sowie Tele-Aufnahmen, sondern verbaut ein zweites Objektiv speziell für Weitwinkelaufnahmen. Eine Zoom-Funktion hat LG trotzdem trickreich in den Sucher integriert: Wird aus der normalen Nullposition weiter herausgezoomt, schaltet das Gerät auf die Weitwinkelkamera um. Der Wechsel von einem Sensor zum anderen geht mit dieser Generation des Smartphones spürbar schneller vonstatten als noch im letzten Jahr. Eine minimale Verzögerung ist zwar immer noch sichtbar, aber bei Weitem nicht mehr so stark wie beim G5.
Beide Kameras arbeiten mit 13 Megapixel, mit beiden lässt sich 4K-Video filmen, nur bei der Blende ist die Weitwinkelkamera mit f/2.4 nicht so lichtstark wie das Hauptobjektiv mit f/1.8. Um dennoch einen vergleichbaren Look zu erzielen, muss bei Aufnahmen mit der Weitwinkelkamera die Belichtungszeit verlängert oder der ISO-Wert erhöht werden. Im Test wählte das G6 stets eine der beiden Methoden für eine Aufhellung des Motivs.
Mit dem 125-Grad-Weitwinkel lassen sich interessante Aufnahmen schießen, vor allem große Gebäude, Plätze und Personengruppen können so imposant in Szene gesetzt werden. Natürlich kommt es insbesondere in den Randbereichen zu einer starken Verzeichnung, die gerade Linien gekrümmt erscheinen lässt. Das im Gegenzug im Großformat eingefangene Motiv sieht dennoch gut aus. Vor allem im Vergleich zur Standardaufnahme ist der Effekt gut sichtbar. Für sich alleine betrachtet, ohne zu wissen, dass es sich hierbei um die Weitwinkelkamera des G6 handelt, stört die Verzeichnung schon eher, da der Vergleich zur „beengten“ Normalaufnahme fehlt.
G6, Galaxy S8 und iPhone 7 Plus im Vergleich
Die Qualität der Hauptkamera ist fast durch die Bank gut bis sehr gut, wobei es leichte Schwächen bei Nachtaufnahmen gibt, die tendenziell einen Lila-/Blaustich aufweisen. Schärfeniveau und Verzeichnung der Hauptkamera liegen auf gutem Niveau, auch der Weißabgleich stimmt größtenteils, wobei auch tagsüber seltener ein minimaler Blauschleier über den Bildern zu liegen scheint. Das passiert aber nur in sehr wenigen Fällen. Die Aufnahmen des LG G6 sind meistens eine Spur heller als die von Samsung oder Apple. Die automatische Aktivierung des HDR-Modus funktioniert zuverlässig, aber auch ohne die Hilfe mehrerer Aufnahmen ist der Dynamikumfang gut.
Verbesserungswürdig ist die Handhabung der Kamera, angefangen mit der Schnellstartverknüpfung. Zweimaliges Drücken der Leiser-Taste startet die Kamera, dabei erscheint aber immer zunächst kurz der Sperrbildschirm. Befindet man sich hingegen schon auf dem Sperrbildschirm, startet die Kamera ebenso schnell wie beim Galaxy S8. Der manuelle Wechsel zwischen den Kameras könnte intuitiver von LG gestaltet sein. Wer die Zoom-Geste nicht verwendet, hat die Wahl zwischen zwei Schaltflächen, die mehrere Bäume und einen einzelnen Baum zeigen, was für Standard und Weitwinkel steht. Allerdings leuchtet immer der Modus, der nicht aktiv ist. LG will dem Nutzer damit sagen, dass der Modus verfügbar ist – besser wäre aber die umgekehrte Herangehensweise, die ein- oder ausgeschaltet signalisiert.
Akku wieder größer
LG ist zur Vernunft gekommen und hat alle Altlasten des Modulsystems des G5 abgelegt. Das hatte im letzten Jahr dazu geführt, dass der Akku des G5 kleiner als der des G4 gestaltet werden musste, um diesen auf dem Schlitten der Module befestigen zu können. Aus ehemals 3.000 mAh wurden so nur noch 2.800 mAh. Mit einer Nennladung von 3.300 mAh ist der Akku des G6 jetzt wieder 10 Prozent größer als vor zwei Jahren. Im Vergleich zum G5 ist es ein Plus von rund 18 Prozent.
Während der normalen Nutzung des G6 im Alltag konnte das Smartphone mit gut einem Drittel Akkureserve von morgens 7:30 Uhr bis abends um 23:00 Uhr verwendet werden. „Normale Nutzung“ steht in diesem Fall für die Synchronisation von einem Gmail- und drei IMAP-Konten (15 Minuten), der Nutzung von WhatsApp, Facebook Messenger und Slack, das Surfen mit Google Chrome, das Hören von Offline-Musik über LGs eigene App via Bluetooth sowie die gelegentliche Nutzung von Facebook und Twitter. Spiele wurden in diesem Szenario nicht ausgeführt.
Bei den Akku-Benchmarks konnte nur der YouTube-Dauertest durchgeführt werden, da es im PCMark in jedem Durchgang zu Abstürzen der App gekommen ist. Ein 720p-Video spielt das G6 bei einer kalibrierten Display-Helligkeit von 200 cd/m² eine gute Stunde länger ab als das G5. Das große IPS-Display wird dem G6 in diesem Test etwas zum Verhängnis, weil es mehr Energie als die OLED-Konkurrenz benötigt.
Weniger Ausstattung für Deutschland
Aufgeladen wird das G6 mittels LGs Fast-Charge-Netzteil, das Qualcomms Quick Charge 3.0 entspricht und das 16,2 Watt (9 V/1,8 A) oder 9 Watt (5 V/1,8 A) liefert. Damit lässt sich das Smartphone in rund anderthalb Stunden vollständig laden. Die Option des kabellosen Ladens besteht bei der deutschen Variante des G6 nicht. Es ist eines von drei Features, das hierzulande von der Ausstattungsliste gestrichen wurde. Die beiden anderen sind die 64-GB-Speicheroption und der hochwertige Quad-DAC für Kopfhörer.
LTE-Modem Snapdragon X12
Snapdragon 820 und 821 nutzen mit dem Snapdragon X12 das gleiche Qualcomm-LTE-Modem. Es ist für einen Downstream von bis zu 600 Mbit/s und einen Upstream von bis zu 150 Mbit/s ausgelegt. Die hohen Transferraten erreicht Qualcomm durch die „Carrier Aggregation“, bei der mehrere Frequenzblöcke genutzt werden. Beim X12 nutzt Qualcomm 3 × 20 MHz mit einer hohen Modulation (256-QAM), um so auf 600, statt bisher maximal 450 Mbit/s zu kommen. Für den Uplink nutzt Qualcomm 2 × 20 MHz bei 64-QAM und kommt so auf bis zu 150 Mbit/s. In Deutschland lassen sich diese Werte aber noch nicht erreichen, Vodafone gibt mit bis zu 375 Mbit/s im Downstream den Takt vor. Die Deutsche Telekom kommt auf 300 Mbit/s, Telefónica auf bis zu 225 Mbit/s.
Getestet wurde das G6 im Berliner Netz der Deutschen Telekom. Dank der innerstädtisch guten Netzabdeckung konnten keine negativen Auffälligkeiten beim Telefonieren oder allgemein beim Empfang festgestellt werden. Das G6 schneidet in denselben Testgebieten nicht besser oder schlechter als ein Galaxy S8 oder iPhone 7 Plus ab. Empfangsmessungen unter Laborbedingungen wurden nicht durchgeführt.
Frühe Bluetooth-Aussetzer
Beim Nutzen der Bluetooth-Anbindung des G6 in Verbindung mit dem LG HBS-850 kam es schon nach wenigen Metern zu starken Aussetzern. Das ist im Test des Galaxy S8 und auch mit einem iPhone 7 Plus nicht so früh passiert. Da es sich jeweils um dasselbe Headset handelt, ist die Bluetooth-Reichweite des G6 schwächer.
Gutes WLAN
Im WLAN-Vergleich schneidet das G6 gut ab, insbesondere auf kurzer Distanz im 2,4-GHz-Netz, wo mit bis zu 27 MB/s deutlich höhere Transferraten als mit den Konkurrenzprodukten erreicht werden. Beim Wechsel in das 5-GHz-Netz bleibt aber das Galaxy S8 der Spitzenreiter. Auf der Langstrecke hält das G6 gut mit, im 5-GHz-Netz liegt die Leistung rund 30 Prozent hinter dem Galaxy S8. Mit über zehn Minuten für den Transfer einer 1 GByte großen Datei im 2,4-GHz-Netz ist die Wartezeit aber zu lang.
LG G6 |
Samsung Galaxy S8 |
Samsung Galaxy S8+ |
Lenovo Moto G5 |
Lenovo Moto G5 Plus |
Huawei P10 |
Huawei P8 Lite 2017 |
HTC U Play |
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WLAN | 2,4 GHz | b/g/n | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | |
5,0 GHz | a | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | × | ✓ | ||
ac | ✓ | ✓ | ✓ | × | × | ✓ | × | ✓ | |||
Asus RT-AC68* | 2,4 GHz | m:s | 0:38 | 1:04 | 1:07 | 2:40 | 2:41 | 1:38 | 2:43 | 2:43 | |
MB/s | 26,95 | 16,00 | 15,28 | 6,40 | 6,36 | 10,45 | 6,28 | 6,28 | |||
5,0 GHz | m:s | 0:27 | 0:14 | 0:15 | 1:17 | 1:15 | 0:29 | × | 0:32 | ||
MB/s | 37,93 | 73,14 | 68,27 | 13,30 | 13,65 | 35,31 | × | 32,00 | |||
ASRock AC2600** | 2,4 GHz | m:s | 10:03 | 5:32 | 5:39 | 11:48 | 12:36 | 9:40 | 3:01 | 2:27 | |
MB/s | 1,70 | 3,08 | 3,02 | 1,45 | 1,35 | 1,77 | 5,66 | 6,97 | |||
5,0 GHz | m:s | 0:49 | 0:33 | 0:35 | 1:47 | 2:51 | 4:28 | × | 0:47 | ||
MB/s | 20,90 | 31,03 | 29,26 | 9,57 | 5,99 | 3,82 | × | 21,79 | |||
*Im selben Zimmer, ca. 90 Zentimeter Abstand | |||||||||||
**Zwei Zimmer weiter durch Rigipswände getrennt, ca. 10 Meter Abstand | |||||||||||
✓ = ja / × = nein |