WikiLeaks: US-Behörden prüfen Klage gegen Assange
Mitarbeiter der US-Administration sollen derzeit prüfen, ob doch noch eine offizielle Anklage gegen WikiLeaks-Mitarbeiter wie den Gründer und Chef Julian Assange erhoben wird. Bei dem Verfahren geht es immer noch um die diplomatischen Depeschen von US-Botschaften und Militärdokumente, die WikiLeaks 2010 veröffentlicht hatte.
Das berichten amerikanische Medien wie die Washington Post unter Berufung auf anonyme Quellen, die mit dem Fall vertraut sind. Demnach ermitteln die US-Behörden zwar schon seit 2010, weil WikiLeaks als streng geheim klassifizierte Dokumente veröffentlicht hat. Von einer Anklage hat die Administration vom ehemaligen Präsidenten Barack Obama aber bis dato abgesehen. Das Problem für die Behörden: Es ist nicht klar, ob die Enthüllungen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Zudem hat WikiLeaks mit Medienorganisationen zusammengearbeitet – die müssten dann ebenfalls verklagt werden, so lautete zumindest bislang die Einschätzung von Juristen der US-Regierung.
Trump-Administration will den Fall neu aufrollen
Offiziell geschlossen wurde die Akte WikiLeaks aber nicht. Und nun ist es die neue Administration unter Präsident Donald Trump, die den Fall nochmal aufrollen will. Seit einigen Wochen sollen Staatsanwälte des US-Justizministeriums an einem entsprechenden Memo arbeiten. Die Vorwürfe lauten unter anderem: Verschwörung, Diebstahl von Regierungseigentum und Verstöße gegen den Espionage Act. Betroffen sind demnach mehrere Mitglieder der Enthüllungsplattform, einschließlich dem Gründer und Chef Julian Assange.
Das Memo ist aber noch nicht vollständig. Eine offizielle Klage muss etwa die Spitze des Justizministeriums absegnen. Zudem sind noch einige Punkte unklar. So soll die Klage nicht nur auf die Veröffentlichung der Botschaft-Depeschen im Jahr 2010 abzielen, sondern auch die Enthüllung der CIA-Hacking-Tools im März dieses Jahres umfassen. Noch nicht geklärt ist laut den Berichten aber, wie die Ermittler mit den Podesta-Leaks umgehen. Im Sommer 2016 veröffentlichte WikiLeaks die E-Mails von Hillary Clintons Wahlkampfmanager.
Das reine Veröffentlichen reicht für eine Klage nicht aus
Das US-Justizministerium wollte den Bericht nicht kommentieren. Auf Anfrage der Washington Post erklärte allerdings Barry J. Pollack, einer von Assanges Anwälten, es gebe „keine legitime Basis, um WikiLeaks anders zu behandeln als die übrigen Journalisten“. Zurückhaltend äußert sich zudem Michael Vatis, ein ehemaliger Mitarbeiter im US-Justizministerium. Das reine Veröffentlichen von geheimen Regierungsinformationen reiche seiner Ansicht nach nicht aus, in einem solchen Fall gelte der 1. Zusatzartikel der US-Verfassung.
Wenn die US-Regierung eine „realistische Hoffnung“ für eine Klage haben will, müsste man laut Vatis nachweisen, dass WikiLeaks bei der Beschaffung der Dokumente involviert war. Belegt werden müsste also im Fall der CIA-Leaks, dass WikiLeaks jemanden beauftragt hat, die geheimen Dokumente über die Hacking-Tools zu stehlen, damit diese später auf der Enthüllungsplattform veröffentlicht werden können.
Bis dato ist aber noch nicht geklärt, von wem WikiLeaks die CIA-Dokumente erhalten hat. Für die Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen wurde hingegen die ehemalige Soldatin Chelsea Manning zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Von Obama wurde sie in einer seiner letzten Amtshandlungen aber begnadigt.
US-Regierung vs. WikiLeaks: der Ton verschärft sich
Spätestens seit WikiLeaks im März die CIA-Dokumente enthüllte, hat sich der Ton der Trump-Administration verschärft. Während des Wahlkampfs im letzten Jahr äußerte sich Trump noch vergleichsweise freundlich, zuletzt erklärte aber der neue CIA-Direktor Mike Pompeo, WikiLeaks sei ein „nicht-staatlicher, feindlicher Geheimdienst“. Am Donnerstag sagte US-Justizminister Jeff Sessions, angesprochen auf undichte Stellen in der Regierung und eine mögliche Inhaftierung von Assange: „Wir werden unsere Anstrengungen gegen sämtliche Leaks verstärken und machen dies bereits.“ Und sofern eine Klage zustande komme, wolle man versuchen, dass „einige Leute im Gefängnis“ landen.
Assange selbst lebt nach wie vor in der ecuadorianischen Botschaft in London, dort hatte er 2012 politisches Asyl erhalten. In Schweden wurde er wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt, die Vorwürfe bestreitet er aber. Dem Verfahren in Schweden wollte er sich jedoch nicht stellen, weil er eine Auslieferung in die USA befürchtet.