Nvidia Shield 2017 im Test: Mit 4K-HDR und Prime Video zum Primus

Robert Kern
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Nvidia Shield 2017 im Test: Mit 4K-HDR und Prime Video zum Primus

tl;dr: Nvidia Shield zählt zu den teuersten Media-Streaming-Boxen, bietet jedoch die beste Ausstattung. Mit UHD bei 60 FPS und HDR, einer performanten Plattform und zahlreichen Streaming-Optionen sticht Shield die Konkurrenz aus.

Anwendungsszenarien von Nvidia Shield TV

Nvidias kleine Set-Top-Box zielt auf Gelegenheitsspieler. Oder auf Hardcore-Nerds. Oder auf Streaming-Einsteiger, die sich alle Optionen offenhalten und sich nicht in einem Jahr schon wieder ärgern wollen, weil Netflix in 4K auf einer günstigeren Box ruckelt. Auch hinsichtlich der Update-Politik zeigt sich Nvidia als zukunftsorientiert und bringt die vom Innenleben fast identische Shield 2015 auf den aktuellen Stand mit Android 7.0. Bisherige Käufer freuen sich auch jetzt noch über eine der schnellsten Android-TV-Konsolen mit vollem Feature-Set und Kompatibilität.

Das Shield-Paket für 230 Euro
Das Shield-Paket für 230 Euro

Nvidia Shield ist vielseitig; „die umfassendste und leistungsfähige Streaming-Set-Top-Box“ trifft es tatsächlich ganz gut. Geht es dem Nutzer nur ums Streaming, so reicht ein Smart-TV aus den letzten drei Jahren eigentlich aus. Nur ruckelt Android TV auf vielen Sony-Fernsehern gelegentlich, die YouTube-App auf Philips-Fernsehern kann mitunter kein 4K (oder 360-Grad-Videos), es fehlt eine bequeme Sprachsteuerung und Audio-Sperenzchen wie Dolby Atmos oder DTS:X kann man oft auch gleich abschreiben. Nvidias Shield-Konsole fällt immer wieder mit der gewissen Extrameile auf und bringt gegenüber der Konkurrenz von Apple, Amazon, Roku oder Google mit der Integration der Bibliothek von Amazon Prime Video nun ein schlagkräftiges Argument mit, wo vorher ein Dealbreaker für Nutzer lauerte, für die Sideloads ein Fremdwort ist. Obwohl es lange an Amazons Videodienst mangelte, habe sich Shield eine breite Nutzerbasis erarbeiten können und sei so laut Nvidia „einfach wichtig genug geworden für Amazon“.

Mit Controller zielt die Box auf Gamer
Mit Controller zielt die Box auf Gamer
Sehr handliche Abmessungen, leicht zu verstecken
Sehr handliche Abmessungen, leicht zu verstecken
Lufteinzug auf der Unterseite des kantigen Designs
Lufteinzug auf der Unterseite des kantigen Designs

Eine echte Spielekonsole

Apple TV 4 kann kein 4K, Amazons Fire TV beherrscht die hohe Auflösung nur mit einer Bildrate bis 30 FPS. Erst die fünfte Generation von Apples TV-Box wird mit UHD-Kompatibilität aufwarten können. Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Set-Top-Box eines GPU-Spezialisten allerdings ist Gaming. Nvidia Shield liegt neben der Fernbedienung auch ein Controller bei, ein PS3-, PS4- oder Xbox-Gamepad kann angeschlossen werden, und mit GeForce Now oder Gamestream stehen Dienste bereit, die weit über das Angebot auf den anderen Streaming-Konsolen hinausgehen.

Gamestreaming und GeForce Now sind „work in progress“, auch wenn die Dienste schon laufen und mittlerweile gut funktionieren. So gut, dass sie als klarer Vorteil gegenüber der Konkurrenz wahrgenommen werden können.

Neuer Controller, ergonomisch und haptisch überzeugend
Neuer Controller, ergonomisch und haptisch überzeugend

Smart Home und Sprachassistent brauchen noch

Hinsichtlich der Sprachsuche haben die Konkurrenten mit Siri und Alexa noch einen Vorteil gegenüber Android TV, laut Nvidia wird der Google Assistant in absehbarer Zeit jedoch auch Gespräche führen können. Das bedeutet, dass Nutzer sich durch eine universelle Suche fragen können und Folgefragen auch Ergebnisse zeitigen wie etwa: „Stranger Things“, „Folge 4 der ersten Staffel“. Google erkennt den Kontext. Ziel ist, dass dem Always-on-Mikrofon des Shield-Zubehörs oder Nvidia Spot als eine Art Echo Dot nur noch der Befehl für das Lichtszenario bei Philips Hue entgegengeworfen werden muss und alles automatisch läuft. Bis dahin kann man Shield nur nach „Stranger Things“ fragen, bekommt aber gleich auch den Eintrag bei Netflix serviert. Generell bietet eine Sprachsuche deutliche Vorteile für den Bedienkomfort.

Geschrumpftes Äußeres, gleiches Innenleben

Technologisch kann der Nvidia Shield 2017 keine andere TV-Streaming-Box gefährlich werden, auch wenn sie noch das alte Tegra-X1-SoC trägt. Nicht nur Android TV läuft als Oberfläche absolut flüssig, das gilt auch für alle auf der Plattform erschienenen Games. Besitzer der „alten“ Shield aus dem Jahr 2015 erreichen mit dem Update auf Android 7.0 und der Shield Experience 5.1 fast das gleiche Feature-Set. Der Controller wurde wesentlich überarbeitet, die Fernbedienung trägt nun Knopfzellen anstelle von Akkus, und die Abmessungen der Konsole sind deutlich zusammengeschrumpft.

Wenig Gründe für ein Upgrade von der alten Generation
Wenig Gründe für ein Upgrade von der alten Generation

Das kantige Design der flachen Box mit den Abmessungen von knapp 16 x 10 x 2,6 Zentimetern ist bis auf die grünen LED-Leuchtstreifen eher unauffällig gestaltet. Mit 250 Gramm ist die Box zudem leicht. Nvidia bietet eine Shield-Pro-Variante mit integrierter 500-GB-Festplatte, die mit 21 x 13 x 2,5 Zentimetern und etwas mehr als 650 Gramm auch deutlich größer ausfällt. Per USB-Stick oder externer HDD/SSD, die sich adoptieren lassen, kann auch die Basisvariante hinsichtlich ihres Speichers aufgestockt werden. Auf der Rückseite finden sich neben HDMI 2.0b (HDCP 2.2) und Gigabit-Ethernet gleich zwei USB-3.0-Ports. Die erkennen viele Controller, Maus-Tastatur-Kombinationen, USB-Adapter und natürlich die erwähnten externen Speichermedien. Ein microSD-Slot fehlt bei der Basisversion der Shield.

Nur 16 GB Speicher, kein SD-Slot mehr
Nur 16 GB Speicher, kein SD-Slot mehr
Das I/O-Panel mit USB 3.0 (2x), HDMI 2.0b, Gigabit-LAN und Netzanschluss
Das I/O-Panel mit USB 3.0 (2x), HDMI 2.0b, Gigabit-LAN und Netzanschluss

Drahtlos kommt die Shield-Konsole mit 2x2 MIMO WLAN-ac ins Heimnetz, Bluetooth-Peripherie wird nach Bluetooth 4.1 angebunden. Im Test verlor die Shield gelegentlich das Netz im längeren Sleep-Modus, das kann jedoch auch mit dem Router zusammenhängen und trat nicht häufig auf. Prinzipiell baute sie eine stabile 5-GHz-Verbindung auf, ausreichend für Streams bis 4K-Auflösung bei 60 FPS aus dem Internet oder auch von lokalen Clients.

Wer einen PC oder Laptop sein Eigen nennt, kann über diesen auf den internen Speicher der Shield zugreifen. Das erleichtert das Dateimanagement gegenüber App-Lösungen wie ES File Explorer.

Fernbedienung im Lieferumfang, langlebige Batterien statt Akku

Nvidia verkauft die Shield-Fernbedienung nun nicht mehr separat, sie ist Teil der Basisausstattung wie auch der Game-Controller. Gegenüber dem Akku der ersten Generation nutzt die Fernbedienung zwei Knopfzellen, die Laufzeit gibt Nvidia mit rund einem Jahr an. Eine enorme Steigerung des Komforts gegenüber den Lade-Intervallen der ersten Generation, die je nach Nutzung im Bereich von wenigen Wochen lagen.

Die Fernbedienung ist gut verarbeitet...
Die Fernbedienung ist gut verarbeitet...
... mit Metall-Rückseite...
... mit Metall-Rückseite...
...und integrierten Lautstärke-Slider
...und integrierten Lautstärke-Slider

Für den Kopfhörer-Anschluss muss jetzt zum Gamepad gegriffen werden, dafür wartet die Fernbedienung mit einem Infrarot-Blaster auf. Das Touchfeld im unteren Bereich könnte für die Lautstärkeregelung zwar etwas sensibler sein, für kleine Justierungen der Lautstärke muss nun jedoch nicht mehr die Receiver- oder TV-Fernbedienung genutzt werden. Die Wiedergabe zu pausieren, hat als Funktion immer noch nicht den Weg auf eine separate Taste gefunden. Dank HDMI-CEC-Funktion und IR-Blaster genießt man viel Freiheit in Bezug auf die Fernbedienung.

Bei der 1. Generation noch separat, nun Teil des Lieferumfangs
Bei der 1. Generation noch separat, nun Teil des Lieferumfangs

Stark verbesserter Controller

Der Shield-Controller fühlt sich griffig, wertig und sehr gut ausbalanciert an. Er wartet mit einem neuen, kantigen Design auf und besitzt knackige Buttons mit ausreichend Widerstand. In jedem Ausläufer sitzt ein Vibrationsmotor für kräftiges Feedback. Nvidia hat auf das Touchpad als Mausersatz verzichtet und das Layout etwas aufgeräumter gestaltet. Der Klinke-Anschluss für ein Headset sitzt nun auf der Seite des Spielers, auf der anderen findet sich der Micro-USB-Ladeport.

MicroUSB zum Laden alle 60 Stunden, Kabel liegt bei
MicroUSB zum Laden alle 60 Stunden, Kabel liegt bei
Ebenfalls ein Touchpanel für die Lautstärke
Ebenfalls ein Touchpanel für die Lautstärke
Beide Eingaben besitzen einen Infrarot-Blaster
Beide Eingaben besitzen einen Infrarot-Blaster

Laut Nvidia hält der Controller-Akku für bis zu 60 Stunden, bevor er wieder geladen werden muss. ComputerBase hat zwar keinen konkreten Messwert, der Controller lieferte jedoch eine lange Laufzeit. Ein Ladevorgang dauert bis zu fünf Stunden. Der Controller ist auch für Besitzer der ersten Shield interessant, haptisch befindet er sich in einer Liga mit Microsofts Xbox Elite Controller, dessen Wireless-Adapter noch nicht unterstützt wird.

Ohne Lüfter geht es nicht

Hinter dem Lüftergitter auf der Rückseite der Shield versteckt sich eine aktive Kühlung, die dafür sorgt, dass die Shield bei einer typischen Leistungsaufnahme zwischen 5 und 10 Watt maximal handwarm wird. Beim Booten verlangt der Tegra X1 zwischen 6 und 14 Watt, 4K60-YouTube-Videos oder Netflix mit maximal möglicher Qualität liegen mit 9 bis 10 Watt schon an der Grenze der angegebenen Leistungsaufnahme, und in Spielen wie Asphalt 8 sind es auch nur 10 Watt. Auch bei reichlich Peripherie ist das 40-Watt-Netzteil etwas überdimensioniert. Der verbaute Lüfter hält den Tegra-Chip unauffällig kühl, das Geräusch ist nur aus nächster Nähe wahrnehmbar.

Shield-Platine, zwei Schrauben trennen Nutzer und Innenraum
Shield-Platine, zwei Schrauben trennen Nutzer und Innenraum
Der leise Lüfter mit Alu-Kühlkörper für den Tegra X1
Der leise Lüfter mit Alu-Kühlkörper für den Tegra X1
Zählt auch nach 2 Jahren noch zu den schnellsten SoCs
Zählt auch nach 2 Jahren noch zu den schnellsten SoCs

Die Power des Tegra X1 für Android-Games

Dank der aktiven Kühlung setzt sich der „betagte“ Nvidia-Tegra-X1-Chip (Januar 2015) trotzdem noch in das Spitzenfeld der Benchmark-Tabelle. Zwei Cluster mit vier A57- und vier A53-Kernen arbeiten in Verbindung mit einer Maxwell-GPU, die wiederum 256 Kerne bereithält. In Verbindung mit 3 GByte Arbeitsspeicher brennt da nichts an. Durchaus wörtlich, denn die Leistung bleibt konstant auf dem Niveau – der Formfaktor Shield kennt kein Throttling. Während die Samsung-Galaxy-S8-Familie schon nach dem dritten Durchlauf des GFXBench Manhattan im zweistelligen Prozentbereich Frames verliert und nach Lauf Nummer 20 bis zu 40 Prozent Leistungsverlust zeigt, lässt sich Shield TV von Dauerlast nicht beeindrucken.

Tegra X1 Revision 2, vermutlich identisch zum Tegra X1 in der Nintendo Switch
Tegra X1 Revision 2, vermutlich identisch zum Tegra X1 in der Nintendo Switch

Die Shield-Konsole verkraftet aufwendige Android-Titel wie Portal oder Half Life 2: Episode 2 auf Basis der Source-Engine, Metal Gear Rising, War Thunder, Borderlands: The Pre-Sequel, The Witness, The Talos Principle, Doom 3 oder den fantastischen Plattformer Contrast.

Diagramme
3DMark Ice Storm Unlimited ES 2.0
    • Intel Core i5-7200U (Dell XPS 13)
      66.670
    • Tegra X1 (Nvidia Shield)
      45.035
    • Tegra X1 (Pixel C)
      41.049
    • Snapdragon 835 (QRD)
      38.995
    • A10 Fusion (Apple iPhone 7 Plus)
      37.955
    • A10 Fusion (Apple iPhone 7)
      37.206
    • A9X (Apple iPad Pro 12,9")
      35.130
    • Tegra K1 (Logan) (Shield Tablet)
      32.431
    • Snapdragon 821 (Xiaomi Mi Note 2)
      31.918
    • Snapdragon 821 (OnePlus 3T)
      31.660
    • Exynos 8890 (Galaxy Note 7)
      29.399
    • Exynos 8890 (Galaxy S7)
      29.040
    • Exynos 8890 (Galaxy S7 edge)
      29.040
    • Snapdragon 821 (Xiaomi Mi5s Plus)
      28.815
    • Snapdragon 821 (Xiaomi Mi Mix)
      28.785
    • HiSilicon Kirin 960 (Huawei P10)
      28.540
    • A9 (Apple iPhone 6s)
      27.962
    • A9 (Apple iPhone 6s Plus)
      27.858
    • HiSilicon Kirin 960 (Huawei Mate 9)
      27.661
    • Snapdragon 820 (LG G5)
      27.530
    • Snapdragon 821 (Google Pixel XL)
      27.464
    • Snapdragon 820 (Sony Xperia XZ)
      26.967
    • Tegra K1 (Denver) (Nexus 9)
      26.925
    • Snapdragon 810 (Google Nexus 6P)
      26.884
    • Snapdragon 820 (HTC 10)
      26.737
    • Snapdragon 810 (Sony Xperia Z5)
      26.543
    • Snapdragon 810 (OnePlus 2)
      24.405
    • HiSilicon Kirin 950 (Honor 8)
      20.036
    • HiSilicon Kirin 955 (Huawei P9)
      19.961
    • Snapdragon 808 (Google Nexus 5X)
      19.010
    • HiSilicon Kirin 950 (Huawei Mate 8)
      18.982
Einheit: Punkte

Streaming: YouTube, Netflix, Amazon Prime

Eine 4K-Streaming-Box braucht natürlich auch 4K-Inhalte. Während Sky pro Spieltag eine Bundesliga-Partie und bestimmte Champions-League-Begegnungen in Ultra HD ausstrahlt, sucht man im Free TV noch vergeblich nach der hohen Auflösung. Im Streaming-Bereich ist Ultra HD allerdings schon deutlich weiter.

Auf YouTube ist der Kanal von Jacob und Katie Schwarz seit Jahren eine gute Anlaufstelle für tolle Impressionen, meist handelt es sich aber um sehr kurze Trailer. Längere Videos finden sich nur in Form von Lets-Play-Aufnahmen aus dem Gaming-Bereich. Für HDR-Proben wird man im The HDR Channel fündig. Wer nach dem Urlaubs-Traumziel sucht, findet vielleicht auch schon ein 4K-Video. Noch wird keine 360-Grad-Wiedergabe unterstützt, eine kommende Version der YouTube-App wird jedoch das Umsehen in Rundum-Videos per Controller unterstützen. Zum jetzigen Zeitpunkt dient der YouTube-Content mehr zum Beeindrucken von Gästen als zum Binge-Watching. Aber dafür gibt es ja Netflix und Amazon.

Amazon Video HDR
Amazon Video HDR
Netflix HDR
Netflix HDR

„Breaking Bad“, „Black Mirror“, „Stranger Things“ – auf Netflix finden sich einige tolle Serien im Ultra-HD-Bereich und Shield spielt sie ohne zu murren ab. Auch Amazon zieht mit seinen Originalen nach – „Mozart in the jungle“, „Goliath“ oder „The Man in the High Castle“ seien hier beispielhaft genannt. Alle genannten unterstützen auch HDR. Der actionreiche Anfang von „Die etwas anderen Cops“ (auch in Prime enthalten) wird in schnellen Szenen von Kompressionsmatsch getrübt, ansonsten werten Ultra HD und HDR den Film noch mal deutlich auf.

Die verwendete Bandbreite schwankt zwischen 15 und 30 Mbit/s, eine stabile 50.000er-Leitung und WLAN-ac-Anbindung führten im Test zu tadelloser Wiedergabe.