Prey im Test: An diesem Spiel kommt man nicht vorbei
tl;dr: Arkane liefert mit der Weltraum-Action Prey das perfekte Spiel: gute Story, tolles Gameplay, überzeugende Spielwelt. Der Test zeigt: Wer nur entfernt etwas mit dem Genre und Setting anfangen kann, wird mit diesem Titel viel Spaß haben.
Prey im Test: Einleitung
Mit der Co-Produktion von BioShock 2 und der hauptverantwortlichen Konzeption der Dishonored-Reihe haben die Entwickler der Spieleschmiede Arkane bewiesen, dass sie ihr Handwerk verstehen. Eine packende Story, Spielwelten die unter die Haut gehen und ein Gameplay, das kaum Langeweile aufkommen lässt: Wo Arkane draufsteht, war bisher meistens auch Qualität drin.
Insofern durfte man gespannt sein, was die Entwickler mit Prey für Publisher Bethesda zaubern würden. Der ComputerBase-Test zeigt: Entstanden ist ein Titel, der hervorragende Anleihen bei den früheren Projekten zu einem neuen, überzeugenden Ganzen verbindet – und dessen PC-Version nebenbei auch noch gleich zum Start problemlos läuft.
Spoiler-Warnung: Da ein Spieletest nicht immer gänzlich ohne die Wiedergabe einzelner wichtiger Handlungselemente der Geschichte möglich ist, bitten wir all jene, die vorab nichts über die Handlung des Spiels erfahren möchten, nur das Fazit zu lesen. Wir bemühen uns jedoch stets, die Wiedergabe auf absolut notwendige Erzählelemente zu beschränken.
Systemanforderungen
Prey gibt sich auf dem Papier sehr fordernd. Arkane und Bethesda empfehlen ein aktuelles System, um den Titel zu spielen. Letztlich hält sich der Hardware-Hunger aber in Grenzen, wie unsere Benchmarks zu Prey zeigen.
Komponente | Testsystem | Herstellerempfehlung |
---|---|---|
Betriebssystem | Windows 8.1 (64 Bit) | ab Windows 7, 64 bit |
Prozessor | Core i7-4790 | Core i7-2600K / AMD FX-8350 |
Arbeitsspeicher | 8 GByte | 16 GByte |
Grafik | Radeon R9 290X | GTX 970 / R9 290 |
Festplattenspeicher | ca. 40 GByte | |
Internetanbindung | Für Steam-Aktivierung |
Story
Wäre John F. Kennedy 1963 nicht ermordet worden, hätten die USA nicht nur einen großen Präsidenten behalten. Sie hätten auch ein noch größeres Raumfahrtprojekt auf den Weg gebracht, das schließlich nach allerlei Verwerfungen zur Installation von Talos I, einer riesigen Raumstation im Orbit des Mondes, geführt hätte. So zumindest lautet die kontrafaktische Erzählung von Prey, von der alles weitere ausgeht.
Vor diesem Hintergrund schlüpft der Spieler im Jahr 2032 in die Rolle von Morgan Yu, einem führenden Wissenschaftler, der auf der Talos I erwacht. Schnell muss Yu feststellen, dass die Dinge auf der Station, die mittlerweile von einem privaten Konzern kontrolliert wird, völlig außer Kontrolle geraten sind. Erstens ist er – oder wahlweise auch sie – offenbar freiwillig der wichtigste Protagonist eines großen Experiments, das unter anderem dazu geführt hat, dass sich Yu kaum noch an die Vergangenheit erinnern kann. Zweitens wird die Raumstation kaum noch von Menschen und dafür umso mehr von feindseligen Außerirdischen bevölkert, die Typhon genannt werden.
Aus dieser Ausgangslage leiten sich die großen Fragen der Story von Prey ab. Welche Rolle spielte Yu bei den Experimenten, die offensichtlich sehr unethisch waren? Was hat es mit dem Verhältnis zu seinem Bruder auf sich, der nach wie vor zu dem Tun auf Talos I steht? Wem ist zu trauen? Und vor allem: Was muss geschehen, um die Situation zu retten?
Es gehört zu den großen Stärken von Prey, dass die aus diesen Teilen zusammengesetzte Story lange diffus bleibt. Zwar kristallisiert sich recht früh eine mögliche Lösung für alle Probleme heraus. Allerdings lässt die Erzählung zugleich auch geschickt Zweifel daran aufkommen, ob dieser Weg wirklich der Richtige ist. Clever ist dabei auch, dass die Entwickler eine klare Unterteilung in Gut und Böse scheuen. Ist es wirklich verwerflich, außerirdischem Leben näher kommen zu wollen? Es verstehen und mit ihm interagieren zu wollen? Und wie hält es der Spieler mit Eingriffen in das Bewusstsein und der Optimierung von Körper und Geist? Prey gibt auf solche und ähnliche, durchaus hochaktuelle Fragen keine konkreten Antworten, sondern regt zum Nachdenken an.
Doch auch abseits von dieser Metaebene überzeugt die Story im Test. Das liegt im Kleineren an wohlgesetzten, überraschenden Wendungen. Und an immer mal wieder aufkommenden inhaltlichen Nebenschauplätzen, die nicht weniger interessant ausfallen als die Hauptstory. Bestärkt wird die so erzeugte Atmosphäre durch allerlei Input: Wir finden Bücher und Notizen, die uns die Umgebung und die Geschehnisse näherbringen, durchforsten Computer nach Informationen und erfahren aus Audio- und Videologs, wie es den Bewohnern von Talos I erging.
Insgesamt gehört die Story von Prey so mit zu dem besten, was zuletzt so aufgetischt wurde. Das liegt auch daran, dass manche unserer Entscheidungen den weiteren Verlauf beeinflussen – und entscheidende Teile der Erzählung direkt mit dem Gameplay verknüpft sind.
Gameplay
Herz der Spielmechanik sind allerlei Anpassungsmöglichkeiten. Diese ermöglichen es, die Fähigkeiten des Protagonisten Stück für Stück auf die eigene Spielweise zuzuschneiden. Wollen wir möglichst lautlos durch Talos I gelangen? Oder setzen wir auf Konfrontation? Bevorzugen wir aktive oder passive Fähigkeiten? Es sind auch, aber im Unterschied zu vielen Konkurrenten nicht nur diese Standardaspekte, die über Modifikationen und die Charakterentwicklung beeinflusst werden können.
Wichtigstes Element sind dabei die sogenannten Neuromods. Dabei handelt es sich um Addons, die auf Talos I erforscht werden und die die körperlichen Eigenschaften des Menschen durch Eingriffe in das neuronale System erweitern. Auf diesem Wege können wir Morgan zunächst Attribute in den Bereichen Wissenschaft, Technik und Kampf zuweisen. Die Auswahl hat direkten Einfluss auf den Spielstil. Als Hacker etwa können wir früh mit Terminals agieren und so nützliche Informationen wie Safe-Kombinationen oder Standorte von nützlichen Ausrustüngsgegenständen erfahren. Mehr körperliche Kraft erlaubt es dagegen, Interieur auf Gegner zu schleudern – oder von Unrat versperrte Wege freizuräumen. Erweiterte medizinische Kenntnisse erhöhen dagegen zum Beispiel den Wirkungsgrad von Medikits. Auch lässt sich die Effizienz im Umgang mit Schusswaffen und der Schleichvorgang verbessern.
Am Ende dieses Entwicklungsprozesses steht im Extremfall ein robuster Kämpfer, ein perfekter Schleicher – oder ein Hybride, der nebenbei auch noch hacken, reparieren und/oder heilen kann. Hinzu kommen nach etwas Spielzeit auch manche Fähigkeiten der Typhon, mit denen Morgan zum Beispiel zusätzlichen Schaden austeilen, sich in Gegenstände verwandeln oder Telepathie anwenden kann. Dazu erhält der Protagonist zusätzlich zum Gesundheits- und Schildstatus einen Psi-Balken, dessen Kapazität über Neuromods ebenfalls erweitert werden kann und der bestimmt, wie lange Morgan etwa zur Tarnung die Form eines unauffälligen Laborgerätes annehmen kann.
Trotz der vielen Anpassungsmöglichkeiten wirkt Prey bei diesen Modifikationen nie beliebig oder einfältig. Durch die Verzahnung mit Story und Spielwelt wird vielmehr deutlich, dass hier ein gut durchdachtes Konzept zum Einsatz kommt. Dazu passen auch Details wie der Umstand, dass die Stationsverteidigung in Form von Standgeschützen schnell vom Freund zum Feind werden kann, wenn man Morgan zu viele Alien-Addons verpasst.
Jede Menge Ausrüstung
Um die Alien-Fähigkeiten freizuschalten, muss Morgan mit dem sogenannten Psychoskop die unterschiedlichen Spezies der Typhon scannen. Zugleich schützt dieses helmartige Objekt vor den Psi-Fähigkeiten der Gegner und erlaubt es, deren Stärken und Schwächen zu analysieren. Damit wäre ein Punkt angesprochen, der das Gameplay weiter ausdifferenziert: Die Ausrüstung, die in Form von Neurochips, Erweiterungen für den Anzug und dem Inventar weitere Fähigkeiten und Vorteile für Morgan mitbringt.
Diese Ausrüstung schleppen wir nicht einfach nur herum, sie will auch tatsächlich angewendet werden. Das gilt insbesondere für die Kämpfe, die dank zunehmend starker Gegner durchaus fordernd sind und in denen eine kluge Kombination der Waffen gefragt ist. Gegen kleine und große Typhon hilft insbesondere die Gloo-Gun, die die Gegner kurzzeitig mit Leim lähmt – und nebenbei auch dazu verwendet werden kann, um an eigentlich unerreichbare Orte zu gelangen.
Kleine Kritik am eigentlich guten Kampfsystem
Ein typischer Kampf gegen einen starken Typhon sieht bei uns so aus: Dank entsprechender Addons schleichen wir uns nahezu lautlos an, verursachen aus dem Nichts mit einem Schraubenschlüssel einen ersten Schaden, hemmen den Gegner dann mit einer Ladung Leim, um ihn dann mit der schallgedämpften Pistole oder einer Schrotflinte aus der Distanz aufs Korn zu nehmen. Hierbei handelt es sich aber nur um eine von mehreren Möglichkeiten. So lassen sich etwa auch Fallen stellen, bei denen eine Granate mit einem sogenannten „Nachtlicht“ kombiniert wird, dass die Typhon anlockt.
Daraus folgt, dass die Kämpfe mit den Typhon kaum je langweilig werden. Die einzige kleine Kritik an dem System bezieht sich auf die optische Ausgestaltung der Aliens sowie auf das Balancing der Fähigkeiten. Erstens wirken die Typhons seltsam synthetisch und damit so gar nicht furchteinflößend, sodass Prey den Spieler nur selten – etwa in manchen Momenten in der Psychotronik-Abteilung vom Talos I – unter Stress setzt. Zweitens wird die eigentlich gute KI der Gegner durch eine auf Stealth ausgerichtete Charakterentwicklung stark eingeschränkt: Während die Typhon am Anfang noch sehr aufmerksam sind und Morgan sofort entdecken und verfolgen, kann man sich mit ausgebauter Schleich-Fähigkeit fast offen an ihnen vorbeibewegen, ohne dass sie reagieren.
In ruhigen Momenten kann sich Morgan schließlich einem – äußerst rudimentären – Crafting widmen. An sogenannten Recyclern wandeln wir Schrott zu unterschiedlichen Rohstoffen um, die sich in einer Art 3D-Drucker wiederum zu nützlichen Gegenständen wie Medikits oder Neuromods verarbeiten lassen. An dieser Stelle hätte es nicht geschadet, wenn die Spieler stärker gefordert werden würden. Statt über die Zusammensetzung der Rohstoffe grübeln zu müssen, werden diese bei der Auswahl des gewünschten Gegenstandes automatisch platziert.