Streaming-Dienste: Europaweite Nutzung ab 2018 möglich
Bisher hatten Nutzer von Musik- und Videostream-Diensten bei Auslandsaufenthalten im EU-Raum das Nachsehen, da sie dort das gebuchte Angebot oftmals nicht nutzen konnten. Dies soll sich durch eine Verordnung ändern, die das EU-Parlament heute beschlossen hat. Es existieren jedoch Ausnahmen.
EU-weiter Zugriff auf abonnierte Inhalte
Der neue Entwurf sieht vor, das EU-Bürger bei Aufenthalten in anderen EU-Ländern Zugriff auf alle Online-Inhalte erhalten, für die sie in ihrem Heimatland Abonnementgebühren entrichten – und das ohne zusätzliche Kosten. Wer nun meint, das Angebot an Filmen, Serien oder Musikstücken aufstocken zu können, sieht sich enttäuscht, denn die neue Regelung gilt nur für die im Heimatland des Nutzers angebotenen Inhalte, für die der Anbieter die dortigen Ausstrahlungsrechte besitzt.
Anbieter wiederum dürfen zum Schutz ihrer Urheberrechte„wirksame und zumutbare“ Maßnahmen ergreifen. Dazu gehört auch die Überprüfung des Wohnsitzes, um zu verhindern, dass es bei einem dauerhaften Umzug in ein anderes EU-Land zu Konflikten mit den Urheberrechtslizenzen kommt. Diese Maßnahmen umfassen unter anderem die Überprüfung von Personalausweisen, Zahlungsdetails, öffentlich verfügbaren Steuerinformationen, Postanschriften sowie die verwendeten IP-Adressen. Gleichzeitig müssen Anbieter ebenso dafür sorgen, dass bei eventuellen Überprüfungen die in der EU geltenden Datenschutzrichtlinien eingehalten werden.
Holpriger Weg zur Einigung
Erst im November des letzten Jahres bestätigte der Rat der EU im Zuge der europäischen Urheberrechtsreform, dass im Gegensatz zu Online-Shops für Musik- und Video-Streaming-Dienste das Geoblocking weiterhin gelten soll. Da die Pläne zum damaligen Zeitpunkt noch nicht final waren, bestand zumindest Hoffnung, dass sich das Vorhaben in Folge der weiteren Verhandlungen noch ändern würde – auch deswegen, weil sich die EU-Kommission, der Europäische Rat und das Parlament noch auf einen gemeinsamen Plan verständigen mussten.
Im Februar dieses Jahres kam daher erneut Bewegung in die Formalie, als die Verhandlungsführer des europäischen Rates die neue Regelung mit 586 Stimmen zu 34 Gegenstimmen bei 8 Enthaltungen informell beschlossen. Damit war der Weg frei für eine Änderung, welcher lediglich noch die formelle Billigung des EU-Ministerrates fehlt. Mit dieser darf das als Geoblocking bezeichnete Verfahren dann nicht länger angewendet werden.
Ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung haben die Mitgliedstaaten neun Monate Zeit, um die neuen Regeln zur Anwendung zu bringen. Mit einem Ende des Geoblockings ist dann frühestens Anfang des nächsten Jahres zu rechnen.
Keine Regelung ohne Ausnahmen
Von der neuen Regelung wären zunächst jedoch nur kostenpflichtige Dienste betroffen, ob Anbieter auch ihre kostenlosen und meist werbefinanzierten Dienste für die neue Regelung öffnen, bleibt abzuwarten. Ebenfalls ausgenommen sind die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender.
Digitale Gesellschaft: Begrüßung und Kritik
In einer ersten Stellungnahme begrüßte der Bürgerrechtsverein Digitale Gesellschaft die Entwicklung. „Das Europäische Parlament hat heute für eine weitreichende Abschaffung von Geoblocking bei Streaming-Abos gestimmt. Dies ist ein richtiger, aber keinesfalls ausreichender Schritt zur europaweiten Abschaffung von Geoblocking.“, so der Geschäftsführer Alexander Sander.
Dieser sieht auch Schwächen in der neuen Regelung. Bemängelt wird, dass der Zugang im Ausland nur „vorübergehend“ gewährt werden soll. Die Befürchtung: Es entsteht eine Rechtsunsicherheit, die vor allem kleinere Anbieter von einer grenzübergreifenden Freischaltung ihrer Dienste abhalten würde. Kritisch im Sinne des Datenschutzes sieht der Verein auch die zahlreichen Möglichkeiten zur Überprüfung des Wohnsitzlandes: „Von einer umfassenden Abschaffung des Geoblockings durch die Portabilitätsverordnung kann somit keine Rede sein“.